Der
Dämon mit den blutigen Händen
(OT: Blood
of the Vampire)
AKA: Le Sang
du vampire, La sangre del vampiro, Il Sangue del Vampiro
Im
Jahr 1876 wird ein Arzt, der mit Blutübertragung experimentiert,
zum Tode verurteilt. Es gelingt ihm noch ein Mittel zu entdecken,
welche Tote ins Leben zurück holt. In der Nacht der Hinrichtung
macht sich sein alter Diener Carl an das Werk der Wiedererweckung.
Unter dem Namen Dr. Callistratus ist der von den Toten auferstandene
Arzt vier Jahre später Direktor eines Gefängnisses für
gemeingefährliche Irre, an denen er seine Forschungen fortführt.
Osteuropa
1874. Der junge Arzt Dr. John Pierre wird wegen medizinischer Fehler
und fahrlässiger Tötung zu einer Haftstrafe verurteilt,
ist aber unschuldig. Doch offfensichtlich wurden Beweise gefälscht,
so wird Pierre in ein finsteres Gefängnis für kriminelle
Geisteskranke gesperrt, das in den zerklüfteten Bergklippen
der Karpaten liegt und von wilden Bluthunden bewacht wird. Leiter
der Anstalt ist der schurkische Dr. Callistratus, der mit Hilfe
seines buckligen Dieners Carl geheime medizinische Experimente an
seinen Gefangenen durchführt. Er sucht nach dem Patentrezept
für Bluttransfusionen. Da Dr. Pierre sich mit ganz ähnlichen
Forschungen beschäftigt hatte, ernennt Callistratus den neuen
Häftling zu seinem Assistenten. Pierre willigt zunächst
ein, doch schon bald stößt er auf allerlei Merkwürdigkeiten,
die ihn stutzig werden lassen. Hielt er Callistratus zunächst
noch für einen seriösen Forscher, so kommen ihm langsam
Zweifel an der noblen Fassade des Mediziners.
Dieweil haben
Pierres Verlobte Madeleine und sein Mentor das Verfahren gegen ihn
wieder aufgerollt und können seine Unschuld beweisen, das Urteil
wird revidiert. Calistratus verschweigt dies allerdings Pierre gegenüber
und schmiedet erneut finstere Ränke. Da Pierre sich der Hoffnungslosigkeit
seiner Lage bewusst wird, beschließt er mit dem Mithäftling
Kurt Urach, mit dem er Freundschaft geschlossen hat, aus der Anstalt
zu fliehen. Urach und Pierre ahnen nicht, dass Calistratus ihren
Fluchtversuch bereits reichlich manipulativ vorbereitet hat. Sie
werden entdeckt, Urach stirbt, er wird von den Hunden zerfetzt.
Callistratus verbreitet die Nachricht, sowohl Urach wie Pierre seien
bei einem Fluchtversuch ums Leben gekommen. Nun scheint Pierre vollkommen
der Willkür Callistratus ausgeliefert.
Madeleine indes
glaubt nicht an John Pierres Tod und bewirbt sich als neue Haushälterin
bei Callistratus, der sie auch prompt einstellt. Sie entdeckt Pierre,
diesem gelingt es auf gefahrvollem Wege, mit ihr zu sprechen, nun
weiß er, wie es um ihn steht.
Madeleine wird von dem korrupten Juristen Auron erkannt und an Calistratus
verraten, dieser zerrt sie in sein Labor, es droht nun echtes Ungemach!
Da eilt Pierre zur Rettung herbei. Es stellt sich heraus, das Callistratus
bereits einmal tot war, verurteilt zum Tode und mit einem Holzpflock
durchbohrt, weil er in den Augen der abergläubischen Bevölkerung
aufgrund seiner Blutforschungen für einen Vampir gehalten wurde.
Carl, Callistratus Diener, stahl seinerzeit die Leiche vom Friedhof
und mit Hilfe eines bestochenen Arztes konnte Callistratus Dank
einer auf menschlichem Blut basierenden Tinktur reanimiert werden.
Dummerweise benötigt er fortan regelmäßig frisches
Blut, da sein eigenerer Saft sich permanent zersetzt - der Preis
für sein unnatürlich verlängertes Leben - und nun
begehrt er Madeleines Blut.
Als sich aber
Callistratus erneut als Sieger wähnt, wendet sich plötzlich
der buckelige Carl, inzwischen in Liebe zu Madeleine entflammt,
gegen seinen Meister. Callistratus kann Carl zwar ausschalten, fällt
aber letztlich seinen eigenen Bluthunden zum Opfer.
Pierre und Madeleine sind endlich frei, der Alptraum ist vorüber.
.
"Der
Dämon mit den blutigen Händen" oder "Blood of
the Vampire", so ja der Originaltitel, ist nicht nur einer
der originellsten Hammer
Horror Filme, er ist auch der überraschendsten und ungewöhnlichsten
einer dieser legendären Epoche und beweist einmal mehr, das
die frühen Werke der britischen Gruselschmiede eindeutig die
besseren, kreativeren und atmosphärerischen waren, von einigen
Ausnahmen der späteren Filme wie beispielsweise Gruft
der Vampire, Nur Vampire küssen
blutig oder Die 7 goldenen
Vampire einmal abgesehen.Was aber macht den Film so gut?
