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Dead of Night  (OT: Deathdream)
AKA: The Veteran, Night Walk, The Night, Andy came Home, Whispers, Soif de Sang

Kanada, GB, USA, 1972, Farbe, 88 Min
Regie: Bob Clark
Drehbuch: Alan Ormsby
Produzent: Bob Clark, Peter James, John Trent, Gerald Flint-Shipman
Kamera Jack McGowan
Musik Carl Zittrer
John Marley Charles Brook
Richard Backus Andy Brook
Lynn Carlin Catherine Brook
Anya Ormsby Cathy Brooks
Henderson Forsythe Dr. Allmann
Jane Daly Joanne

Amerika in der ersten Hälfte der 1970'er Jahre. Während die Familie Brooks, Vater Charles, Mutter Christine und Tochter Cathy, ihr wohlverdientes Roastbeef verspeisen und etwas Small Talk betreiben (nachdem Christine statt eines Tischgebetes Mantra-artig wiederholt: "Andy, du musst zurückkommen, du hast es versprochen....ich weiß, dass du zurückkommst...") klingelt es an der Tür. Wer mag das sein? Charles öffnet und ein betroffen aussehender militärischer Bote überbringt ein Telegramm mit dem Inhalt, der GI Andy Brooks sei bei einem Einsatz verschollen. Christine bricht zusammen, doch seltsamerweise fängt sie sich bald wieder und ist sich sicher, nein, ihr Andy werde zurückkehren.

In der selben Nacht werden die Brooks von seltsamen Geräuschen aus dem Schlaf gerissen. Einbrecher? Nein, es ist - Andy! Nachdem der erste Schock überwunden ist, bricht sich hysterische Erleichterung bahn. "Sie sagten uns, du seiest tot", sagt Charles. "Das war ich auch..." antwortet Andy. Die Familie bricht in befreiendes Lachen aus. Fortan wird allerdings nicht mehr viel gelacht werden im Hause Brooks...

Die folgenden Tage zeigen, dass Andy offenbar nicht mehr derselbe lebenslustige, zuvorkommende und hilfsbereite junge Mann ist, der er vor seinem Kriegseinsatz war. Er ist einsilbig, verschmäht Mutterns gutes Essen, (und hat man ihn eigentlich je was trinken sehen?), fast leblos sitzt er nur in seinem abgedunkelten Raum und starrt vor sich hin. Selbst vor seiner Freundin Joanne hält er seine Rückkehr geheim. Wer weiß, was für Grauen der Junge im Krieg gesehen hat, dort drüben im feindlichen Dschungel (interessanterweise wird im gesamten Film nicht ein einziges mal das Wort 'Vietnam' erwähnt!), denkt Charles, das wird schon wieder, doch allmählich wird ihm Andys Verhalten fast ein wenig unheimlich. Als eines Tages Nachbarskinder auftauchen und Andy mit allerlei Fragen bedrängen (Warum trägst du keine Uniform? Hast du viele Leute getötet? Hast du drüben Karate gelernt?) greift er brutal und völlig außer sich nach dem Arm eines Jungen, der ihm einen Karateschlag demonstrieren möchte. Als der Junge vor Schmerz aufschreit, beginnt der Familienhund Andy anzukläffen. Dieser packt die Kehle des Tieres und stranguliert es am ausgestreckten Arm. Andys Gesicht ist dabei eine vom Hass entstellte Fratze...

Vater Charles, entsetzt über die Tat seines Sohnes, betrinkt sich nachfolgend in der nächstbesten Bar, in der er auch den Familienhausarzt Dr. Allmann trifft. Ihm berichtet er das schreckliche Ereignis und weckt sogleich das Misstrauen des Mediziners, der auch als örtlicher Leichenbeschauer tätig ist, denn just in der Nacht, in der Andy zurückkehrte, wurde ein Lastwagenfahrer brutal ermordet. In Charles und Dr. Allmann keimt ein schlimmer Verdacht, den der Arzt bald mit seinem Leben bezahlen wird...

Nun sieht Charles klar, dass sein Sohn ein Mörder ist. Er macht bei der Polizei eine Falschaussage und beschließt, Andy fortzubringen, denn schließlich ist Blut immer noch dicker als Wasser, doch als er wieder nach hause kommt, erfährt er, dass Andy mit seiner Schwester Cathy, ihrem Freund und Joanne ausgegangen ist. Voller Sorge macht er sich mit einem geladenen Revolver auf die Suche nach Andy...


