Ed
Wood
Ed Wood,
der angeblich schlechteste Regisseur der Filmgeschichte, war
tatsächlich eher eine der großen tragischen Figuren
der von ihm so sehr geschätzten Branche. Weder mangelndes
Talent, noch Rückschläge um Rückschläge
oder ständige Finanzierungsprobleme seiner Projekte vermochten
seinen Enthusiasmus zu brechen. Im Fokus stand für Wood
immer nur der nächste Film. Zeit seines Lebens blieb
ihm allerdings der so sehr erhoffte Erfolg verwehrt, weshalb
er sich zunehmend mit hartem Alkohol zu trösten begann.
Posthum aber wurde er zu einer der größten Kultfiguren
des Trashfilms. Hier ist seine Geschichte.
Edward
D. Wood Jr. wird am 24. Oktober 1924 in der Kleinstadt Poughkeepsie
im Staat New York geboren und verlebt dort eine glückliche
Kindheit. Mit 9 Jahren sieht er seinen ersten Horrorfilm -
Dracula
mit Bela Lugosi. Der kleine Ed ist
so begeistert, dass für ihn feststeht, auch er wird dereinst
beim Film arbeiten. Mit 11 Jahren bekommt er von seinem Vater
seine erste Filmkamera geschenkt.
Nach der Highschool arbeitet Ed Wood zunächst in einem
Kino als Platzanweiser, doch 1942 meldet er sich freiwillig
zur Marine und landet als Soldat in der Hölle des Pazifikkrieges,
wo er einige der verlustreichsten Schlachten des 2. Weltkrieges
überlebt und als Held gefeiert wird. Später wird
er einmal zugeben, dass er während seiner sämtlichen
Kriegseinsätze Damenunterwäsche getragen habe. Eine
der berühmtesten Mythen des B-Films war geboren.
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Nach dem Krieg
zieht Ed 1947 nach Hollywood, nachdem er zwei Jahre lang mit einem
Wanderzirkus unterwegs war. Nach einigen Irrungen und Wirrungen
gelingt es ihm schließlich ein Jahr später, sein erstes
selbstgeschriebenes Theaterstück mit dem Titel "The Casual
Company" auf die Bühne zu bringen. Im gleichen Jahr lernt
er den Kameramann Ray Flin kennen, mit dem er endlich sein erstes
Filmprojekt realisieren kann, einen etwa halbstündigen Western
mit dem Titel "Streets of Laredo". Der Film wird stumm
gedreht und ist tatsächlich nie nachsynchronisiert worden.
Allerdings sollte ihn auch die nächsten 50 Jahre kaum einer
sehen - bereits in dieser Frühphase hing das Damoklesschwert
drohend über Woods Filmkarriere. Nachdem sich Wood die folgenden
zwei Jahre mit diversen Jobs und Theaterengagements über Wasser
hält, ist es erneut Flin, der ihm sein nächstes Filmprojekt
verschafft. Für einen lokalen kalifornischen Sender dreht er
den Fernsehkurzfilm "The Sun was setting" - nach eigenem
Drehbuch!
1952 bringt der Regisseur Yakuma Canutt Woods Script "The Lawless
Rider" erfolgreich in die Kinos, doch Ironie des Schicksals,
Eds Name wird in den Credits nicht gelistet.
Dafür sollen
die folgenden Jahre die entscheidenden in Ed Woods filmischem Schaffen
werden. Ausschlaggebend hierfür sind im folgenden zwei schicksalhafte
Begegnungen: zum einen lernt er den Exploitation Produzenten George
Weiss kennen, der Wood von seinen Plänen erzählt, einen
Film über das Thema Geschlechtsumwandlungen zu drehen und noch
einen Regisseur hierfür benötigt. Wood ist begeistert!
