Dracula
- Nächte des Entsetzens (OT: Scars of Dracula)
AKA:
Brutale Biss, Las Cicatrices De Dracula, Draculas Blutrausch, Il
Marchio Di Dracula, Vampyyrin Arvet
GB,
1970, Farbe, 91 min |
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Regie:
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Roy
Ward Baker |
Drehbuch:
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John
Elder |
Kamera:
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Moray
Grant |
Musik |
James
Bernard |
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Christopher
Lee |
Dracula |
Dennis
Waterman |
Simon
Carlson |
Jenny
Hanley |
Sarah
Framsen |
Patrick
Troughton |
Klove |
Michael
Gwynn |
Priester |
Delia
Lindsay |
Alice |
Wendy
Hamilton |
Julie |
Weil
ein putzig unecht aussehendes Fantasie-Flattertier (ein Flughund
von einer Größe, wie man ihn wohl seit der Kreidezeit
nicht mehr durch Osteuropa flattern sah) rote Grütze auf die
sterblichen Überreste unseres allerliebsten an und für
sich untoten Aristokraten würgt, kehrt dieser zurück in
seine schurkische Existenz als Buhmann vom Dienst und lässt
dies die Dorfbewohner in der Nähe seines Schlosses bald wissen.
Als jene abermals den blutleeren Leichnam eine jungen Mädchens
entdecken, beschließen sie Schluss zu machen mit der Vampirpest.
Die Männer stürmen Draculas Gemäuer und legen Feuer
um ihn auszuräuchern, während die Frauen des Dorfes im
Schutze der Kirche auf die Rückkehr ihrer Helden warten. Doch
als diese das Portal des Gotteshauses öffnen, flattern ihnen
gleich mehrere der riesigen Fledermäuse entgegen. Entsetzt
müssen sie feststellen, das ihre Frauen alle tot sind. Draculas
Rache...
Einige Jahre
später lässt sich der junge Tunichtgut Paul Carlson in
der nächstgrößeren Stadt ausgerechnet auf ein Tete
a Tete mit des Bürgermeisters Töchterlein ein, doch Schockschwerenot!,
der Herr Papa erwischt sie in flagranti und will nun den Lumpen
zur Rechenschaft ziehen. Paul sucht sein Heil in der Flucht. Als
er schließlich eine rätselhafte schwarze Kutsche besteigt,
landet er zunächst in unserem bereits wohlbekannten Dorf, in
dem man ihm aber nicht eben freundlich begegnet, und dann, wo wohl
sonst?, in Draculas gemütlichem Heim. Trotz eindringlicher
Warnung lässt er sich gern herein bitten als ihm die hübsche
Tania begegnet. Auch der Chef persönlich wird bald vorstellig
und gibt sich nonchalant, aber bestimmt. Paul wird gedrängt,
die Nacht im Hause D. zu verbringen, doch kaum ist er allein in
seinem Zimmer, da erscheint auch schon Tania und beschwert sich,
sie sei eine Gefangene des Grafen und bittet um Hilfe. Als Tania,
die natürlich eine Vampirette ist, Appetit auf Pauls Hauptschlagader
bekommt, stürmt Dracula das Zimmer und erdolcht seine Braut
in bester Psycho Tradition. Paul versucht abermals zu fliehen...
Als daheim Simon
Carlson seit mehreren Tagen nichts mehr von seinem Bruder Paul gehört
hat, beschließen er und seine Verlobte Sarah seiner Spur zu
folgen, denn ihnen schwant Arges. Nach kurzem Zwischenstop im unfreundlichen
Dorf machen auch sie bald Bekanntschaft mit dem unheimlichen Grafen.
Dennoch können sie mit Hilfe von Draculas Diener Klove, der
in Sarah verliebt ist, dem Zugriff des Vampirs entkommen. Dieser
rächt sich fürchterlich an Klove.
Simon wird vom
örtlichen Priester zum Vampire Slayer ausgebildet und besucht
abermals das Schloss des Grafen. Endlich entdeckt er den Leichnam
seines Bruders. Als plötzlich auch Sarah im Schloss erscheint,
wird die Situation heikel für Simon, doch just in dem Moment,
als Dracula Simon mit einem Eisenspieß pfählen will,
schlägt wie es der Zufall so will, der Blitz in die Stange
ein und verbrennt Graf Dracula, der hernach als lebende Fackel von
der Burgmauer in die Tiefe stürzt. Sarah und Simon sind gerettet.
Glück gehabt, was?
"Nächte
des Entsetzens" ist in gleich mehrerlei Hinsicht ein Ausnahmefilm
in der Zweckehe Hammer /
Dracula. Warum?
Zum einen blieb
der Film weit hinter den kommerziellen Erwartungen der Beteiligten
zurück, auf die möglichen Warums wollen wir später
genauer eingehen. Dies aber hatte zur Folge, dass man sich entschied
am Konzept der Serie zu arbeiten und die kommenden Filme (es sollten
nur noch zwei mit Christopher
Lee sein, nämlich Dracula
jagt Mini-Mädchen und Dracula
braucht frisches Blut, Die
7 goldenen Vampire muss man eher ein wenig außerhalb der
offiziellen Serie betrachten) handlungstechnisch vom 19. Jahrhundert
in die (damalige) Gegenwart zu beamen und Peter
Cushing wieder als Dr. van Helsing in die Saga einzubauen. Folglich
ist "Nächte des Entsetzens" also der letzte historische
Dracula der Hammer, sieht man eben von den 7
goldenen Vampiren ab.
