Nosferatu-
Phantom der Nacht
BRD/Frankreich,
1978, Farbe, 108 min |
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|
Regie |
Werner
Herzog |
Drehbuch |
Werner
Herzog |
Vorlage |
Bram
Stoker/Friedrich Wilhelm Murnau |
Kamera |
Jörg
Schmidt-Reitwein |
Musik |
Popul
Vuh (Florian Fricke)/Richard Wagner/
Charles Gounod/Vok Ansambl Gordela |
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|
Klaus
Kinski |
Graf
Dracula |
Isabelle
Adjani |
Lucy
Harker |
Bruno
Ganz |
Jonathan
Harker |
Jaques
Dufilho |
Kapitän |
Roland
Topor |
Renfield |
Walter
Ladengast |
Dr.
van Helsing |
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Nosferatu
- eine Symphonie des Grauens
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Der
ehrgeizige Makler Jonathan Harker (in Murnaus Original
von 1922 heißt die Figur Thomas Hutter) bekommt von seinem
Chef Rendfield den Auftrag sich nach Transsylvanien zu begeben.
Dort lebe ein gewisser Graf Dracula (im Original heißt dieser
Orlock), der gewillt sei, in Harkers Heimatstadt Wismar ein Haus
zu erwerben. Harker soll die Formalitäten vor Ort erledigen,
noch am gleichen Tag müsse er aufbrechen, so Rendfield. Harker,
der in dem Unternehmen eine große Chance für seine berufliche
Zukunft sieht, willigt gegen den Willen seiner Frau Lucy (im Original
Ellen) ein und macht sich alsbald auf die beschwerliche Reise. Nach
einem Ritt von vier Wochen erreicht er sein Ziel am Borgopass.
Als die Einheimischen
erfahren, wohin ihn seine gefährliche Reise bringen soll, nämlich
auf das Schloss des berüchtigten Grafen, versuchen sie den
jungen Fremden von seinem Vorhaben abzubringen und ihn zu warnen,
doch Harker, ganz pflichtbewusster, aufgeklärter Westeuropäer,
denkt gar nicht daran seine Absichten zu ändern. Als ihm sowohl
Fuhrwerk wie Pferd verweigert werden, macht er sich per Pedes auf
den Weg zu dem finsteren, ruinenähnlichen Schloss Draculas.
Um Mitternacht nimmt ihn eine schwarze Kutsche auf und bringt ihn
zum Gemäuer, welches plötzlich gar nicht mehr so unheimlich
und verfallen erscheint. Überhaupt scheint Harker sich in einer
anderen Welt zu befinden seit die Kutsche den Borgopass hinter sich
ließ, doch viel Zeit zum Grübeln bleibt dem Makler nicht,
denn schon stellt sich ihm ein seltsamer, gleichermaßen beeindruckender
wie beängstigender Mann als Graf Dracula vor.
Bei den Vertragsverhandlungen
erhascht der Graf zufällig einen Blick auf Harkers Medaillon,
welches ein Bild von seiner schönen Frau Lucy enthält.
Sofort willigt der Graf in den Kaufvertrag ein, die Summe sei ihm
völlig egal, Harker möchte jedweden Preis eintragen, den
er für angemessen hielte, er werde zahlen. Noch in der nämlichen
Nacht macht Harker Bekanntschaft mit den Beißwerkzeugen des
Grafen.
Als er am nächsten
Morgen erwacht, entdeckt er die Gruft Draculas. Nun gibt es keinen
Zweifel mehr, der Graf ist tatsächlich ein Untoter, ein Nosferatu.
Am Abend beobachtet Harker, wie der Unheimliche ein Fuhrwerk mit
schwarzen Särgen belädt. In den letzten legt er sich selbst,
die Pferde gallopieren los. Harker ist klar, wenn er Lucy retten
will, muss er aus dem Schloss fliehen und sich nach Wismar durchschlagen.
Wenige Wochen
später läuft in den Kanälen der alten Hansestadt
ein Totenschiff ein. Kein einziger Überlebender befindet sich
an Bord, nur schwarze Särge, welche mit Erde befüllt sind.
Als die Bürger das Schiff untersuchen stoßen sie auf
Unmengen von Ratten, die nun an Land kommen. Als der Wissenschaftler
van Helsing den Leichnam des Kapitäns untersucht, schließt
er als Todesursache eine furchtbare Diagnose nicht aus: die Pest!!
Nun bricht das große Sterben in Wismar aus. Je weiter das
Heer der Ratten anwächst, desto mehr Särge tragen die
braven Bürger aus ihren Häusern. Als schließlich
die Überlebenden resigniert haben und sich einem morbiden Totentanz
hingeben, erreicht der inzwischen völlig derangierte Jonathan
Harker seine Heimatstadt. Er erkennt nicht einmal mehr seine Frau
Lucy, doch in seinem Gepäck führt er ein Buch über
Vampirismus mit sich, welches ihm dereinst die Dorfbewohner in Transsylvanien
mahnend vermacht hatten.
