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León Klimovsky

Der spanische Horrorfilm an sich ist ja ganz bestimmt ein Thema für sich. Entweder wird er geliebt, geschätzt und kultisch verehrt, oder aber verachtet und schlichtweg nicht ausgehalten. Natürlich gibt es auch hier himmelweite Qualitätsunterschiede unter den Filmen, doch grundsätzlich fallen einem zum Thema zu allererst die Namen dreier Hombres ein: Armando "Die reitende Leiche" Ossorio, der fleißige Jess Franco, und - vor allem - León Klimovsky, dem elder Statesman dieses Horrordreigestirns, der eigentlich Argentinier war und gar nicht aus Spanien stammte. Seinen osteuropäisch klingenden Nachnamen verdankt er übrigens seinen ukrainischstämmigen Vorfahren.

Klimovsky erblickte am 16 Oktober 1916 in Buenos Aires, der Hauptstadt Argentiniens, das Licht der Welt. Bereits als Kind entdeckte er sein Herz für das Kino, dennoch lernte er erst mal was "ordentliches" und wurde (ausgerechnet) Zahnarzt. Doch den Cineasten hielt es nicht lange bei den Kariesbohrern, schließlich gründete er in Buenos Aires einen eigenen Cinéclub. 1947 inszenierte Klimovsky mit 31 Jahren seinen ersten Spielfilm, eine Adaption von Dostojewskis "Der Spieler". Schließlich siedelte er Mitte der fünfziger Jahre, er war bereits um die 40, nach Spanien über und verlegte sich ganz auf das Filmgeschäft.

In den Folgejahren drehte Klimovsky alles mögliche, Western, Kriegsfilme, Krimis, Komödien. Das spanische Horrorgenre war noch nicht so recht vorhanden, da begab es sich Anno Domini 1967, dass die Herren Enrique Enquiluz und Paul Naschy sich zusammentan, um das Drehbuch eines weiteren Herren namens Jacinto Molina (der freilich niemand anderer ist als Jacinto Molina Alvarez, also Paul Naschy persönlich, der seine Scripts meist unter seinem bürgerlichen Namen verfasst) mit dem Titel La Marca del Hombre Lobo, oder wie man hierzulande gedachte das Endergebnis zu nennen Die Vampire des Dr. Dracula, zu verfilmen. Diesen Film darf man nicht nur als ersten Teil der Saga um das putzige Urviech Waldemar Daninsky betrachten, er muss ebenso als erster ernstgemeinter Film der spanischen Horrorwelle der (späten) sechziger und siebziger Jahre angesehen werden.

Der unglückliche Wolfsmensch Daninsky heulte sich im folgenden noch durch manch einen Film (und wir schlagen dem Naschy Paule auch an anderer Stelle noch ein eigenes Kapitel in der Vampireworld auf), so kam schließlich Naschy auch mit Klimovsky 1971 zusammen, um La Noche de Walpurgis, oder bei uns besser bekannt als Nacht der Vampire (mal wieder grandios übersetzt vom deutschen Verleiher), zu drehen. Der Film geriet zu einem sensationellen Erfolg und hatte auf den spanischen Horrorfilm einen ähnlichen Effekt wie, sagen wir mal "Star Wars" auf das Sci-Fi-Genre: er bedeutete eine gigantische Initialzündung.

Auch für León Klimovsky, der zu der Zeit bereits ein rüstiger Mittsechziger war, wurde der Film zu einer Art Neubeginn in seinem Schaffen. In einem Alter, in dem sich die meisten Menschen eher der Rosenzucht oder Kreuzworträtseln widmen (oder was Pensionäre eben so treiben), stieg Klimovsky beinahe über Nacht in die oberste Liga der Horrorfilmregisseure auf. Sein Name sollte später sogar so sehr mit dem Genre verbunden sein, dass ihm in Deutschland auch (zumeist grässliche) Filme anderer Regisseure wie Die Gruft des Grauens von John Hayes oder "Das Monster mit der Teufelsklaue" (einem megabilligen Satanistenquatsch, verbrochen vom Nichtskönner Tom Parkinson), zugeschustert wurde.

1972 widmete sich Klimovsky erneut mit dem Film The Dracula's Saga , seinem besten Film überhaupt (bezeichnenderweise einer seiner wenigen Filme, der in Deutschland nicht veröffentlicht wurde), dem Thema Vampirismus. Der Film unterscheidet sich in seinem Stil stark von Nacht der Vampire und liegt etwas näher an der Machart der Hammerfilme, auch Italo-Referenzen (Bava, Margheriti) dürfen hier gelistet werden, was aber wohl in der Hauptsache daran liegen mag, dass in dem Fall nicht Paul Naschy für das Drehbuch verantwortlich war und er selber auch nicht als zotteliges Fellknäuel darin umgeht. Gleiches gilt auch für seinen nächsten Vampirstreifen mit dem schönen Titel "La Orgia Nocturna de los Vampiros", international bekannter als "The Vampire's Night Orgy" oder auch "The Orgy of the Vampire", der ein wenig vergleichbar mit den Werken seines französischen Kollegen Jean Rollin (ohne dessen künstlerischen Anspruch allerdings) ist, also viel nackte Tatsachen bietet (Anmerkung: Review folgt sobald wir den Film haben.)
Hernach folgte 1975 der Streifen "El Extrano Armor de los Vampiros" oder Blutsauger, wie er kurz und knapp bei uns hieß, der aber erst 1977 seine Aufführung in den Kinos erleben sollte, was damit zu tun hatte, das die spanische Horrorwelle mittlerweile recht abgeflacht war.
Mehr vampirisches hat der gute León Klimovsky leider nicht aufzuwarten, doch seine Kooperationen mit Paul Naschy (Giallo-Fans sei hier auch noch besonders der geniale Pseudogiallo "Todeskreis Libelle" von 1973 ans Herz gelegt, in dem Naschy als Bulle in Pseudo Mailand ermittelt obschon der Film in Real Madrid {aua!} gedreht wurde, allein die deutsche Synchro ist hier schon wieder umwerfend, wenn Ihr versteht), seine Bedeutung für den Eurohorror der kostengünstigeren Art, sein Ruf und letztlich speziell die Streifen Nacht der Vampire und The Dracula's Saga rechtfertigen Klimovskys Kapitel auf diesen Seiten.

Nach 1979 inszenierte Klimovsky, inzwischen 73 Jahre alt, keinen Film mehr selber, trat aber dann und wann noch als Schauspieler in kleineren Rollen und Cameos auf.
Am 08. April 1996 verstarb der große alte Mann des spanischen Horrokinos im Alter von 90 Jahren an Herzversagen in Madrid.
Klimovsky geriet nie in den Verdacht, ein Filmkünstler oder gar ein Visionär zu sein, doch er hielt seine schmalen Budgets ein, drehte Filme, die fast immer ein Publikum fanden und erlangte bereits zu Lebzeiten durch seine trashigen Horrorstreifen einen legendären Ruf als Kultfilmer.


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