Zum zweiten
begegnet er dem legendären Bela Lugosi,
dem Helden seiner Jugend, der allerdings inzwischen ein gebrochener,
finanziell ruinierter und von seiner Morphiumsucht geprägter
alter Mann ist. Dennoch überredet Wood Lugosi, an seinem Projekt
"Glen or Glenda?" mitzuwirken, dem Film, den er für
Weiss dreht. Natürlich floppt der Film, in dem Wood selber
die Hauptrolle spielt und der hauptsächlich seinen Damenunterwäschen-
und Angorafetisch thematisiert, gnadenlos. Weiss indes glaubt an
das Talent Woods und hält ihn für einen Innovator, der
seiner Zeit voraus ist. Immerhin begründet die Zusammenarbeit
die tiefe Freundschaft Woods zu Lugosi.
1954 soll Lugosi
die Hauptrolle in Woods "Jail Bait" übernehmen, der
kann aber das Engagement wegen einer Entziehungskur nicht annehmen.
Stattdessen übernimmt der abgehalfterte Stummfilmstar Herbert
Rawlinson Lugosis Part und verstirbt einen Tag nach Ende der Dreharbeiten.
Tatsächlich spielt "Jail Bait" sogar ein klein wenig
Geld ein!!! Im gleichen Jahr beginnt Wood die Dreharbeiten zu seinem
neuen Film "Bride of the Atom", der später in "Bride
of the Monster" umbenannt wird. Hier wirkt wieder Lugosi mit,
allerdings drohen die Dreharbeiten zu einem finanziellen Fiasko
zu werden, wäre da nicht der Fleischgroßhändler
McCoy in die Bresche gesprungen. Er finanziert den Film für
Wood, knüpft allerdings die Bedingung daran, dass sein (unnötig
dies zu erwähnen) völlig talentfreier Sohn Tony eine größere
Rolle in dem Streifen bekommen soll. Während der Dreharbeiten
trennt sich seine Lebensgefährtin Dolores Fuller von ihm, weil
sie im Film von der Schauspielerin Loretta King ersetzt wird.
1955 heiratet
Ed Cathy O'Hara Everett, seine große Liebe, mit der er bis
zu seinem Lebensende zusammenbleiben soll. Im Jahr darauf beginnen
die Dreharbeiten zu Woods neuem Film "Rock'n'Roll Hell",
doch die Dreharbeiten werden abgebrochen weil Wood die finanziellen
Mittel fehlen. Das bereits gedrehte Material wird er später
in den Film "Night of the Ghouls" montieren. Im August
1956 starten dann die Dreharbeiten zu seinem berühmten Werk
Plan 9 from outer
Space, damals noch unter dem Titel "Graverobbers from outer
Space". Lugosi war gerade gestorben, so montiert Wood einige
Privataufnahmen, die er von Lugosi gemacht hatte, in den Streifen
und ersetzt den Verstorbenen durch den Zahnarzt Dr. Mason, der Lugosi
allerdings in keinster Weise ähnelt. Grandios! Produzieren
lässt sich Wood den Film übrigens von einer Baptistegemeinde,
für die sich das gesamte Filmteam sogar taufen ließ.
Dennoch findet der Film zunächst keinen Vertrieb und kommt
erst 1959 in die Kinos. Er gerät zu einem halbwegs passablen
Erfolg für Wood, der allerdings zu der Zeit schon den Großteil
seines Geldes in Alkohol investiert.
Inzwischen hat
Wood noch den Film "Night of the Ghouls" fertiggestellt,
der unter abenteuerlichen Bedingungen entstand und dessen Dreharbeiten
immer wieder aus finanziellen Gründen abgebrochen werden mussten.
Veröffentlicht wird der Film allerdings zu Eds Lebzeiten nicht,
er konnte die Laborkosten nicht zahlen und hat den Film nie ausgelöst.
In den folgenden
Jahren geht es allmählich rapide bergab mit Ed Wood. Sowohl
er als auch seine Frau Cathy sind hochgradig alkoholabhängig.