Die Jahre zwischen 1968 und etwa 1976 waren die große Zeit der Erneuerung des amerikanischen Kinos. Eine neue Generation begehrte auf, junge Filmemacher drehten politisch engagierte Filme mit sozial- und kriegskritischen Inhalten, es war die Zeit von Vietnam und Straßenkämpfen, der Black Power Bewegung, des beginnenden Protestes gegen das Wettrüsten der Supermächte, der Einsicht, dass es nicht immer nur schneller, weiter und profitabler gehen kann, das Erwachen eines ökologischen Bewusstseins und einer zumindest in Amerika nie gekannten Kritik gegenüber des Establishments, der Regierung, der so genannten Werte, die in den Augen junger Menschen bigott und verlogen wirkten. Auch der Horrorfilm, der vielen Zeitgenossen als reaktionär und konservativ galt, (was sogar einigermaßen zutreffend ist, wenn man sich anschaut, wie er gerade in den 50'er / 60'er Jahren metaphorisch für die Angst vor Überfremdung, den "blutrünstigen Bolschewiken", die im Kreml die Sicheln wetzten, und dem Werteverfall einer "heilen Welt" stand) erfuhr in jenen Jahren einen mächtigen Innovationsschub. Leute wie George A. Romero (Night of the living Dead, Martin,), Wes Craven ("Last House on the left"), David Cronenberg (Chivers, Rabid) Roman Polanski ("Rosemaries Baby"), John Carpenter ("The Assault", "Dark Star"), Stephanie Rothman (The Velvet Vampire), Richard Blackburn (Lemora Lady Dracula) oder eben auch, wie beim vorliegenden Film, der, soviel sei jetzt schon gesagt, sicher einer der intelligentesten Horrorfilme seiner Zeit ist, Bob Clark ("Children shouldn't play with dead Things", "Black Christmas") traten mit ihren "Horrorvisionen" dem Genre gewaltig in den Arsch, und das nicht nur in der Darstellung von Gewalt (und manchmal auch Sex), die nie zuvor so explizit inszeniert worden waren. Die jungen Damen und Herren pfiffen auf Konventionen und nahmen es wieder in Kauf, sich weit aus dem Fenster zu lehnen, gefielen sich darin zu provozieren, Leuten vor den Kopf zu stoßen, und gingen mit ihrer oftmals in radikalen Elementen verpackten Kritik an Gesellschaft, Krieg und Staat auf die Tradition des frühen 20, Jahrhunderts zurück, als Phantasten, Expressionisten und Surrealisten ihre Kunst als Gegenentwurf auf die herrschenden Verhältnisse, ja sogar als Gegenkultur empfanden.

Bob Clark war also einer von ihnen. Welcher Teufel ihn später geritten haben mag, das Genre zu wechseln und üble Komödien wie die "Porkys" Reihe (quasi ein 80'er Jahre Vorläufer der "American Pie" Filme) oder "Der Harte und der Zarte" (mit Gene Hackmann und Dan Aykroyd) zu fabrizieren, weiß ich nicht, doch seine Karriere begann sehr viel versprechend mit Filmen wie "Children shouldn't play with dead Things" oder eben dem vorliegenden "Deathdream". Tatsächlich gebührt Clark sogar die eigentliche Ehre, das "Slasher" Subgenre noch vor John Carpenters "Halloween" erfunden zu haben, nämlich 1974 mit "Black Christmas", den Carpenter eigentlich fortzusetzen gedachte, so geht eine Mär, aber von Clark die Rechte nicht zugesprochen bekam. So änderte Carpenter halt den Feiertag und inszenierte mit "Halloween" eine sehr gute Kopie. Ob's stimmt, dafür mag ich mich nicht verbürgen, doch zurück zu "Dead of Night", der sich nahtlos in die Reihe der wegweisenden Filme seiner Ära einreiht, heute aber zumindest im deutschen Sprachraum leider fast dem Vergessen anheim gefallen ist, was nicht zuletzt auch an dem bislang einzig deutschen Release liegen mag, der ärgerlich geschnittenen, hier möchte ich durchaus sagen verstümmelten, VHS Version von Skyline Video, die gegenüber dem Original um etliche Minuten verkürzt worden ist. Besonders ärgerlich hierbei ist, dass nicht etwa nur ausgeprägte Gewaltszenen der Zensorenschere zum Opfer fielen, sondern ganze Handlungsabschnitte, die maßgeblich zum Verständnis der Geschichte beitragen. Unter anderem hat man der deutschen Fassung den kompletten Schluss beraubt, und das, obschon der Film in Deutschland mit einem FSK 18 belegt ist, hingegen in den Niederlanden beispielsweise ist der Film ab 16 freigegeben und ungeschnitten zu haben. Ein Hoch auf die Mündigkeit des deutschen Zuschauers! Gottlob sind diese Zeiten ja eigentlich vorbei, so dass es mal langsam an der Zeit wäre, uns eine Neuauflage auf DVD zu bescheren. Bis dahin greife man am besten, so man der englischen Sprache mächtig ist, auf den amerikanischen Silberling aus dem Hause "Blue Underground" zurück.

