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Die Todeskarten des Dr. Schreck   (OT: Dr. Terror's House of Horrors)
AKA: Blood Suckers, Le Cinque chiavi del terrore, Le train des épouvantes

GB, 1964, 98 Min.
 
Regie Freddie Francis
Buch Milton Subotsky
Musik Tubby Hayes
Kamera Alan Hume
 
Peter Cushing Dr. Schreck
Christopher Lee Franklyn March
Roy Castle Biff Bailey
Donald Sutherland Bob Caroll
Neil McCallum Jim Dawson
Alan Freeman Bill Rogers
Max Adrian Dr. Blake

Fünf einander fremde Männer sitzen auf einer Bahnfahrt von London nach Bradley zusammen in einem Zugabteil: der Architekt Jim Dawson; Bill Rogers (wir erfahren nicht, was er beruflich tut); Biff Bailey, ein Jazz Musiker; ein prominenter Kunstkritiker namens Franklyn Marsh und der junge frischvermählte Arzt Bob Carroll. Schließlich gesellt sich zu dem Quintett noch ein älterer Herr, der sich als Dr. Sandor Schreck, Wissenschaftler des Metaphysischen, vorstellt. Rasch werden die Männer neugierig auf den etwas kauzig wirkenden Scheck, der ihnen ein Kartenspiel präsentiert, mit dem er angeblich das Schicksal eines jeden Mensch voraussagen kann. Man muss nur drei mal auf das Spiel klopfen, dann werden vier Karten gezogen aus denen Dr. Schreck die Zukunft deuten wird. Hernach wird eine letzte Karte gezogen, die schließlich Gewissheit über die Unabdingbarkeit der Prophezeiung bringt. Da die Männer dies für einen lustigen Zeitvertreib auf einer langen Bahnfahrt halten, lassen Sie sich auf das Spiel ein.
In fünf Einzelepisoden wird nun das Schicksal der Männer dargestellt:

Der erste im Bunde ist Jim Dawson, ein erfolgreicher Architekt aus London. Ihm wird folgendes weisgesagt:
Er erhält den Auftrag, ein altes gregorianisches Landhaus zu sanieren, welches in der Vergangenheit der Stammsitz seiner eigenen Familie gewesen ist. Dawson quartiert sich für einige Tage in dem alten Kasten ein um die Bausubstanz zu prüfen, da stößt er bei seinen Untersuchungen im Keller auf den eingemauerten Sarg eines Mannes, von dem es heißt, er sei ein Werwolf gewesen (nein nein, diesmal ist es nicht der Daninsky Waldi) und von Dawsons Familie dereinst um Haus und Hof betrogen worden sein. Angeblich gibt es einen Fluch, der besagt, der Werwolf käme zurück um sich den letzten Dawson zu holen. Schon gibt es die erste Tote...

Die nächste Episode schildert Bill Rogers fatalen Urlaub. Mit Frau, Kind und Kegel..ääh, Hund reist er in sein Wochenendhaus, doch was muss er da erkennen? An der Wand schlängelt sich eine Rankpflanze empor, wildem Wein nicht unähnlich. Da er diese aber nicht gepflanzt hat, muss sie weg, also schnell die Gartenschere gekrallt und schnipp schnapp...Doch was ist das? Die Pflanze "entwaffnet" unseren wackeren Hobbygärtner, die Schere fliegt im hohen Bogen davon. Verwirrt sucht Rogers die Hilfe zweier Botaniker, die auch gleich allerlei finsteres Zeug brabbeln wie, oh mein Gott, eine intelligente Pflanze, sie könnte die Welt beherrschen...
Einer der beiden Wissenschaftler bezieht bei den Rogers Stellung, doch als er herausfindet, dass das Gruselgemüse tatsächlich ein Hirn hat, muss er ins Gras beißen (hihi.) Bedrohlich umrankt der mörderische Efeu bereits das ganze Haus, in dem die Rogers hilflos eingesperrt sind. Gibt es noch eine Chance?

Der dritte Orakelspruch (in Form einer Episode) stellt uns den Jazzer Biff Bailey vor, der mit seiner Band ein mehrwöchiges Engagement auf einer Karibikinsel hat. Heimlich lauscht er den Voodoo Ritualen der Insulaner und ist begeistert von den fremden Rhythmen und Melodien. Unbedingt will er sie aufzeichnen und in seinem Stil für seine Band umarrangieren, Millionen könnte man damit verdienen, meint er. Doch er wird von den Voodoopriestern entdeckt, die ihn inständig auffordern, die Musik nicht zu stehlen, da sie einen rituellen religiösen Hintergrund habe und nicht für die Charts da sei.
Bailey schlägt alle Warnungen in den Wind und stößt wieder daheim in London ordentlich ins Horn, doch er hat die Rache der Voodoo-Götter unterschätzt...