Gewiss handelt
es sich zudem um den wohl bei weitem blutigsten und härtesten
Film der ganzen Serie. So wie hier hat es bei Hammer
noch nie gesplattert. Wir sehen Fledermäuse, die Menschen zerfleischen
und die Opfer werden anschließend genüsslich mit herausgerissenen
Augen und zerfetzten Gesichtern präsentiert, Dracula erdolcht
wie weiland Norman Bates seine Gespielin weil die es gewagt hat,
ihn zu hintergehen, er foltert seinen Diener mit glühenden
Eisen weil dieser ihm den Gehorsam versagt, als er vom Blitz getroffen
wird und verbrennt, wird in Großaufnahme gezeigt, wie sein
Gesicht zu zerschmilzen scheint und Simon entdeckt die Leiche seines
Bruders an einem Wandhaken aufgespießt vor, der dekorativ
aus seinem Bauch herausragt. Das ist ganz schön starker Tobak
für das Jahr 1970, in der Folge bekam der Film deshalb in Deutschland
auch ein FSK 18 verpasst.
Zudem handelt
es ich hierbei um den Film, den Christopher
Lee nach eigenen Angaben als den schlechtesten und schwächsten
der gesamten Serie bezeichnet hat, was wohl als einer der Gründe
auch dazu beigetragen haben mag, weswegen der Film seinerzeit floppte.
Eine deutsche ungeschnittene Kopie des Films zu bekommen ist zudem
auch nicht ganz einfach, denn außer einer VHS Veröffentlichung
von THORN/EMI Video ist der Film in Deutschland nie erschienen.
Eine deutschsprachige DVD Fassung zumindest existiert bislang nicht.
Zwar hat Kabel 1 den Film mindestens einmal ausgestrahlt, dies war
aber seinerzeit nur eine entschärfte Version.
Über die
Gründe, warum der Film damals gefloppt ist, ist bereits oft
und viel diskutiert worden. Das Lee dem Film nicht eben zusprach,
hatte ich ja bereits erwähnt, und dies war natürlich mehr
als nur ein Hinweis darauf, dass sich die Serie langsam tot gelaufen
hatte. Ähnlich wird es auch das Publikum empfunden haben, dem
die Vampirfilme um 1970 nur so um die Ohren gehauen worden sind,
allein Hammer hatte in diesem
Jahr noch Wie schmeckt das Blut
von Dracula, Comtesse des Grauens
und Gruft der Vampire in
die Kinos gebracht, hinzu kamen noch die amerikanischen Produktionen
Schloss der Vampire und Junges
Blut für Dracula, ganz zu schweigen von den vielen europäischen
Billigheimern aus Italien, Deutschland und Spanien. Das Publikum
war schlicht übersättigt, zudem ließ sich ja auch
ein deutlicher, man muss es leider ganz klar so sagen, Qualitätsverlust
bei den Filmen erkennen. Gerade die drei letzten Dracula-Filme erweckten
nicht selten den Eindruck, relativ eilig heruntergekurbelt worden
zu sein. Man vergleiche nur vorliegenden Film und den im gleichen
Jahr entstandenen hervorragenden Gruft
der Vampire, für den ja ebenfalls Roy Ward Baker auf dem
Regiestuhl saß, da zeigt sich ziemlich deutlich, in welcher
Produktion wohl mehr Herzblut gesteckt haben mag. Mit "Dracula"
sollten die Kassen gefüllt werden, bei den anderen Filmen durfte
sich künstlerisch ausgetobt werden.
Ein weiterer
Aspekt, weswegen das Publikum diesen Film nicht gemocht zu haben
schien, war wohl die etwas neue Auslegung der Draculafigur, die
hier gar nicht im gewohnten Maße übernatürlich wirkt,
sondern viel mehr wie ein brutaler, absolutistischer Feudalherr,
der mit Waffen foltert und mordet statt sich seiner vampirischen
Kräfte zu bedienen. All das waren Änderungen, die eine
neue Generation in die Kinos ziehen sollte, das Publikum mochte
aber die Änderungen nicht hinnehmen oder mitmachen, die Zeit
für den typischen Hammerfilm war offenbar langsam vorbei.
Last not least
fehlt es "Scars of Dracula" einfach ein wenig an Rasanz
und Originalität. Denn strenggenommen besteht der Film eigentlich
aus zwei Teilen. In der ersten Hälfte sehen wir hauptsächlich
Paul Carlsons Odyssee, die ihn schließlich in Draculas Schloss
und den Tod treibt, doch dem Hauptteil, der eigentlichen Handlung,
nämlich Simons Kampf gegen den Vampir, wird im Grunde viel
zu wenig Zeit eingeräumt. Sicherlich ein Nachteil, der den
Gesamtfluss des Films empfindlich stört und einen schalen Beigeschmack
hinterlässt. Ein weiteres tut der idiotische Anfang wie das
bekloppte Ende hinzu, bei dem Dracula der Blitz beim Sch...ääh...Schmeißen
erschlägt (sie wissen schon, der eiserne Schaschlikspieß,
mit dem er herum fuchtelt.)
Der schlechteste
Film der Serie ist der vorliegende dennoch nicht, denn erstens waren
die zwei folgenden Streifen noch viel kruder, zweitens ist der Film
trotz seiner offensichtlichen Mankos durchaus noch sehr unterhaltsam
und atmosphärisch geraten, und gerade Christopher Lee weiß
einmal mehr in beeindruckender kraftvoller Form der Rolle seinen
Stempel aufzudrücken und begeistert seine Fans, für die
er ja sowieso der einzig wahre Dracula ist, mit starker Performance.
Auch wenn dieser
Film den Anfang vom Ende einer Ära einläutete, er bleibt
in gewisser Weise ein Klassiker.
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