Die Story um den untoten Vietnamsoldaten, der zum "Überleben" und zur Aufrechterhaltung seines körperlichen Zustands regelmäßig Blut benötigt, welches er sich einem Junkie ähnlich mittels einer Spritze in die Venen jagt, (so wie Romeros Martin) ist im Grunde eine Neubearbeitung der klassischen Gruselgeschichte "Die Affenpfote" von William Wymark Jacobs aus dem Jahre 1902, mit der brühmten Aussage, "Sei vorsichtig mit dem, was du dir wünschst, es könnte in Erfüllung gehen....!" Die Mutter will den Tod des geliebten Sohnes nicht akzeptieren und wünscht ihn quasi aus seinem Grab zurück, natürlich zu einem tödlichen Preis. Am Ende wird Andy Brook nicht nur getötet haben, auch seine Familie wird völlig zerstört sein, sein Vater wird sich erschießen, seine Mutter dem Wahnsinn verfallen. Einzig seine Schwester kommt mit halbwegs heiler Haut davon, doch sie verliert ihren Freund.

Das die Szenen, in denen sich Andy Blut spritzt, sinnbildlich für das Schicksal vieler Kriegsveteranen stehen, die aufgrund ihrer Kriegstraumata Drogen, Psychopharmaka oder dem Alkohol verfallen sind, ist klar. Auch die wahrlich erschreckende Szene, in der Andy zunächst das Kind attackiert und dann den Hund umbringt, müssen nicht weiter erläutert werden und stehen für sich selbst. Clark belässt es allerdings nicht bei seiner Vietnam- / Militärkritik, er sieht die Ursachen des Horrors auch in der "heilen" Familiensituation des Antihelden, der vom Vater in den Krieg geschickt wurde, damit die einengende Liebe der Mutter aus dem Jungen keinen "Weichling" macht. It's a Man's World... Dennoch versäumt es Clark bei all der Kritik in seinem mit Anspielungen nur so gespicktem Werk auch nicht, sich vor dem klassischen Horrorfilm zu verneigen, zum Beispiel wenn er Andy in den letzten Minuten des Films als hässliches, deformiertes Monster (in Ermangelung frischen Blutes) umhertorkeln lässt (geht klar an die Adresse der Universal Filme der 30'er / 40'er Jahre) oder ihn Dr. Allmann in dessen Praxis auflauern lässt, nachdem der ihm sagt, er könne ihn jederzeit aufsuchen, wenn ihm danach sei. Der Mediziner hat den Vampir ins Haus eingeladen...

Die schauspielerischen Leistungen der Darsteller in "Dead of Night" sind enorm. Gerade John Marley (den man aus der berühmten Pferdekopfszene aus "Der Pate" kennen sollte) brilliert als zerrissener Vater und bleibt mit seiner eindringlichen Performance im Gedächtnis, aber auch Debütant Richard Backus macht als Andy seine Sache hervorragend. Allerdings ist er in den Szenen, in denen er noch nicht vom, zugegeben, hervorragenden Make up (übrigens eine frühe Arbeit des Gore Gurus Tom Savini, der aber zu jener Zeit noch recht unbekannt war) entstellt ist, wesentlich beängstigender, zum Beispiel immer dann, wenn er direkt aus seinem stoischen Verhalten zu einer hassgetriebenen Mordmaschine mutiert (klasse Schauspielleistung!)

Fazit: Hier gibt es einen echten stilprägenden, morbiden Genreklassiker aus den frühen 1970'ern zu entdecken, beängstigend, intelligent, kritisch, sorgsam inszeniert und mit langsamen, aber konstantem Spannungsaufbau. Wer die frühen Filme von Romero, Cronenberg und Carpenter mag, sollte sich "Dead of Night" unbedingt mal zu Gemüte führen, dann allerdings besser nicht in der deutschen Schnittfassung.
Übrigens machten immer mal wieder Gerüchte die Runde, Bob Clark persönlich wäre gerade dabei, ein Remake von "Dead of Night" vorzubereiten. Da man aber von diesem Projekt lange nichts mehr gehört hat und stattdessen in letzter Zeit verstärkt die Mär durchs www geisterte, Herr Clark arbeite an einer Neufassung seines "Zombie"- Thrillers "Children shouldn't play with dead Things (was ja auch nicht schlecht ist), scheint sich's damit wohl erst mal erledigt zu haben. Aber letztlich weiß man nichts genaues nicht...

       

 



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