Schließlich wird dem arroganten skeptischen Marsh die Zukunft vorausgesagt.
Dieser liefert sich ein persönliches Psychoduell mit einem Maler, den er bei jeder Gelegenheit öffentlich als gänzlich untalentiert abtut. Der rächt sich, in dem er Marsh bei einem Auftritt lächerlich macht, was dessen Eitelkeit einen gewaltigen Stich versetzt und den selbstgefälligen Kritiker dazu veranlasst, den Künstler kurzerhand mit dem Auto über den Haufen zu fahren. Der Maler verliert dabei die rechte Hand, sein Leben ist zerstört.
Fortan beginnt die abgetrennte Hand per Eigenleben Franklyn Marsh zu terrorisieren...

Die letzte Episode widmet sich dem Schicksal Dr. med Carrolls, der gerade verheiratet mit seiner französischen Frau in eine englische Kleinstadt zieht, um dort zusammen mit dem älteren Dr. Blake zu praktizieren. Als sie es mit einem seltsamen Fall von Anämie bei einem kleinen Jungen zu tun bekommen, besteht für Blake kein Zweifel, da steckt ein Vampir dahinter. Der junge Carroll will ihm zunächst nicht glauben, doch schon bald sind die Beweise erdrückend, und schlimmer noch, seine eigene Frau scheint die Wurzel des Übels zu sein. Da hilft nur ein Pfahl durchs Herz, meint Dr. Blake, doch meint es der väterliche Freund wirklich ehrlich mit Carroll oder verfolgt er lediglich eigene Pläne?

Als Dr. Schreck schließlich den Männern die letzte Karte präsentiert, ist es der Tod. Ihr aller Schicksal scheint unausweislich. Plötzlich fährt der Zug in einen Tunnel. Mehrere Augenblicke totaler Finsternis...Als ihrer Majestäts Eisenbahn wieder aus besagtem Tunnel rumpelt, ist der inzwischen ziemlich sinistre Dr. Schreck verschwunden. Die Männer glauben an einen Taschenspieler-Trick und kichern hysterisch erleichtert, doch als der Zug am unheimlichsten Bahnhof der Welt anhält und sie dort eine sehr finstere Gestalt empfängt, wird ihnen klar, wer der liebe Onkel Doktor wirklich ist...


...natürlich ist es niemand sonst als Hein Klapperbein, der Sensemann! Merkwürdig eigentlich, denn hier bei uns in Köln gibt es tatsächlich auch einen Dr. Schreck, ich glaube, den mag ich lieber nicht konsultieren. Wer weiß, was dem einfällt, wenn man mal die Praxisgebühr gerade nicht dabei hat, oder die Versicherungskarte, dann kommt der am Ende noch mit...Schluck...Todeskarten...?

Aber mal Scherz beiseite, denn "Dr. Schreck" ist ein echter kleiner Gruselklassiker, der erste (und mit Abstand beste) in einer ganzen Reihe britischer Episodenfilme, die zumeist von der Firma Amicus (bzw. deren Nachfolge-Unternehmen Sword & Sorcery) produziert wurden (uns unterlief diesbezüglich in der Review zu Totentanz der Vampire der Fauxpas, ihn Hammer unterschieben zu wollen, obschon wir es hier mit klassischer Amicus Ware zu tun haben. Sorry, dies sei hiermit richtig gestellt!) und ein ganz eigenes Kapitel in der Geschichte des "phantastischen" Kinos von der Insel einnehmen.

Für das "Dr.Terror's House of Horrors" hatte Amicus auch wirklich ein formidables Ensemble zusammengetrommelt, Spitzenleute aus Hammers Lohnliste wie Peter Cushing, der in der Rolle des wahrsagenden Dr. Schreck überzeugt wie selten (ich würde beinahe so weit gehen und sagen, es ist neben dem van Helsing vielleicht seine beste Rolle überhaupt), Christopher Lee (hier leider etwas overacting, wie der Vampir von Welt sagt) und dem guten Regieroutinier Freddie Francis. Dazu gesellt sich ein gut gelaunter und noch blutjunger Donald Sutherland in einer der ersten größeren Rollen seiner Karriere. Doch auch der Rest der Darstellerriege ist gut aufgelegt.

