Die
drei Gesichter der Furcht (OT:
I Tre volti della Paura)
AKA: Der
Ring der Verdammten, Black Christmas, Black Sabbath, The Three Faces
of Fear, The Three Faces of Terror,
Les Trois visages de la peur
Der
Wassertropfen
Die Geschichte der Krankenschwester Helen, die von Phantomen Verstorbener
heimgesucht wird. In ihrem Zimmer eingeschlossen, erlebt sie eine
Nacht des Grauens.
Wurdulak
Die Legende um einen Vampir, der sich vom Blut seiner Opfer ernährt.
Das junge Mädchen Sdenka erfährt diese Legende am eigenen
Leib, als das fürchterliche Entsetzen sie und ihre Familie
heimsucht
Das
Telefon
Ein Callgirl wird druch geheinisvolle Anrufe belästigt. Der
unbekannte Anrufer teilt ihr ihren baldigen Tod mit. Die Nacht bricht
an und der Tod hält Einzug in das Leben der jungen Frau.
In
diesem Fall müssen wir eher von Stories sprechen, handelt es
sich bei diesem Werk, dem Vernehmen nach Mario Bavas Lieblingsfilm
seines Wirkens als Regiesseur, doch um einen Episodenfilm, und zwar
dem wohl originellsten und vielseitigsten im Bereich des phantastischen
Filmes seit Richard Oswalds "Unheimliche Geschichten"
von 1919.
In
der Eröffnungssequenz sehen wir den großen
Boris Karloff, zwar merklich gealtert aber was Wunder, schließlich
war er seinerzeit bei den Dreharbeiten bereits 76 Jahre alt, doch
ganz großer Star, der er ist, beeindruckt er mit charismatischer
Präsenz als eine Art Conferencier agierend vor nahezu endzeitlich
wirkender Kulisse. Er wendet sich direkt an den Kinobesucher, warnt
vor Geistern und Vampiren und philosophiert über die Angst,
huah, und schon geht es los mit der ersten Episode, die da heißt:
"Das Telefon". Die literarische Vorlage hierzu lieferte
Howard Snyder nach Motiven von Guy de Maupassant.
Das Callgirl Rosy wird nächtens in ihrer Wohnung von zahlreichen
unheimlichen Telefonanrufen terrorisiert. Eine unbekannte Stimme
prophezeit ihr, sie werde noch in dieser Nacht sterben, der Anrufer
werde kommen und sie töten. Es ist, als sei der Anonymus im
gleichen Raum, bemerkt er doch jede Bewegung, die Rosy tut. Schließlich
vermutet Rosy hinter den Anrufen ihren ehemaligen Lover Frank, der
seinen ihr zu verdankenden Zuchthausaufenthalt durch Flucht verkürzte
und sich wohl nun an ihr rächen wolle. Hilfesuchend wendet
sie sich über das Telefon an ihre ehemalige Geliebte Maria
(sowohl in der deutschen wie in der amerikanischen Fassung ist Maria
nur eine Freundin, lesbische Beziehungen passten halt hüben
wie drüben nicht in die spießige Heimeligkeit der frühen
Sechziger), nicht ahnend, das eben diese Verschmähte in Wirklichkeit
für die Anrufe verantwortlich ist. Maria kommt in Rosys Apartment
und in der Folge glauben wir an verschiedenen Indizien ausmachen
zu können, dass Rosy demnächst sterben wird, vergiftet
zum Beispiel oder gemeuchelt im Schlaf. Doch es wird ganz anders
kommen, und dennoch wird die Nacht tödlich enden. Für
wen und warum wollen wir an dieser Stelle nicht verraten, nur so
viel, dass es erstens meistens anders kommt als man... und so weiter.
In
der zweiten Episode, betitelt "Wurdelak" ( nach der berühmten
Geschichte von Toslstoi) begegnet uns dann wieder Boris Karloff,
der den Familienpatriarchen Gorca gibt. Eben dieser Gorca zieht
los, um den gefürchteten Räuber und Mörder Alibek
zur Strecke zu bringen, welcher in jenem osteuropäischen Landstrich
Angst und Schrecken verbreitet und in dem Ruf steht, ein Wurdelak,
ein untoter Vampir zu sein. Doch Gorca warnt seine Familie, wenn
er nicht binnen fünf Tagen wieder zurück ist, soll man
ihn nicht mehr ins Haus lassen und ihm stattdessen einen Dolch durch
das Herz treiben, denn dann hat er sich wohl selber in einen Vampir
verwandelt.
Als der junge adelige Reisende Vladimier schließlich am Ufer
eines Flusses eine kopflose Leiche entdeckt in deren Brust ein Dolch
steckt, scheint klar zu sein, Alibek ist hinüber. Doch wo bleibt
der alte Gorca?
