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Klaus Kinski

Klaus Kinski. Mein Gott, was fällt einem zu diesem Namen nicht alles ein. Bereits zu Lebzeiten war dieser Mann eine Legende, berühmt und noch mehr berüchtigt wie kaum ein zweiter in seinem Gewerbe, gefürchtet und gehasst von Produzenten und Regisseuren, die nicht mit ihm konnten, bewundert von denen, die sich auf ihn einließen. Langweilig war er nie!

Er war mehr als drei Jahrzehnte lang der Oberweirdo des europäischen Films, das Enfant Terrible per excellence. Wo immer er war, stets begleiteten Skandale, Exzesse, wilde Prügeleien und Pöbelein seinen Weg. Legendär sind seine zahlreichen Auftritte in Talkshows, wo er doch stets nur die Rolle gab, die man ihm abverlangte.

Doch hinter all dem stand auch ein sehr feinsinniger, sensibler und lebenshungriger Mensch, ein überaus intelligenter und ehrlicher Zeitgenosse und letztlich natürlich ein genialer Schauspieler.

Kinski wird in bitterster Armut am 18.10.1926 als Nikolaus Günther Karl Nakzszyski in Zoppot bei Danzig geboren. Sein Vater, den er sehr bewundert, (er hat die Güte von Jesus Christus, sagt er später über ihn) ist ein unbedeutender Opernsänger. Als Klaus vier Jahre alt ist, zieht die Familie nach Berlin. Um sie über Wasser zu halten, stiehlt der junge Klaus den Unterhalt zusammen, so landet er schon früh in einem Erziehungsheim.

Seine ersten Schauspielerfahrungen macht er mit 19 in einem britischen Kriegsgefangenenlager. Wieder in Freiheit bekommt er 1946 sein erstes Theaterengagement am Schlossparktheater Steglitz in Berlin, wo er in dem Gerhard Hauptmann Stück "Die Ratten" spielt.
In den Fünfzigern spielt Kinski hauptssächlich Theater, dreht aber auch vereinzelte Filme und spricht in zahlreichen Hörspielen für Rundfunk und Plattenaufnahmen.
Das Jahr 1960 soll zum Schicksalsjahr für Klaus Kinski werden: er absolviert die erste seiner legendären Rezitationstourneen, in denen seine Auftritte so oft zu Eklats geraten, und er spielt erstmals in einem Film der Edgar Wallace Reihe, "Der Rächer", den Psycho vom Dienst, eine Rolle, die sein Leben lang an ihm haften bleiben soll.
Von nun an dreht Kinski Film um Film, manchmal mehrere gleichzeitig. Was er da gerade dreht, ist ihm meistens egal, Hauptsache die Kohle stimmt. Von 1965 an lebt er in Rom in einer riesigen alten Villa, die zu unterhalten ihn jeden Monat mehr als 70.000 Lira kostete (heute sagt man wohl ca. 3500 Euro.)
"Es gibt keine Grenzen oder Maßstäbe", sagt er einmal, "Nur Extreme!" Und die lebt er.

1969 trifft er die Frau, die sein Leben (zumindest vorläufig) verändert, die Vietnamesin Genevièvie Minhoi. Er lässt sich von seiner Frau Ruth Tocki, seiner zweiten Ehefrau bereits (aus dieser Verbindung ging seine Tochter Nastassja Kinski, ebenfalls eine berühmte Schauspielerin, hervor, in erster Ehe war er von 1952 bis 1955 mit Gislinde Kühlbeck { nein, nicht Kübelböck!} verheiratet, mit ihr hat er die Tochter Pola, auch eine Schauspielerin). Er heiratet Geneviève, siedelt mit ihr nach Paris über und versucht seine Vergangenheit hinter sich zu lassen. Als 1976 der Sohn Nanhoe Nikolai, der heute auch als Schauspieler arbeitet, geboren wird, scheint das Familienidyll perfekt, doch Kinski langweilt sich, es treibt ihn wieder in die Extreme. Die Scheidung folgt 1979.
1980 zieht Kinski, den es inzwischen mehr und mehr nach Isolation verlangt, nach Kalifornien.

