Tanz
der Vampire (OT:
The Fearless Vampire Killers)
AKA: Dance
of the Vampires, The Fearless Vampire Killers or: Pardon Me, But
Your Teeth Are in My Neck,
Vampire Ball, The Vampire Killers
GB,
USA 1966, Farbe, 107 min |
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Regie |
Roman
Polanski |
Drehbuch |
Gerard
Brach, Roman Polanski |
Kamera:
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Douglas
Slocombe |
Musik |
Krysztof
Komeda |
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Jack
McGowran |
Prof.
Abronsius |
Roman
Polanski |
Alfred |
Sharon
Tate |
Sarah |
Ferdy
Mayne |
Graf
von Krolock |
Alfie
Bass |
Shagal |
Iain
Quarrier |
Herbert |
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this review in English
Der
schrullige Professor Abronsius, von Kollegen wegen seiner Thesen
zum Thema Vampirismus "der alte Spinner" genannt, reist
mit seinem Assistenten Alfred ins frostige und tiefverschneite Transsylvanien
um an Ort und Stelle seine Theorien zu beweisen. Sie finden Unterschlupf
im Gasthof der Familie Shagal, aus dem auch schon bald Wirtstochter
Sarah direkt aus der Badewanne vom hiesigen Obervampir Graf von
Krolock entführt wird. Vater Shagall nimmt mit Knoblauch gestärkt
die Verfolgung auf, wird aber just am nächsten Morgen steifgefroren
und blutleer vor dem Gasthaus gefunden. Abronsius erklärt,
Shagall sei nun zum Vampir geworden und müsse gepfählt
und enthauptet werden, was bei seiner Witwe auf wenig Gegenliebe
stösst. Neu-Vampir Shagal kann bei Abenddämmerung fliehen
und weist somit ungewollt unseren furchtlosen Vampirjägern
den Weg zum Vampir-Hauptquartier, dem Schloß derer von Krolock.
Dort angekommen werden sie vom Hausherren, der sich als belesener
Lebemann gibt, zum Verweilen eingeladen und lernen den Sohn des
Grafen, Herbert, kennen, der offensichtlich direkt eine Schwäche
für Alfred entwickelt und wohl der erste schwule Vampir der
Kinogeschichte sein dürfte.
Am
nächsten Tag, die Vampire schlafen in ihren Särgen, versuchen
Abronsius und Alfred deren Treiben mittels Holzpflock ein Ende zu
setzen, doch so sehr sie sich auch bemühen, irgendwas geht
immer schief. Schließlich rückt die Nacht mit dem großen
Ball, dem Tanz der Vampire, immer näher, und dummerweise sollen
Sarah und unsere beiden Helden die Hauptmahlzeit des Abends werden.
Dennoch gelingt ihnen mit List und Verkleidungskunst die Befreiung
Sarahs. Zu spät allerdings, wie sich nach abenteuerlicher Verfolgungsjagd,
auf der ein Sarg als Schlitten herhalten muss, herausstellt. Sarahs
vampirische Metamorphose ist bereits vollzogen. Alfred wird ihr
erstes Opfer. So kann sich das Böse mit Professor Abronsius'
Hilfe in der ganzen Welt verbreiten.
Wahnsinn,
Roman
Polanski hat mit "Tanz der Vampire" 1966 einen der
ganz großen, vielleicht den Genre-Klassiker überhaupt
geschaffen. Hier stimmt einfach alles, Atmosphäre, Humor, Kulissen,
Ausstattung, Story, Regie, Schauspieler, Musik, ach, halt alles.
Der
bescheidenen Meinung des Rezensenten nach hat Meister Polanski hier
einen der ganz wenigen absolut perfekten Filme und somit ein kleines
cineastisches Wunder fabriziert (welches der Rezensent darüber
hinaus [hüstel, ganz Fan] auch noch als persönlichen Favoriten
bezeichnen würde.)
Wenn
Murnaus Nosferatu (vermutlich)
der unheimlichste Beitrag und Coppolas Dracula
der wahrscheinlich prächtigste und schwelgerischste des großen
Melting Pots namens Vampirfilm (welcher Schattierung auch immer)
ist (klar, Ansichtssache, wir können nur unsere Sicht der Dinge
wiedergeben), vereint "Tanz der Vampire" beide erstere
Attribute durchaus und fügt dem noch etwas besonderes hinzu:
es handelt sich um den zweifelsohne lustigsten und somit wohl originellsten
Streifen, der jemals über die blutsaugenden Untoten gedreht
wurde. Oft wurde er kopiert oder dummdreist ganze Szenen geklaut,
erreicht wurde das Original nie! Polanski und sein Co-Autor Brach
bauten soviel skurriles in ihren Film ein, dass es schon fast aberwitzig
zu nennen ist: haarsträubende Verfolgungsjagden, tuntige Vampire,
jüdische Vampire, die der Anblick eines Kruzifixes nicht abschreckt
(vielleicht hätte man es mit einer Menora versuchen sollen,
aber Scherz beiseite, dieser Aspekt fehlt in der deutschen Version
gänzlich, stattdessen ließ die deutsche Dialogregie den
untoten Shagall sagen, "Kreuze, das wirkt doch nur bei den
alten Vampiren!", vermutlich war man in den sogenannten "Swinging
Sixties" in good old Germany noch nicht so weit, Gags zu verbreiten,
in denen Juden vorkommen, wobei der Gag ja nicht mal auf Kosten
der jüdischen Religion ging oder sich in irgendeiner Form abfällig
über sie äußerte, sondern wirklich ein pfiffiger
Brüller ist. By the way, wovor schreckt eigentlich der Vampir
In "Drakula Istanbula" zurück?), knalltütige
Vampirjäger, die sich völlig anders gebärden als
der heldenhafte Peter
Cushing van Helsing, irgendeine spaßige, groteske oder
einfach nur klamaukige Idee steckt in fast jeder Szene.
