Rabid
- der brüllende Tod (OT: Rabid)
AKA:
Rage, Überfall der teuflischen Bestien, Der
USA,
1977, Farbe, 90 min |
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Regie |
David
Cronenberg |
Produzent |
John
Dunning |
Drehbuch |
David
Cronenberg |
Kamera:
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René
Verzier |
Musik
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Marilyn
Chambers |
Rose |
Frank
Moore |
Hart
Read |
Joe
Silver |
Murray
Cypher |
Howard
Ryshpan |
Dr.
Dan Keloid |
Patricia
Gage |
Dr.
Roxanne Keloid |
Susan
Roman |
Mindy
Kent |
Roger
Periard |
Lloyd
Walsh |
One
minute, they're perfectly normal, the next... RABID. Marilyn Chambers,
the Ivory Snow - Insatiable girl stars as Rose - a motorcycle accident
victim. Through daring, experimental surgical techniques, Rose's
life is saved. But something has gone wrong. Rose develops a ravenous
appetite - for blood. One by one, her victims are driven into a
frenzied rage - attacking and contaminating others. Soon, the city
is on the verge of panic. The next victim could be a stranger -
or someone you know. RABID... pray it doesn't happen to you !
Das
junge Paar Rose und Hart erleidet einen schrecklichen Motorradunfall,
doch glücklicherweise geschieht dies in unmittelbarer Nähe
von Dr. Keloids Institut für plastische Chirurgie. Während
Hart "nur" eine Fraktur von Hand und Schlüsselbein
erleidet, zieht sich Rose schwerste Verbrennungen zu. Einen Transport
ins nächste Krankenhaus würde sie nicht überleben,
deshalb entscheidet sich Dr. Keloid kurzentschlossen für eine
Operation in seiner Klinik - nach einer von ihm entwickelten neuen,
unerforschten und deshalb auch bislang noch nicht zugelassenen Methode.
Er entnimmt der jungen Frau Hautgewebe des Oberschenkels und "neutralisiert"
es in einem aufwendigen Verfahren. Er erhofft sich einen ähnlichen
Effekt hiervon wie von der Verwendung embryonaler Stammzellen (oder
so ähnlich), die Hauttransplantate sollen das verbrannte Gewebe
vollständig ersetzen und sich ohne Narben in die "Resthaut"
einfügen (wie gesagt, oder so ähnlich!)
Die Operation
gelingt, die Verletzungen heilen außergewöhnlich gut.
Als Rose nach einem Monat aus dem Koma erwacht, ist sie aber dennoch
eine gänzlich andere. Aus irgendeinem Grund sind die Zellen
ihrer "neuen" Haut mutiert und ihr Körper entwickelt
eine skurrille Abwehrreaktion. In ihrer Achselhöhle wächst
eine Art neues Organ, welches eine Art ausfahrbaren Stachel beherbergt.
Fortan benötigt sie, gleich einem Vampir, zum Überleben
Blut. Ihr Akt des Vampirismus unterscheidet sich zwar vom "klassischen"
solchen, ist aber dennoch ein sinnlicher. Aufgrund der Lage ihres
Stachels muss sie ihre Opfer umarmen, bevor sie sie "stechen"
und ihr Blut saugen (ebenfalls durch den Stachel) kann.
Ihre bedauernswerten
Opfer aber verwandeln sich binnen Stunden in rasende, "tollwütige"
(Rabid ist der englische Name für Tollwut) Bestien, die wiederum
einem gänzlich unerotischem Beißzwang und heftigem Blutdurst
unterlegen sind und die Krankheit somit weiterverbreiten. Nach kurzem
Wüten sterben die Infizierten.
Nachdem Rose
Keloids Klinik in ein Tollhaus verwandelt hat, das von Polizei und
Armee unter Quarantäne gestellt wird, gelingt ihr die Flucht
nach Montreal. Schon bald gleicht die Großstadt einem apokalyptischem
Kriegsgebiet, aus welchem die Armee die Leichen müllwagenweise
heraus karrt, und aus dem ein Entrinnen kaum noch möglich scheint.