Zum einen haben
wir hier Jimmy Sangsters hervorragendes Skript. Sangster war einfach
der Meisterautor Hammers und an fast allen herausragenden Filmen
der Firma beteiligt. Er erfand hier eine Art medizinischen Vampir,
der das Blut auf pathologische Art zum Überleben braucht, ein
völlig neuer Typus seiner Spezies. Der sinistre Dr. Callistratus
geht nicht mit spitzen Schneidezähnen zu Werke, um an die rote
Grütze seiner Opfer zu kommen, sondern rein wissenschaftlich
mit allerlei ärztlichen Gerätschaften wie Kanüle
und Tropf. Somit wird der Film in die Nähe des Mad Scientist
Movies gestellt, die ja theoretisch eigentlich dem Science Fiction
Genre zuzuordnen wären. Man könnte jetzt sagen, gleiches
träfe auf Frankenstein zu, auch hier versucht sich ein zusehends
derangierter Forscher an der Schöpfung, was sicher richtig
ist, aber das ist jetzt einfach mal nicht unsere Baustelle, will
sagen, zu wenig Vampire in Frankenstein, ob nun klassischer Gothic
Horror oder nicht, aber das greift abermals ein perfektes Stichwort
auf: Gothic Horror.
Kein Film aus
der Hammerküche war jemals so nah am amerikanischen Vorbild
der klassischen düsteren Universalära der dreißiger
und vierziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts wie der vorliegende
Titel. Oftmals wird der Film sogar für ein Universalwerk gehalten,
was sicherlich nicht nur an der offensichtlichen Ähnlichkeit
Donald Wolfits, der den Erzschurken Callistratus spielt, mit dem
großen Bela
Lugosi liegen wird, einer Rolle übrigens, die dem legendären
Draculadarsteller sicher sehr gut zu Gesicht gestanden hätte.
Zwar erkennen wir hier eine ganze Menge Ingredienzien aus dem typischen
Hammersuppentopf, von der tollen viktorianischen Ausstattung des
Films über die Eröffnungsszene, in der direkt ein (vermeintlicher?)
Vampir gepfählt wird, bis hin zu den nahezu obligatorischen
Gasthausszenen (die man schon als beinahe "klassisch"
Jimmy Sangster bezeichnen könnte) und dem "gefährdeten
Dekolleté Barbara Shelleys", wie David Pirie so schön
in seinem Buch "Vampir Filmkult" schrieb, doch die Grundstimmung
erinnert ganz klar an die prächtigen alten amerikanischen Filme.
Da bei Universal ja auch stets eine gewisse expressionistische Ausrichtung
nachvollziehbar war, die durch das Mitwirken von Leuten wie dem
Regisseur und Kameramann Karl Freund begünstigt wurde, der
ja bereits in der goldenen Ära des frühen deutschen Films
aktiv war, kommt auch die bei Henry Cass Film nicht zu knapp.
Expressionismus
verstand sich ja als Gegenbewegung zum Realismus, d. h. Kulissen
wurden nicht wirklich als solche getarnt, Make-ups waren bewusst
übertrieben dargestellt und die Schauspieler agierten oft sehr
theatralisch, und genau diese Umstände kann man bei den "...blutigen
Händen" sehr genau erkennen. Gewollt oder nicht, in meinen
Augen verbeugte sich Regisseur Cass, ein Mann, über den wir
ehrlich gesagt überhaupt nichts wissen und der auch nicht zu
den Größen im festen Gefüge Hammers
gehörte - eigentlich war ja Terence
Fisher der Chefinszenierer jener Jahre - vor Filmen wie dem
"Caligari" oder Murnaus Nosferatu,
aber auch vor Tod
Browning, James Whale und den Gothics a la "Die Mumie"
oder Das Zeichen des Vampirs.
Das absolut
einzige, das man jetzt noch kritisieren kann und das leichte Abzüge
in der Gesamtwertung mit sich bringen muss, ist das die Inszenierung
bei aller Sorgfalt etwas behäbig geriet, soll heißen,
dem Film fehlt es mitunter einfach etwas an Rasanz - es thrillt
halt nicht allzu oft! Das heißt nicht, das "Der Dämon..."
unspannend wäre, denn gelegentlich rockt der Film sogar ungemein,
speziell zum Schluss hin, trotzdem wirkt das alles manchmal etwas
sehr altbacken. Ich weiß, ich weiß, wir weisen sehr
häufig darauf hin, gerade diese Element ja eigentlich zu schätzen,
aber da gibt es Unterschiede, hier möchte man manchmal das
Wort "trutschig" verwenden.
Dies sollte
dennoch niemanden davon abhalten, sich diese relativ unbekannte
Hammerperle zu besorgen,
denn es lohnt in jedem Fall.
"Der Dämon mit den blutigen Händen" ist ein
(fast vergessener) Meilenstein der Ära Hammer,
der Brücken schlägt zwischen der Vergangenheit des phantastischen
Films und seiner Gegenwart, die auf die eine oder andere Weise je
bereits auch wieder überholt zu sein scheint, doch ein klasse
Film bleibt für immer ein klasse Film.
|