Endlich sieht
Lucy klar, ein Nosferatu geht in Wismar um. Wird dieser vernichtet,
kann sowohl die Stadt wie der geliebte Jonathan gerettet werden.
Sie wendet sich an den väterlichen Freund van Helsing, doch
der mag als rationaler Anhänger der Logik des fortschrittlichen
19. Jahrhunderts nicht an "Ammenmärchen" von lebenden
Toten glauben und sucht nach "vernünftigen" Erklärungen.
Lucy beschließt
sich für das hohe Ziel zu opfern. Sie lockt den Vampir zu sich
und bringt ihn dazu, den Tagesanbruch zu übersehen, da verbrennt
ihn das Licht der Sonne. Als van Helsing die Leichen Draculas und
Lucy Harkers entdeckt, schwant ihm endlich, wie fehl er ging und
pfählt Draculas Leiche. Jonathan Harker, inzwischen selber
zum Vampir mutiert, ruft die Polizei herbei und lässt van Helsing
als vermeintlichen Mörder des Grafen Dracula Mörder verhaften.
Er lässt sich ein Pferd bringen und reitet in die Nacht hinaus,
eine Nacht, die nun einen neuen Herrscher hat!
Lucys Opfer
war vergebens...
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Anlässlich
der letzten Ausstrahlung von "Nosferatu - Phantom der Nacht"
als Bestandteil der Werner Herzog Filmreihe auf VOX und angedenk
der Tatsache, dass der Herzog Nosferatu einer der ersten Filme überhaupt
waren, die seinerzeit in den Kindertagen der Vampireworld von uns
rezensiert wurden, und zwar in einer Form, die der Bedeutung des
Films nicht wirklich gerecht wurde, wohlgemerkt, der Bedeutung,
nicht aber der Bewertung als solcher (natürlich spiegelt dies
nur die bescheidene Meinung der Macher dieser unserer Seiten wieder),
war ein Update diesbezüglich lange überfällig und
soll also, um dieses Satzmonster endlich zu Ende zu bringen und
noch einmal auf den Anfang zu verweisen, also anlässlich Sendung
auf VOX und so, hier nun endlich getätigt werden. Püh,
klassisches Beispiel für langer Rede, gar kein Sinn, das...
Dass ein Remake
von einem Meilenstein des phantastischen Films wie Friedrich Willhelm
Murnaus Nosferatu - Eine Symphonie
des Grauens nicht mal eben aus dem Boden gestampft wird, ist
klar, und war seinerzeit sogar dem nicht eben uneitlen Werner Herzog
schlüssig, denn "Wenn der Kinski das nicht gemacht hätte,
dann hätte ich den Film nicht gedreht!", so wird Herzog
zitiert. Er machte also das gesamte Projekt davon abhängig,
ob Klaus
Kinski die Rolle des Untoten übernehmen würde, und
das, obschon Herzog und Kinski am Set ihrer ersten gemeinsamen Kollaboration
"Aguirre - Der Zorn Gottes" legendäre künstlerische
wie egomanische Grabenkämpfe ausgefochten hatten. Doch bei
den Arbeiten zu "Nosferatu" soll der schwierige Klaus
lammfromm und ungemein diszipliniert gewesen sein. Der Regisseur
bezeichnete seinen schwierigen Star als "lieb" und "handzahm",
Kinski lobte seinen Regisseur als "einziges Genie, mit dem
ich je zusammen gearbeitet habe".
Natürlich
lebt der Film zu einem Großteil von Kinski, seiner Ausstrahlung
und seiner Schauspielkunst. Vermutlich kann man sich auch keinen
anderen Schauspieler seiner Zeit für eine Rolle diesen Kalibers
vorstellen. Dennoch ist der Bekanntheitsgrad des Weirdos aber auch
eine der großen Schwächen des Films, denn wo seinerzeit
bei Murnau Max Schreck als großer Unbekannter in unheimlicher
(und bis heute unerreichter) Maske quasi als das Mysterium selbst
auftrumpfen konnte und bis in unsere Zeit noch immer für Gerüchte
und Legenden gut ist (ein Garn, aus dem Elias Merhige 2000 ja den
augenzwinkernden und sehr guten Shadow
of the Vampire sponn), da war mit einem Weltstar wie Kinski
höchstens Legendenbildung anderer Art möglich. Der unheimlichen
Atmosphäre, die das Original versprüht, tat dies bei Herzog
nichts hinzu, vielmehr enttäuschten er und Kinski auf dieser
Ebene sogar.