Zwar schreibt Ed eine ganze Menge, den Platz auf dem Regiestuhl
gibt ihm allerdings niemand mehr, zu schlecht ist sein Ruf inzwischen,
was in der Hauptsache auf die Trunksucht zurückzuführen
ist, die ihn unberechenbar sein lässt. Um sich über Wasser
zu halten schreibt Wood pornografische Romane. Dennoch verlieren
er und Cathy häufiger ihre Wohnung, die Rechnungen stapeln
sich. Eds weitere Filmarbeiten sind von zunehmend schlechterer Qualität,
wie z. B. der 1965 in Zusammenarbeit mit Regisseur Steven Apostolof
entstandene bizarre und grottenschlechte Orgy
of the Dead, einmal mehr war Wood aber auch hier nur als Drehbuchautor
mit an Bord. 1969 spielt er mal wieder eine Rolle in einem Film,
dem lächerlichen Sexfilm "The Love Feast, von dem auch
teilweise behauptet wird, Ed Wood habe ihn selber inszeniert. Belegt
ist dies allerdings nicht, andere Quellen listen Joe Robertson als
Regisseur. Im folgenden dreht Wood dann aber tatsächlich wieder
einige Filme, nämlich Hardcorepornostreifen für die Firma
Pendulum.
Er kommt nicht
mehr auf die Beine. Zwar würde er so gern sein Projekt "Lugosi:
Post Mortem" realisieren, doch niemand will es finanzieren.
So schraubt sich der Teufelskreis Pornografie, Frust, Alkohol immer
weiter hoch. 1978 fliegen Ed Wood und Cathy einmal mehr aus ihrer
Wohnung. Sie kommen bei dem Schauspieler Peter Coe unter, in dessen
Wohnung Ed Wood am 10. Dezember 1978 sturzbetrunken an den Folgen
eines Herzanfalls stirbt.
Anfang der 80'er
erscheint das Buch "The Golden Turkey Awards", in dem
die schlechtesten Filme aller Zeiten gekürt werden. "Plan
9" wird zum allerschlechtesten Film ever erklärt,
Ed Woods Popularität steigt ungemein. Tragischerweise konnte
er dies nicht mehr miterleben. Seine Filme werden zu Kultobjekten
erklärt, und Leute, die dereinst die Rechte an seinen Filmen
für wenige Cents erworben hatten, verdienen sich nun goldene
Nasen mit dem vermeintlichen Schund.
Gänzlich
unsterblich wird Wood 1994, als Meisterregissseur Tim Burton dem
vermeintlich schlechtesten Regisseur der Welt mit "Ed
Wood" ein filmisches Denkmal setzt, in dem Johnny Depp
Ed Wood tragikomisch, kauzig und liebenswert darstellt. Zwar übt
sich der Film eher in Legendenbildung als das er der Wahrheit verpflichtet
ist, dennoch ist der Film unbedingt sehenswert und irgendwie...ääh...
knuddelig!
Ed Wood war
stets fest davon überzeugt, es doch noch irgendwann zu schaffen.
Was auch immer in seinem Leben schief ging, nichts hielt ihn davon
ab, weiterhin fest an seine Träume zu glauben. Der schlechteste
aller Regisseure war er wohl kaum, stattdessen jemand, der durchaus
schnell, einfallsreich und effizient arbeiten konnte. Hätten
ihm größere Budgets zur Verfügung gestanden, wer
weiß, vielleicht wäre ja alles ganz anders gekommen.
Bestimmt wäre er dann aber nicht zu der Legende, dem Mythos
geworden, der er heute ist. Vermutlich wäre er nur einer von
vielen. So aber ist er Ed Wood, der Mann der die schlechtesten Filme
überhaupt gedreht hat. Wahrscheinlich sitzt er irgendwo und
freut sich schelmisch darüber, wie weit er es nach seinem Ableben
hat bringen können und wie überaus geschätzt seine
Filme inzwischen sind. Jedenfalls wäre ihm das zu wünschen.
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