Die Inszenierung ist insgesamt sehr schön und stimmig geraten, tatsächlich wirkt auch dieser Amicus Film über weite Strecken wieder wie ein Hammer Film. Besonders die Werwolfepisode ist prächtig, ein kleines klassisches Gothicmeisterwerk im typischen Gruselschlossambiente mit passablem Schlussgag, da kann man nicht meckern und wünscht sich beinahe, man hätte dem armen Architekten einen kompletten Film gewidmet.
Auch die Episode mit dem Killerkraut, der denkenden Pflanze, die die Weltherrschaft anstrebt, war flott und originell und mit einem gewissen Augenzwinkern gemacht und ließ einen mitunter eher an putzige 50'er Jahre Monster Science Fiction Filme der eher trashigen Art aus Amerika oder gar dem fernen Nippon denken denn an Frankenstein, Dracula und Co., also den Lieblingen der Hammerwelt.
Leider fielen Spannung, Niveau und Atmosphäre dann im Anschluss mit der Voodoo-Episode ein ganzes Stück ab, dafür ist hier ist aber der Soundtrack ziemlich cool geraten, speziell wenn Bailey die Voodoomelodien sehr Cool Jazzig interpretiert. Das hat was und da muss man auch Filmkomponist Tubby Hayes ein Lob aussprechen. Trotzdem macht sich die Langeweile breit

Das ändert sich wieder, als Superstar Chris Lee als arrogantes eitles Arschloch ins Spiel kommt. Zwar hat er, wie schon erwähnt, in seiner langen langen Karriere bessere Leistungen gebracht als in diesem Film und wird von der "bösen Hand" glatt an die Wand gespielt (kein Witz), dafür ist die Geschichte schön gruselig und erinnert an Edgar Allan Poe und dessen schreiberisches Faible für menschliche Schwächen und poetische Gerechtigkeit.

Die Vampirepisode, der vermeintliche Höhepunkt, geriet dann allerdings zur größten Enttäuschung des Films, denn hier muss man leider Worte wie oberflächlich, uninspiriert und flach ins Spiel bringen, um sie zu beschreiben. Beinahe wirkt es, als habe man diese gerade schnell nachgeschoben, um der Königsklasse des Horrorfilms (sag ich jetzt einfach mal so) noch Rechnung tragen zu wollen, denn Kinokassen wollen ja klingeln. Die Story fällt, sogar gemessen an der Voodoofolge, gegenüber den anderen Geschichten ab, dumme Patzer werden hier gemacht und auch die Tricks enttäuschen. Da hätte man von Herrn Francis einfach mehr erwarten dürfen und da reißt auch der wirklich gute Donald Sutherland nicht mehr viel.

Das Finale schließlich, als unsere fünf Gentlemen begreifen, dass sie echt "schlechte Karten" haben, ist dann zwar etwas unlogisch und will nicht so recht in den Storyfluss passen (von Wegen unausweichliches Schicksal und so), denn keiner der Herren erlebt ja tatsächlich, was ihm geheißen, ist aber trotzdem nicht unoriginell.

Fassen wir zusammen: wir haben größtenteils prima Darsteller, wir haben einen Regisseur, der als Gruselfachmann über jeden Zweifel erhaben ist, wir haben zwei gelungene, zwei schwache dafür aber auch eine formidable Episode (Werwolf), die echt überzeugt, wir haben richtig viele Zutaten, die aus den "Todeskarten des Dr. Schreck" eine mehr als nur passable Horroranthologie macht.

Leider ist es aber auch so, dass erstens Episodenfilme sowieso nicht jedermanns Sache sind, und zweitens in aller Regel bei den einzelnen Episoden immer ein wenig Zeitknappheit herrscht, so dass man Geschichten und Charakteren selten die nötige Zeit geben kann, sich zu entwickeln. Diesem Problem muss sich aber zwangsläufig jeder Film dieser Art stellen, und "Dr. Schreck" ist in seinem Metier fürwahr der besten einer, zwar nicht so virtuos wie Mario Bavas wunderbarer Operazione Paura, in dem die Spannung wirklich in allen drei Episoden gehalten werden konnte, oder etwa Robert Wienes expressionistischer Klassiker "Unheimliche Geschichten", quasi die Mutter aller Gruselepisodenfilme (damals, um das Jahr 1920 logischerweise noch mit ganz anderem Ansatz), aber allemal besser als zumindest alle dem Rezensenten bekannten Nachfolgefilme des Hauses Amicus, siehe z. B. den Monster Club.

Dr. Schreck bietet mit seinen Todeskarten typischen unterhaltsamen und atmosphärischen (größtenteils) Gruselstoff, wie wir ihn aus dem Vereinten Königreich lieben, nicht mehr, aber auch nicht weniger, solid und gut. Punkt.



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