Bela
Lugosi
Christopher
Lee mag der charismatischste Dracula gewesen sein, Max
Schreck der unheimlichste (auch wenn er bekanntlich in seinem
Film Graf Orlock hieß war natürlich niemand anderer als
Dracula gemeint) und Frank Langella der schönste Darsteller
dieser Rolle, doch Bela Lugosi war der erste (zumindest der erste,
der auch so heißen durfte), aristokratischste und jahrzehntelang
der stilprägendste Dracula von allen. Noch heute assoziieren
wir mit dieser Figur das klassische Lugosi Kostüm: schwarzer
Frack, Cape, Zylinderhut. In den nachfolgenden Filmen sollte dieses
Outfit fast immer wieder kopiert werden, egal welcher Schauspieler
die spitzen Zähne nun im Mund hatte, ob John Caradine, Christopher
Lee, Jack Palance oder Frank Langella. Erst in den 90'ern sollte
sich das Äußere des Grafen stark von den älteren
Filmen abheben, siehe Francis Ford Coppolas hervorragende Dracula-Verfilmung
von 1992. Ein Jahrzehnt später war die Figur gänzlich
in der Gegenwart angekommen, Patrick Lussiers Dracula
2000 trägt lässige edle Designer Klamotten. Dennoch
sieht in den Köpfen der meisten Leute Dracula genau so aus
wie Lugosi in Tod Brownings berühmtem
Film von 1931.
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Bela Lugosi
kam am 20.Oktober 1882 als Béla Ferenc Deszo Blaskó
in Lugoj im heutigen Rumänien, damals allerdings noch Osterreich-Ungarn
zugehörend, zur Welt.
Als ihn seine Eltern 1893 auf das Gymnasium schicken wollten,
riss er von zu hause aus und konnte schließlich seinen Wunsch
durchsetzen, Schauspieler zu werden. Er tingelte jahrelang über
die rumänischen Bühnen und wurde aufgrund seines guten
Aussehens oft als romantischer Liebhaber besetzt. Als der erste
Weltkrieg ausbrach, fand sich Lugosi in der ungarischen Armee
wieder, wo er wegen seiner Verwundungen und seiner außergewöhnlichen
Tapferkeit mehrfach ausgezeichnet und zum Kriegshelden erklärt
wurde. Als nach dem Ende des großen Krieges sich die europäische
Landkarte völlig neu gegliedert hatte und die alten Monarchien
hinweggefegt worden waren, bildete sich im neugegründeten
ungarischen Staat eine blutige Diktatur heraus. Lugosi war zu
der Zeit bereits der bekannteste Schauspieler Budapests, aus Protest
gründete er eine Schauspielergewerkschaft und führte
zahlreiche Protestzüge an. Als es für ihn in Ungarn
aufgrund seiner politischen Aktivitäten zu gefährlich
wurde, flüchtete er mit seiner jungen Ehefrau zunächst
nach Wien, später nach Berlin. Hier begann er seine Filmkarriere,
wirkte unter anderem in Murnaus "Januskopf" mit.
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1921
ging Lugosi nach Amerika. Er trat als Nebendarsteller in etlichen
Filmen auf, spielte aber auch viel Theater, wo er dann schließlich
1927 die Rolle seines Lebens bekam: er spielte den Titelpart in
Hamilton Deanes Bühnenstück "Dracula" nach Motiven
des Romans von Bram Stoker. Dies geriet
zu einem triumphalen Erfolg für Lugosi. Angeblich sollen die
Frauen gleich reihenweise im Theater in Ohnmacht gesunken sein wenn
Lugosi als Dracula die Bühne betrat. Als Tod
Browning sich 1930 an die Verfilmung des Buches machte, vermittelte
der inzwischen berühmt gewordene Mime zwischen den Produzenten
und Stokers Witwe Florence, die sich bereits einige Jahre zuvor
geweigert hatte, Murnaus
Nosferatu abzunicken. Schließlich bekam Browning den Zuschlag,
beabsichtigte aber, die Titelrolle seinem Freund, dem legendären
"Mann mit den 1000 Gesichtern", Lon
Chaney (Senior natürlich), zu übertragen, dieser starb
allerdings kurz vor den Dreharbeiten überraschend an Krebs.
So kam Bela Lugosi doch noch zu seiner Traumrolle, der Verkörperung
des Grafen in einem großen Tonfilm!
Und
wieder lagen ihm die Frauen zu Füssen, die von der Eleganz
und der hintergründigen Erotik der Figur begeistert waren.