Als Hart Rose stellt und sie damit konfrontiert, für das Sterben
verantwortlich zu sein, ist es längst für alle zu spät...
David Cronenberg.
Dieser Name reicht aus, um eine nicht unerhebliche Anzahl von Filmfreunden
vor Ehrfurcht erstarren zu lassen. Er gehört zu der Generation
von Filmemachern, der zum Beispiel George Romero, John Carpenter,
Wes Craven und nicht zuletzt auch David Lynch angehören, lauter
Menschen, die das zu der Zeit recht angestaubte Genre des "phantastischen
Films" (wenn man so will und überhaupt, um es auf den
kleinsten gemeinsamen Nenner zu bringen) in den 70'ern (und knapp
davor) revolutionierten und reichlich arschtraten und freilich einige
der moderneren Genremeisterwerke jener Ära schufen (Dawn
of the Dead, "Eraserhead", "Dark Star",
"Last House on the Left" oder "The Brood", um
nur einige zu listen.) Während allerdings die meisten der genannten
inzwischen etwas älteren und gesetzteren Herren nur noch mediokres
(wenn überhaupt) zuwege bringen (die löbliche Ausnahme
bleibt der überaus geschätzte Lynch, und in Sachen Romero
habe ich die Hoffnung auch noch nicht gänzlich begraben), blieb
Cronenberg stets der konsequenteste (wenn vielleicht auch nicht
der talentierteste) von allen. Seit seinem Debüt "Shivers"
(aka "Parasiten Mörder") thematisiert er auf seine
unnachahmliche Art die verschiedenen Formen der Entfremdung. Entfremdung
des Menschen von sich selber, das Gefühl, im falschen Körper
zu stecken, Entfremdung durch eine bedrohliche Wissenschaft / Technik,
die sich letztlich gegen den Menschen richtet, Entfremdung durch
unvorhergesehene Ereignisse, die nichts mehr sein lassen wie zuvor
und die Protagonisten in ihre private Apokalypse stürzen lassen.
Dies alles zieht sich wie ein roter Faden durch Cronenbergs düsteres
Ouevre, egal ob nun in seinem Frühwerk von "Shivers",
"Rabid" und "The Brood" über "Scanners"
und "Videodrome" bis zu seinen späteren Filmen wie
seiner superben Stephen King Verfilmung " The Dead Zone",
dem verstörenden "Dead Ringers" oder dem radikalen
"Crash". Klar hat auch er ein paar doofe Filme gemacht,
aber das soll heute gar nicht unser Thema sein. Hier geht es um
"Rabid" der unlängst in Deutschland endlich auf DVD
erschien, und zwar unter dem ursprünglichen deutschen Videotitel
"Der Überfall der teuflischen Bestien".
"Rabid"
war Cronenbergs zweiter abendfüllender Film nach "Shivers"
(1975) und von ähnlichem Aufbau in Story und Dramaturgie. Im
Grunde haben wir es mit einer recht simplen SciFi - angehauchten
Monster- / Horrorstory zu tun, die aber eigentlich nur das Konstrukt
zu einer sehr sehr beklemmenden Studie über die menschliche
Gesellschaft bildet, und was aus ihr werden kann, wenn sie sich
bedingt durch eine unvorhersehbare, plötzlich über sie
hereinbrechende Situation von sich selbst entfremdet, um hier wieder
den Faden aufzugreifen. Im Gegensatz zu "Shivers" geriet
"Rabid" aber noch deutlich finsterer und befremdlicher,
auch weil uns Cronenberg hier mit einem Einzelschicksal, nämlich
dem von Rose, die sich der Tragweite ihrer "vampirischen"
Triebe gar nicht klar ist, und in geringerem Maße dem ihres
Boyfriends Hart konfrontiert, die uns wiederum eine gewisse Identifikationsmöglichkeit
bieten. In "Shivers" wirkt alles deutlich anonymer, ausgemachte
Hauptfiguren existieren nicht wirklich.