Vladimier erreicht das Gut der Gorcas und bittet um ein Quartier
für die Nacht. Auf Anhieb verliebt er sich in die hübsche
junge Sdenka, da taucht plötzlich auch Gorca selber wieder
auf, doch sein Verhalten ist merkwürdig. Eine schwere Verletzung
will er nicht behandeln lassen, schlafen oder essen will er ebenfalls
nicht, dafür hegt er plötzlich reges Interesse an seinem
Enkel Ivan. Tief in der Nacht entführt er das Kind und tötet
es, kein Zweifel mehr, er ist ein Wurdelak. Es liegt der Fluch auf
diesen Kreaturen, dass sie immer zuerst die töten müssen,
die sie eigentlich lieben, um sie somit zu ihresgleichen machen.
Vladimier und Sdenka gelingt die Flucht, doch der Wurdelak und seine
inzwischen komplett vampirisierte Sippe sind dem jungen Glück
auf den Fersen.
Zwar ist der Schluß dieser ungemein spannenden Episode etwas
weniger überraschend als der im "Telefon, verraten wird
er aber dennoch nicht.
Schließlich
folgt Episode drei, die bei weitem unheimlichste des Reigens, die
da heißt "Der Wassertropfen" und auf Motiven Anton
Tschechows beruht.
Die Krankenschwester und Leichenwäscherin Helen wird spätabends
zum Haus der toten Spiritistin Madame Perkins gerufen. Diese starb
bei einer Seance, wie Helen von der völlig verängstigten
Dienstmagd mitgeteilt bekommt. Überall in den finsteren Räumen
des Hauses wimmelt es von okkulten Gegenständen, fauchenden
Katzen und aufgeschlitzten Puppen. Die Tote selber liegt in ihrem
Bett, ihr Gesicht ist eine verzerrte Fratze, die Helen hasserfüllt
anzustarren scheint, ihre toten Augen wollen sich nicht schließen
lassen. Dennoch entwendet Helen der Toten einen kostbaren Ring,
worauf sie direkt ein sehr ungutes Gefühl heimsucht.
Wieder zu hause angekommen steigern sich diese Gefühle noch.
Geräusche von ständig tropfendem Wasser quälen sie.
Da wird plötzlich ein Ächzen und Knarren im Nebenzimmer
laut. Doch nichts ist zu sehen. Als Helen wieder zurückkommt,
entdeckt sie eine der aufgeschlitzten Puppen auf ihrem Tisch liegen,
und dann erblickt sie plötzlich den Geist der Verstorbenen,
das Gesicht hassverzerrt, ihre kalten Finger ausgestreckt nach Helens
Hals.
Am nächsten Morgen wird Helens Leiche gefunden. Auffällig
ist ein verfärbter Finger, der wirkt, als hätte man mit
Gewalt einen Ring vom Finger der Toten gezogen. Doch das dicke Ende
kommt erst noch...
Nun
folgt die Schlusssequenz. Boris
Karloff jagt auf einem Pferd in seinem "Wurdelak"
Kostüm durch eine sturmgepeitschte Nacht, er richtet seine
Worte wieder an den Kinobesucher und rät ihm, vorsichtig zu
sein bei seinem Heimweg, schließlich kann man nie so genau
wissen, was da so alles das Dunkel der Nacht unsicher macht.
Die Kamera fährt zurück und wir erkennen, Boris sitzt
im Studio auf einer Art "Schaukelpferd", das Filmteam
läuft mit Topfpflanzen an ihm vorbei um die Illusion des nächtlichen
Rittes zu erzeugen, dazu ertönt eine rumpelige albern ausgelassene
Klaviermelodie. Alles nur eine Illusion, nur ein Witz, puuh, Glück
gehabt....
"Die
drei Gesichter der Furcht" ist ein weiterer Meilenstein im
Gesamtwerk des italienischen Meisterregiesseurs Mario
Bava. Kaum ein anderer Regiesseur verstand es so meisterhaft,
unheimliche Atmosphäre zu erzeugen, kaum ein anderer verstand
sich auf das Ausleuchten von Sets und das farbliche Nachbearbeiten
von Filmen wie er, was seine Filme immer so besonderes machte.
Das
vorligende Werk spiegelt in eindrucksvoller Weise die gesamte Palette
von Bavas Talent wieder. Glaubte man bis dahin, er sei auf gotische
Stoffe festgelegt, wurde man direkt zu Beginn mit dem "Telefon"
eines besseren belehrt. Bava präsentiert uns eine Art klaustrophobisches
Kammerspiel, modernen Psychohorror, der in der Art der Herangehensweise
durchaus der eines anderen Meisters dieses Faches ähnelt, nämlich
Alfred Hitchcock, und bleibt doch am Ende wieder ganz und gar Bava.
