Dracula
(OT:
Horror of Dracula)
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Diese
Verfilmung der literarischen Vorlage Bram
Stokers (mit weitreichenden Modifizierungen allerdings) ist
die wahrscheinlich bekannteste und legendärste überhaupt
und setzte den wahren Grundstein für die Ära des Hammer
Horror.
Jonathan Harker ist hier seines Zeichens Vampirforscher und Assistent
van Helsings, er weiß bereits um die Gefährlichkeit des
Grafen als er dessen Schloss aufsucht und beabsichtigt Draculas
Treiben in der Maske eines vermeintlich harmlosen Bibliothekars,
der eine Anstellung im gräflichen Gemäuer sucht, ein Ende
bereiten.
Dracula empfängt ihn, ist aber clever genug, Harkers Pläne
zu durchschauen.
Anders als in den meisten anderen Verfilmungen und im Roman begegnet
Harker hier im folgenden nicht drei Vampirdamen, sondern nur einer
einzigen, die sich dann aber als ebenfalls recht bissig erweist.
Harker gelingt es, die Braut des Untoten zu pfählen, doch dieser
nimmt grausame Rache.
Nach dem Tode Harkers erscheint ein neuer Gegenspieler Draculas
auf der Szenerie: natürlich niemand anderer als der legendäre
Dr. van Helsing. Zunächst überbringt er der Verlobten
Harkers, Lucy, die Todesnachricht, doch auch hier war der anzapfende
Adelige bereits schneller: Lucy kann nicht mehr geholfen werden,
sie wird zum Vampir, van Helsing zum Pfähler.
Nun wendet sich Dracula Mina, der Schwägerin Lucys zu. Zwar
kann mittels Bluttransfusion das Schlimmste verhindert werden, aber
es gelingt dem Blutlüsternen Minas Entführung. Nach halsbrecherischer
Verfolgungsjagd stehen sich van Helsing und Dracula in dessen Schloss
zum finalen Kampf gegenüber.
Obschon Dracula in dieser Verfilmung übermächtig und nahezu
unbesiegbar erscheint, gelingt es van Helsing zum etwas enttäuschenden
Ende den Grafen mittels Sonnenlicht und Kruzifix zu Staub zerlegen,
dies allerdings geriet filmisch sehr effektvoll.
Van Helsing obsiegt über das Böse, Mina ist gerettet.
Nach
dem Erfolg von "Frankensteins Fluch", der ein Jahr zuvor
entstand und bereits erstmalig das famose Horrorquartett Terence
Fisher, Jimmy Sangster, Christopher
Lee und Peter
Cushing vereinte, war der Stein ins Rollen gebracht, der mit
"Dracula" (bzw. "Horror of Dracula", so der
weltweit bekanntere amerikanische Titel des Films) zu einer wahren
Lawine für die Hammer-Studios
aus dem UK wurde.
Fishers / Sangesters Auslegung des Stoffes darf man wohl als eine
der ersten modernen filmischen Adaptionen des klassischen Vampirmotivs
bezeichnen, und man darf getrost "Horror of Dracula" als
wegweisend für den Horrorfilm im Allgemeinen und das Vampirfilmgenre
im speziellen bezeichnen, quasi als den Beginn einer neuen Epoche.
Anders als in den alten Universal-Filmen, in dem sich ein Großteil
des Schreckens noch in den Köpfen der Zuschauer abspielen musste,
ging man bei Hammer in der
Darstellung des Grauens ganz anders zu Werke: die Kamera hielt drauf,
wenn der Unhold seine Fangzähne in weiße Damenhälse
bohrte oder am Ende gruselig zu Staub zerfiel.
So was hatte man damals noch nicht gesehen! Und dann plötzlich
noch in Farbe!!
Man muss sich das mal vorstellen, den meisten Zuschauern waren zuvor
nur die alten Schwarzweiß-Schauerfilme amerikanischer Art
bekannt, plötzlich floss das Blut in sattestem rot. Bei konservativen
Kritikern und kirchlichen Filmdiensten führte dieser Umstand
weiland zu großem Tohuwabohu, zumal auch die erotischen Anspielungen
des Films unmissverständlich sind. Man warf Fisher und der
Firma Hammer Effekthascherei vor, man wolle dem Publikum mit billigsten
Mitteln das Geld aus der Tasche locken, so war der einhellige Tenor.
Doch das Publikum liebte diesen Film und pilgerte in Scharen in
die Kinos um sich zu gruseln und von Christopher
Lee in der Hauptrolle faszinieren zu lassen.
Und überhaupt,
Christopher Lee. Mit einem Schlage wurde dieser weltberühmt!