Lugosi, nun ganz eitler Superstar, lehnte im folgenden die Rolle
des hässlichen Monsters in den Frankenstein Filmen ab, so musste
er wohl oder übel Boris Karloff als den anderen Großen
im "Universal"-Universum akzeptieren - dieser blieb für
immer sein Konkurrent.
Lugosi feierte in den folgenden Jahren Erfolg um Erfolg, unter
anderem mit "The White Zombie", "Morde in der
Rue Morgue", "Der Rabe",
Das Zeichen des Vampirs , "Frankensteins Sohn",
Return
of the Vampire und anderen Filmen. Sogar in einer komischen
Rolle war Lugosi im Jahre 1939 zu sehen, an der Seite der
"göttlichen" Greta Garbo stand er für
Ernst Lubitschs "Ninotschka" vor der Kamera.
In
den vierziger Jahren begann Lugosis Ruhm zu verblassen. Die
große Horrorwelle ebbte langsam ab, lukrative Angebote
blieben aus. Als Lugosis Lebensgefährtin Lilian Archer
ein Kind zur Welt brachte, musste er sein protziges Anwesen
in Hollywood verkaufen und in ein bescheideneres Heim ziehen.
Dennoch blieb er ein notorischer Verschwender. Um seinen Lebensstandard
wenigstens halbwegs finanzieren zu können, drehte der
mittlerweile in vierter Ehe mit Lilian Archer verheiratete
zahlreiche B-Filme wie z. B. The
Devil Bat, konnte aber nie wieder an seine alten Erfolge
anknüpfen. Ein letzter großer Erflog wurde sein
letzter Filmauftritt als Dracula in "Abbott
und Costello treffen Frankenstein" 1948.
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In der Nachfolgezeit
blieb Lugosi immer häufiger arbeitslos, er begann zu trinken.
Um die Schmerzen zu lindern, die durch die Spätfolgen seiner
Kriegsverletzungen verursacht wurden, nahm Lugosi Morphium in
immer größeren Dosen. Seiner Frau zuliebe begab er
sich dann in den Entzug, doch im Anschluss verließ Lilian
ihn und nahm den gemeinsamen Sohn mit. Zwar hatten die Schlagzeilen
über seine Drogen- und Alkoholabhängigkeit Lugosi wieder
ins Gespräch gebracht, doch sein Herz war gebrochen. Er wendete
sich wieder dem Morphium zu.
Nach 1955 war Lugosi kaum noch in der Lage zu arbeiten und
nur noch ein Schatten seiner selbst. Der junge Regisseur
Ed Wood, heutzutage gemeinhin (allerdings
nicht ganz berechtigt) bekannt als schlechtester Regisseur
aller Zeiten, gab dem alternden Star noch einmal Hoffnung,
doch der Erfolg blieb aus.
Am 16. August
1956, noch bevor die Dreharbeiten zu seinem letzten Film Plan
9 from outer Space richtig losgegangen waren, fand ihn Hope
Liniger, die 5. Mrs. Lugosi, morgens tot im Bett. Lugosi war einem
Herzanfall zum Opfer gefallen. Wood vollendete seinen Film, in
dem er private Aufnahmen, die er von Lugosi gemacht hatte, in
den Plan 9
einmontierte, den Rest der Szenen ließ Wood durch ein Double
Lugosis spielen, den Zahnarzt Tom Mason, der dem Original zwar
nicht ähnlich sah, derlei Dinge waren aber in Woods Filmen
nie von größerer Bedeutung.
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Lugosi
als Voodoo-Meister in "The white Zombie"
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Lugosi wurde
auf eigenen Wunsch in seinem Draculakostüm aufgebahrt und beerdigt.
Einem Mythos zufolge soll er kurz vor seinem Tod einen Ring, den
er als Dracula getragen hat, an den Schauspieler Christopher
Lee weitergegeben haben, von dem er meinte, er werde sein künstlerisches
Erbe antreten (was ja hinsichtlich der Darstellung des Dracula bekanntlich
zutraf). Ein weitere kleine Legende besagt, Vincent Price habe bei
dem Begräbnis angesichts des Vampir-Kostüms Boris Karloff
zugewispert: "Man sollte ihm vorsichtshalber einen Pfahl durch
das Herz treiben".
Dies tat man nicht! Dennoch ist nicht bekannt, dass man ihn fortan
einmal das Dunkel der Stadt Los Angeles unsicher machen gesehen
haben soll. Doch unsterblich ist er trotzdem längst!
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