Die anderen
Darsteller, und das ist immerhin eine gestandene Riege an Stars
wie Isabell Adjani, Bruno Ganz oder Trashfilmikone Dan van Husen,
überzeugen nicht immer bis gar nicht. Gerade der ansonsten
auch vom Rezensenten überaus geschätzte Ganz (da würde
ich sogar eine Floskel wie "im Prinzip einer der Lieblingsschauspieler"
ins Feld führen) missfällt als Jonathan Harker. Zwar ist
dieser Harker ja anders angelegt als der Romanheld von Bram
Stoker, doch auch dem Vorbild des Thomas Hutter, seinerzeit
brillant dargestellt von einem jugendlichen Gustav von Wangenfeld,
entspricht Ganz Performance nicht. Er wirkt zu alt, seine Darstellung
wie eine Pflichtübung. Auch seine Chemie zu Isabelle Adjani
stimmt nicht. Die Adjani ihrerseits macht ihre Sache so schlecht
gar nicht mal, geht aber unter dem völlig überzogenen
Stummfilm Make up zu oft verloren. Ihre leider nur zwei gemeinsamen
Szenen mit Kinski sind dann aber durchaus nicht von schlechten Eltern
und gehören zu den Highlights des Streifens.
Doch die tatsächliche
Schwäche des Films liegt an anderer Stelle: Herzog traute sich
einfach zu viel zu und lieferte am Ende einen Film ab, der an seiner
vermeintlichen Vielschichtigkeit, an seinem latenten Hang zu einer
Größe, die manchmal bedenklich erscheint (dem Rezensenten
zumindest) am eigenen Dampf erstickt. Allein schon die TamTam Musik
von Florian "Popol Vuh" Fricke, die einstweilen zwischen
süßem Gesäusel und "Vae Solis" - dem Soundtrack
zum Weltende - schwankt und zu der sich dann die Klänge von
Richard Wagners "Rheingold" gesellen, gepaart mit Bildern
der "transsylvanischen" Bergwelt tun sich da durchaus
Erinnerungen an die Filme Leni Riefenstahls auf, Sorry... Obschon
Madame ja zweifelsohne eine große Könnerin der Kamera
war, allein aus rein ästhetischer Sicht hat sie hervorragende
Filme fabriziert, aber mein Gott, das ist fürwahr ein anderes
Thema und mag ja jetzt auch aus eben jener ästhetischen Sicht
zunächst auf der Habenseite für den Herzog Nosferatu verbucht
werden können, was dann allerdings völlig an den Nerven
sägt ist das doch etwas arg oberlehrerhafte 70'er Jahre Autorenfilmflair,
welches der Film leider haufenweise verbreitet.
Zudem ging Herzog
manchmal ziemlich unentschlossen zu Werke, hatte er doch gleich
mehrfach betont, das ihm die romantische Epoche eigentlich nicht
besonders liegen würde, so bedient er sich dennoch zuhauf in
ihrer Symbolik, präsentiert Bilder, die zweifelsfrei gewaltig
und großartig von dem genialen Kameramann Jörg Schmidt-Reitwein
eingefangen worden sind und direkt von den Gemälden eines Caspar
David Friedrich (zum Beispiel) inspiriert zu sein scheinen (oder
eben doch von Riefenstahl?), ausgerechnet Wagners megalomanische
Musik verwendet und mal ganz abgesehen davon natürlich auch
grundsätzlich eben ein klassisches (spät)romantisches
Schauermärchen bearbeitet, dafür aber leider oft zu wenig
"gotische" Elemente zu bieten hat.
Ferner kann
ich bei Herzog den innovativen Ansatz Murnaus nicht erkennen, der
ja seinerzeit eigentlich schon wieder recht starre Konventionen
aufbrach, indem er tatsächlich an Originalschauplätzen
drehte, aber dennoch nicht seinen expressionistischen Ansatz aufgab.
Stattdessen liefert Herzog einen morbiden Mummenschanz ab, der versucht,
das Genre des Phantastischen auszuschlachten ohne tatsächlich
einen "Gruselfilm" hervorzubringen. Horror kann er jedenfalls
nicht allzu oft erzeugen. Fairerweise sollen aber die guten Szenen,
eben jene, die Kinski und die Adjani zusammen haben oder die brillante
Szene, in der das Totenschiff in den Wismarer Kanälen einläuft,
nicht verhehlt werden. Die Totentanzszenen und die, in denen die
zigtausend Ratten die Apokalypse symbolisieren, sind eher weniger
gelungen und eben wieder viel zu "autorenmäßig".
Seltsamerweise
ist der Film gerade in Amerika stets mit Lob überschüttet
worden und man mag es kaum glauben, als in den US von A "Nosferatu"
auf DVD erschien, führte er mehrere Wochen lang offiziell die
US Billboard DVD Charts an. Merkwürdig...
Herzog tat damals
einmal kund, es habe 50 Jahre gedauert, bis sich jemand an Murnaus
Original herangewagt hätte, es werde mindestens weitere 50
Jahre dauern, bis einer seine Vision verbessern würde. Bescheidenheit
ist eine Zier...
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