Sein Gesicht wurde zu dem Draculas, seine Verkörperung des
Blutfürsten löste den theatralischen Lugosi in den Köpfen
der Fans ab. Lee war auch die Idealbesetzung Draculas, ein charmanter,
intelligenter und sehr grausamen Verführer, einerseits aristokratisch
elegant, andererseits auch brutal und durchaus mit einer Aura von
unerklärlicher Bedrohung behaftet. Seine enorme Größe
und seine athletische Statur verliehen ihm stets etwas übermenschliches.
Wenn man sich mit ihm anlegt, wird es gefährlich, dies schien
man förmlich zu spüren. Somit blieb Lee stets der beeindruckendste
Dracula von allen, den Fans sowieso. Daran konnten auch teils famose
Dracula-Darsteller in späteren Filmen wie Frank Langella oder
Gary Oldman nicht viel ändern.
Peter
Cushing, Draculas großer Antagonist van Helsing, ging
ebenfalls als untrennbar mit dieser Rolle verbunden in die Filmgeschichte
ein. Seine asketische, etwas snobistische und zweifellos sehr britische
Darstellung der Figur setzte Maßstäbe. Auch wenn sowohl
Dracula wie van Helsing im Roman eigentlich anders bis völlig
anders geschildert wurden wie von den beiden großen Mimen
interpretiert, so wollten die Fans fortan Monster wie Monsterjäger
genau so haben, wie Hammer
sie ihnen präsentierte.
Regisseur Fisher hatte erstmalig die filmischen, wenn auch nicht
im gewünschten Umfang die finanziellen Mittel, die Höhepunkte
des Romans entsprechend umzusetzen.
Die sorgfältige viktorianische Ausstattung des Films, die hervorragenden
Kostüme - obschon Lee seines gehasst haben soll, er glaubte
einfach nicht, dass ein in den Karpaten lebender Adeliger wie eine
Operettengestalt in Frack und Rock ausstaffiert durch sein Spukschloss
stolziert - die wunderbaren gotischen Kulissen, all das macht den
Streifen zu einem düster-farbenprächtigen modernen Genreklassiker,
der freilich aus heutiger Sicht letztlich recht harmlos und naiv
wirkt, aber einfach schön und stimmungsvoll anzuschauen ist.
Dennoch finden sich, wie erwähnt, bedeutende Abweichungen von
der eigentlichen Geschichte, die wir jetzt aber im einzelnen nicht
noch einmal wiedergeben wollen, lediglich dem Ende wollen wir uns
noch einmal etwas ausführlicher widmen.
Die gekreuzten Kerzenständer, mit denen van Helsing Dracula
in der Schlussszene in Schach hält, eine Idee übrigens,
die Cushing einbrachte und Lee überhaupt nicht gemocht haben
soll (er ist ein großer Freund von Stokers Roman), wirken
doch etwas lächerlich. Schreckten Vampire zuvor lediglich vor
heiligen Gegenständen wie Kruzifixen zurück, müssen
sie sich nun auch vor Kreuzen anderer Art fürchten? Fensterkreuze
oder so? Na ja...
Dass Sonnenlicht Vampire zu töten vermag ist ein Element, das
Drehbuchautor Sangster sich bei Murnaus Nosferatu
von 1922 auslieh. Im Volksglauben ist es den Blutsaugern durchaus
möglich, bei Tageslicht herumzuwandern, auch in Stokers
Roman unterliegt Dracula nicht dieser Einschränkung und
kommt sowieso ganz anders um, aber sei's drum, Lee zerfiel halt
zu Staub!
Es sollte unseren guten Grafen (und die Hammer-Produktionsgesellschaft
sowie Christopher
Lee) allerdings in den nächsten beinahe 20 Jahren keinesfalls
davon abhalten, immer wieder auf mal originelle als meistens doch
eher dämliche Art ins untote Dasein zurückzukehren um
am Ende eines jeden Films auf gleichsam originelle bis dämliche
Weise wieder aus selbigem zu scheiden.
Nun ja, die Drehbücher wurden schlechter, die Filme zusehends
gewalttätiger, an Qualität und Niveau des Originals konnten
die allerwenigsten Hammer-Grusler
heranreichen, einige Ausnahemen bestätigen aber dennoch die
Regel.
Das Fazit bleibt: Lees Darstellung des Grafen Dracula blieb auf
seine Art unerreicht, wahrscheinlich war er der charismatischste
Darsteller der Figur überhaupt, und an diesem Film mussten
sich alle nachfolgenden Dracula-Filme messen lassen. Ok, mindestens
einer überragte ihn, aber das ist eine andere Geschichte.
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