Ungewöhnlich für seine Verhältnisse ist es, wie Bava
im "Telefon" die Musik mit einbezieht und somit eine Atmosphäre
zu erschaffen scheint, die ihm niemand zugetraut hätte. Er
ließ den Filmkomponisten Roberto Nicolosi einen Cool Jazz
Soundtrack komponieren, der an die Musik von Miles Davis und John
Coltrane erinnert, was Assoziationen an das Kino der damaligen sogenannten
jungen Wilden des europäischen Films hervorruft. Bava also
auch als Meister des Suspense. Seine gewohnt liebevoll gestalteten
Düsterkullissen wurden hierbei zwar durch ein modernes Apartment
ersetzt, was aber der Stimmung letztlich keinen Abbruch tut. Man
sollte übrigens die sexy Performance von Michelle Mercier nicht
unerwähnt lassen, aber das gehörte ja bei Bava auch irgendwie
dazu.
Und
dann in Episode zwei begegnen uns ja schon wieder die schönen
alten Ruinen, der Trockeneisnebel und der Wind, der immer so herrlich
über das (Studio)Set pfeifft - gute alte Bekannte! "Wurdelak"
ist sicher die Bavaeskeske (um es mal so auszudrücken) Episode
des ganzen Films. Ein weiteres mal widmete sich Bava hier wieder
seinem (und unserem) Lieblingsthema, den Vampiren. Im Wurdelaken
finden wir all die schaurig-schönen Zutaten, die auch seine
Klassiker "Operazione
Paura" und "Black
Sunday" so klasse machten, deswegen wird auch gerade diese
Episode von den Bavafans so geschätzt.
Es dauert nicht lange und Bava hat hier eine Szenerie erschaffen,
welche keinen Zweifel an der Ausweglosigkeit der Lage seiner Protagonisten
lässt, unweigerlich sehen sie ihrem sicherenen Verderben entgegen.
Und Karloff spielt die wohl beste Rolle seiner späten Jahre.
Die Szene, in der er plötzlich mit leeren und doch sehr bedrohlich
wirkenden Augen Vladimier durch das Fenster seines Zimmers anstarrt,
kann schon eine ganz schöne Gänsehaut verursachen und
gehört, wie so manch ein Moment aus den Bavafilmen, zu den
Szenen, die man nie mehr wirklich vergisst, wie z. B. auch das Gesicht
der toten Hexe Asa, nachdem ihr die Dämonenmaske entfernt wird
in der "Stunde,
wenn Dracula kommt", oder die Geistererscheinung des kleinen
Mädchens in "Operazione Paura". Schaut man sich derlei
des Nachts allein zu hause an, kann's einen durchaus schaudern.
Einen
ähnlich Schrecken jagt uns Bava direkt wieder in der dritten
und letzten Episode seines feinen Horrorreigens ein, der Geschichte
der diebischen Leichenwäscherin. Auch hier arbeitet Bava wieder
mit vielen bekannten Ingredienzen seiner legendären Gruselküche
wie Geisterspuk und krassem Make up, dennoch geht er subtiler vor
als üblich.
Das zermürbende Geräusch des tropfenden Wasserhahns, das
permanente Auf- und Abblinken der Leuchtreklame vor dem Fenster,
die sich verlangsamende Musik aus dem Grammophon, dessen Motor neu
aufgezogen werden muß, die einen grotesk bedrohlichen Charakter
annimmt, dazu ein paar huschende Vorhänge und ausgeblasene
Kerzen, all das erzeugt eine fast körperlich spürbare
Präsenz des Übernatürlichen, auch und gerade weil
bis zum Schluß eigentlich gar nicht wirklich etwas passiert.
Plagt die Diebin des Ringes vielleicht doch nur ein schlechtes Gewissen?
Wer weiß?
Ja
meine Damen und Herren, so macht man klasse Horrorfilme. Mario Bava
war einer der ganz großen dieses Genres. Der Rezensent bedauert
zutiefst, in Unkenntnis der großen Werke des Meisters ihm
dereinst in der Kritik zu dem (ich stehe zu der Aussage, dennoch
reichlich doofen) Film "Vampire
gegen Herakles" (Vielleicht abhaken unter Ich war
jung und brauchte das Geld???') "Gruselquickies" unterstellt
zu haben, denn das war etwas vorschnell. Auch wenn manchmal Handlungen
und Dialoge in Bavas Filmen nicht immer oscarreif waren, die Atmosphären,
die Stimmungen, die Bilder, all das bekam er mitunter erhfurchtgebietend
hin!
Zum
Schluß bleibt nur noch die Frage, warum der Film in verschiedenen
Ländern in unterschiedlich geschnittenen Versionen gezeigt
wurde. Die ursprüngliche deutsche Fassung, auch bekannt unter
dem Titel "Der Ring der Verdammten", zeigte seinerzeit
als erste Episode "Wurdelak", gefolgt vom "Wassertropfen",
und "Telefon" schließlich war Episode drei. Eine
einleuchtende Erklärung hierzu gibt es nicht. In der amerikanischen
Fassung wurde der "Wurdelak" an den Schluß gestellt,
was vielleicht noch ewas nachvollziehbarer erscheint wenn man bedenkt,
das uns ja Boris
Karloff im Epilog auch wieder als "Wurdelak" heimsucht.
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