Die vampirischen
Elemente in "Rabid" spielen im Grunde keine große
Rolle, ebenso wenig die doch eher unbefriedigende Erklärung,
wieso all das überhaupt passiert. Jeder medizinisch in irgendeiner
Form kundige Mensch wird vermutlich die Hände über dem
Haupt zusammenschlagen ob so viel Unsinns, aber hey, dies ist ein
Horrorfilm (na ja, doofes Wort, ich weiß), da muss man einfach
gewisse Spielregeln akzeptieren, denn sonst kann man es ja gleich
vergessen. Die Macher eines Films wie diesem müssen sich ja
auch eigentlich gar nicht in große Erklärungen über
das Warum und Wieso ergehen, denn man vergleiche mal hierzu Romeros
thematisch recht ähnlich angelegten Dawn of the Dead, der allerdings
noch einen ganzen Tacken weitergeht und drastischer geraten ist
als Cronenbergs Film. Auch er bietet keine wirkliche Erklärung
für die Ereignisse, die zum "Weltuntergang", oder
zumindest dem der menschlcihen Rasse führen. Dies würde
die grundsätzliche Kritik des Films nur schmälern. Vielleicht
ginge uns auch ein Gutstück der Gänsehaut flöten,
die von irgendwo tief im Innern anklopft und sagt, wer weiß,
möglicherweise könnte es jeden Tag passieren...
Typisch Cronenberg
ist die symptomatisch verstörend düstere Schlußszene
des Films, die in aller Drastik die Kernaussage zum Tragen bringt,
aber hier nicht verraten werden soll. Nur so viel sei gesagt: Hoffnung
gibt es nicht wirklich...
Cronenberg Fans
sei "Rabid" unbedingt zu empfehlen, zumal der Film ewig
nicht aufgelegt worden ist. RTL hat vor langen, langen Zeiten mal
eine (allerdings für eine TV Ausstrahlung übersichtlich)
gekürzte Version des Films im Nachtprogramm ausgestrahlt (etwa
1991), ansonsten gab es nur den Weg über die virtuellen Auktionshäuser
oder Filmbörsen, um in den Besitz des Streifens zu gelangen.
Der Film ist zwar kein Meisterwerk vom Format "The Brood",
"Videodrome" oder "The Dead Zone" (welcher gemessen
an den beiden anderen zwar beinahe als "Mainstream" angesehen
werden muss, aber ein Maximum an filmischen Möglichkeiten aus
eines der besten Stephen King Bücher herausholte und den genialen
Christopher Walken zu einer Höchstleistung schauspielerischen
Könnens trieb), aber ein Film von Format, der viel von den
späteren Großtaten des Meisters andeutete.
Die subtile
Botschaft des Films ist unbestritten, und auch wenn Romeros Vision
die genialere war. Immerhin schaffte es Cronenberg für ein
Projekt wie dieses Geld vom kanadischen Filmförderungsinstitut
zu bekommen, zudem sieht der Film unglaublich europäisch aus,
obschon er in Kanada entstanden ist. Außerdem war es seinerzeit
noch relativ ungewöhnlich und radikal, die Hauptrolle mit einer
Ex-Pornoaktrice, die Marilyn Chambers, die Darstellerin der Rose,
ja war, zu bestzen - immerhin, Jaaaahre vor Tracy Lords (Der Vampir
aus dem All) !!!
Für all
das und noch viel mehr gebührt David Cronenberg Lob, auch für
viele geniale Szenen in dem Film, zum Beispiel jener, in der infizierte
Bauarbeiter das Auto des Gesundheitsinspektoren mit einem Pressluftmeißel
zu öffnen versuchen und den Fahrer...nun, Ihr könnt es
Euch denken, oder der Szene, in der "Dr. Kelloid" Howard
Ryshpan ziemlich überzeugend irre nach einer Schere verlangt
um seinen Blutdurst zu stillen...
Wie, nur eine
3 trotz all der Lobhudelei?
Ja, aber eine richtig gute, und nur ganz knapp vorbei an einer 4,
und bestimmt ein Film, der irgendwie richtig gut und wichtig und
unbedingt sehenswert ist.
Ein kleines, frühes, beinahe Meisterwerk eines Meisters, der
auf dem Weg und noch nicht ganz angekommen war.
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