Doch
beherrscht Polanski auch das Handwerk des Grauens, des Horrors,
wie er ja auch an anderer Stelle beweist, allerdings mit völlig
anderen Mitteln, man schaue sich beispielsweise "Rosemaries
Baby", "Ekel" oder "Der Mieter" an.
Beim
"Tanz der Vampire" weiß er virtuos mit den Stilmitteln
des Gothic Horrors umzugehen, variiert und veralbert diese aber
auch reichlich. Solches dann wieder lustig zu finden setzt allerdings
auch gewisse Kenntnisse des Vampirfilms im allgemeinen und gerade
der zu der Zeit sehr populären Hammer-Streifen wie vielleicht
auch einiger anderer, ähnlich gearteter europäischer Produktionen
(siehe z. B. Mario
Bava) voraus. Andernfalls hatte man wohl nicht den Spaß
an dem Werk, den entsprechende Fans hatten und hoffentlich heute
noch haben.
Vermutlich
war auch das einer der Gründe, warum der Film in Amerika seinerzeit
grandios gefloppt ist. Der andere dürfte sein, das der Film
damals nur in arg geschnittener Fassung in den US Kinos zu sehen
war. Man befand ihn für amerikanische Verhältnisse einfach
als zu anzüglich (iss'er ja auch, aber daraus bezieht er ein
gut' Teil seines Humors), was Polanski weiland sehr erzürnte
und von Zensur reden ließ (Recht hatte er!) Inzwischen ist
auch die europäische Fassung drüben bekannt und das Meisterwerk
hat längst die Huldigung erhalten, die es verdient.
Bei
uns ist "Tanz der Vampire" mittlerweile unzählige
male im Fernsehen gelaufen und ist vielleicht somit, zumindest hierzulande
der bekannteste Vampirfilm überhaupt. Dennoch, es ist jedes
Mal wieder ein Ereignis sich diesen wahrhaftigen "Kultfilm"
anzusehen, weswegen der Film auch immer wieder gern anlässlich
irgendwelcher besonderer Tage wie Sylvester oder Rosenmontag gezeigt
wird.
Ein
Wort zu den Darstellern: das gesamte Ensemble spielt einfach famos
und gut aufgelegt, wobei die Arbeit mit Polanski ja bekanntermaßen
nicht eben die einfachste ist, gilt der Mann doch als ausgesprochener
Perfektionist mit Hang zum Zänkischen. Ferdy Mayne als Vampirgraf,
ganz Genre-Routinier, ist ähnlich brillant wie Christopher
Lee, den er aber letztlich reichlich augenzwinkernd parodiert (der
tat das selbe in Die Herren Dracula
einige Jahre später), Jack McGowran, ein viel zu wenig
bekannter genialer irischer Schauspieler, der leider bereits 1973
gerade Mitte seiner fünfziger Jahre verstarb, ist die Idealbesetzung
für den kauzigen Abronsius, Sharon Tate, Polanskis Frau und
eine der strahlendsten Schönheiten der Sixties, die ein unfassbar
tragisches Ende fand (und somit zum [gerade amerikanischen] Mythos
wurde) weil sie 1969 gerade 26jährig und hochschwanger von
der berüchtigten Manson Family abgeschlachtet wurde, sie spielte,
und das sehr gut, Shagalls Tochter Sarah, Polanski selber gab mit
33 Jahren, aber weitaus jünger aussehend und wirkend, den trotteligen
Assistenten Abronsius' und legte seine Rolle nervös und linkisch
an, so soll er ja selber damals auch gewesen sein.
Der
Rezensent könnte jetzt noch seitenlang über diesen genialen
Streifen schwadronieren, aber die Begeisterung ist wohl offensichtlich.
Wie gesagt, Favorit, Klasiker, besser geht es kaum... Übrigens,
hat da gerade ernsthaft wer gefragt, warum der Film kein Happy End
hat?
Ach, komm schon...
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