Obschon Kinski bereits in den 60'ern einige große Filme mit namhaften Regisseuren dreht, u. a. spielt er in David Leans "Dr. Schiwago", in Sergio Leones "Für ein paar Dollar mehr" und in Sergio Corbuccis genialem Tiefschnee-Western "Leichen pflastern seinen Weg", ist für seine Rollenauswahl nicht die Qualität einer Produktion entscheidend - wie gesagt, Hauptsache die Kohle stimmt! Ein Angebot vom großen Frederico Fellini, dessen Gagenvorstellungen er für eine Unverschämtheit hielt, soll er mal mit den Worten "Lass dich doch in den Arsch fi.." abgelehnt haben.

Seine schauspielerisch fruchtbarste Epoche hatte er eindeutig in den Jahren, als er mit Werner Herzog arbeitete und mit ihm Filme wie "Cobra Verde", "Fitzcarraldo" und natürlich Nosferatu - Phantom der Nacht drehte. Obschon er selber befand, er sei gut beraten wenn er künftig nur noch mit Herzog arbeiten würde, hatte er für diesen als Menschen nur Verachtung übrig und bezeichnete ihn mehrfach als feigen Sadisten, als bösartigen, geizigen, gierigen und gehässigen Menschen, der durch und durch verlogen sei. Die Streitigkeiten der beiden extremen Charaktere am Filmset sind inzwischen beinahe zum Mythos verklärt worden. Lässt man Kinski gewähren und akzeptiert seine Arbeitsweise, so arbeitet er diszipliniert, schnell und mit großem Einsatz. Mit Leuten wie Jess Franco (mit dem er unter anderem auch Nachts, wenn Dracula erwacht dreht) oder Antonio Margheriti (siehe Dracula im Schloß des Scheckens) hat er prinzipiell eher wenig Probleme.

Woyzek
1979
Fitzcerraldo
1982

Mitte der Achtziger, Kinski hat inzwischen lange "die Schnauze voll" und ist "angekotzt" vom verlogenen Kulturbetrieb, sieht er erstmals die Chance, sein eigenes Filmprojekt realisieren zu können, seine Vision über den berühmten Geiger Paganini, dem er sich verbunden fühlt. Drehbuch, Regie und Hauptrolle will er in Perdonalunion übernehmen.
Die beiden italienischen Produzenten Augusto Caminito und Alberto Alfieri, die einen etwas dubiosen Ruf besitzen, nehmen sich des Projektes an, zwingen ihn allerdings zuvor noch, die Hauptrolle in dem grottigen Nosferatu in Venedig zu übernehmen. Kinski ist so besessen von seinem Projekt, dass er zwar mitzieht, gebärdet sich aber am Set dermaßen, dass Caminito, der mit dem Film sein Regiedebut geben wollte, den Regiestuhl entnervt an Luigi Cozzi weitergibt, der mit Kinski keine Probleme hat.
Schließlich darf Klaus seinen "Paganini" endlich fertig stellen. Am 17.12.1989 wird er in Paris uraufgeführt, doch die Produzenten sind untereinander und mit Kinski sowieso inzwischen dermaßen zerstritten, dass der Film aus dem Vertrieb genommen wird. Kinski muss um eine Kopie des Films regelrecht kämpfen, das Werk als solches verschwindet in der Versenkung. Kinski ist endgültig verbittert.

Am 23.11.1991 stirbt Klaus Kinski in seinem Haus in Lagunitas, Kalifornien. Die Todesursache lautet ganz unspektakulär Herzversagen. Große Schlagzeilen lassen sich daraus nicht mehr ableiten, es folgt ein kurzer Nachruf, das Enfant Terrible ist tot.
Die Mehrzahl der Menschen hielten ihn für einen Freak, einen über den man lacht, wenn er seine Ideale von Ehrlichkeit und Respekt preisgibt. Lieber sahen sie ihn pöbeln. Verstanden haben ihn die wenigsten, und ebenso haben die wenigsten verstanden, dass mit Kinski einer der genialsten deutschen Schauspieler, eine Kultfigur von Weltruf zu Grabe getragen wurde. Die Akzeptanz, die er zu Lebzeiten verdient hätte, erfuhr er eigentlich erst posthum, doch letztlich, Klaus Kinski wäre es egal gewesen.


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