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Der Kuss des Vampirs   (OT: Kiss of the vampire)
AKA: Kiss of Evil

GB, 1962, Farbe, 88 min
 
Regie: Don Sharp
Produzenten:  
Drehbuch John Elder
Musik: James Bernard
Kamera: Alan Hume
 
Edward de Souza Gerald Harcourt
Jennifer Daniel Marianne Harcourt
Clifford Evans Professor Zimmer
Noel Willman Dr Ravna
Barry Warren Carl Ravna
Jacqui Wallis Sabena

Wir befinden uns im frühen 20. Jahrhundert. Gerald und Marianne Harcourt, ein frischvermähltes junges Paar befindet sich in den Flitterwochen irgendwo in Bayern als ihnen das Benzin für ihr putziges prähistorisches Auto ausgeht (so ging das also zu der Zeit auch schon immer los!) Weil sie also nicht mehr weiterkommen, quartieren sie sich im Grand Hotel des nächsten Dorfes ein, welches im Schatten eines finsteren gotischen Schlosses liegt. Zu ihrem Erstaunen sind sie nahezu die einzigen Gäste des Hauses, außer ihnen wird nur ein mysteriöser kauziger Eigenbrötler beherbergt, der offensichtlich zu viel trinkt.

Überraschend erhalten die Harcourts über einen Boten eine Einladung zum Dinner von Dr. Ravna, dem hiesigen Schlossherren. Sie nehmen an und verleben einen heiteren Abend bei dem charmanten Ravna und seinen beiden erwachsenen Kindern Carl und Sabena. Die Familie Ravna überredet das junge Paar ein paar Tage in dem Dorf zu verweilen und lädt es für den kommenden Samstag zu einem Maskenball ein. Die Harcourts willigen ein. Inzwischen lernen sie auch ihren rätselhaften Hotelnachbarn kennen, einen gewissen Professor Zimmer, der sie unwirsch aufffordert, den Ort schnellstens zu verlassen und sich nicht mit den Ravnas einzulassen, doch die Harcourts halten Zimmer für einen wunderlichen Trunkenbold.

Dann kommt der Abend des Maskenballs. Auf Ravnas Schloss herrscht bereits eine ausgelassene Stimmung als Gerald und Marianne eintreffen, doch während Marianne lieber tanzt, spricht Gerald etwas arg dem Alkohol zu und wird durch die junge Sabena noch dazu ermuntert - allmählich ahnen wir, die Ravnas führen etwas im Schilde. Und tatsächlich, Marianne wird mit einem Trick in Dr. Ravnas Zimmer geführt, der sogleich gierig seine Fangzähne in den Hals der holden Maid schlägt um ihr Blut zu trinken und sie zu seinesgleichen zu machen, denn, wie könnte es anders sein, die gesamte Ravnasippe besteht aus Vampiren und der Doktor ist der hiesige Oberraffzahn.

Als Gerald am nächsten Morgen reichlich verkatert aufwacht (ihm wurde neben dem Schampus auch noch ein Betäubungsmittel eingeflößt), ist Marianne verschwunden. Mehr noch, niemand will jemals etwas von ihr gehört haben. Er wird reichlich unsanft von Carl Ravna und einem resoluten Diener des Schlosses verwiesen, denn er sei ja völlig betrunken gewesen und habe gepöbelt. Eine Begleitung habe er nicht gehabt, er sei allein gekommen.

Zurück im Hotel sind alle Kleider seiner Frau verschwunden und auch der Gastwirt teilt ihm mit, es habe nie eine Mrs. Harcourt gegeben, Gerald hätte sich allein eingemietet. Der einzige, der Gerald nun noch zur Seite steht ist der verbitterte Professor Zimmer, eine Art van Helsing Charakter, der seine eigene Rechnung mit den Blutsaugern zu begleichen hat weil diese einst seine Frau holten. Mit Zimmers Hilfe gelingt es ihm, Marianne zu befreien und das Schloss der Vampire mit Kruzifixen zu versiegeln, sie können nun nicht mehr fliehen. Begünstigt durch eine astronomische Konstillation ist es Zimmer möglich, einen uralten Zauber anzuwenden, der das Böse gegen sich selbst zu wenden macht. So fällt urplötzlich in einer spektakulären Szene ein gigantischer Schwarm Fledermäuse über das Schloss her und tötet die Vampire. Marianne erwacht aus ihrer Trance und ist wieder ein Mensch, das Dorf ist vor der Vampirpest gerettet.


Und wir sind begeistert, denn "Der Kuss des Vampirs" ist eine schöne Schauermär in bester alter Hammertradition der frühen Sechziger, klassisch inszeniert von einem der Routiniers des alten Hauses of Horror, Don Sharp, mit allen liebgewonnenen Ingredienzen seiner Firma und einigen originellen Innovationen noch dazu.

Und Sharps Regie ist wirklich groß. Nehmen wir allein die Eröffnungsszene. Wir sehen eine Beerdigung. Sharp lässt sich viel Zeit für seine Einführung.
Der Priester spricht die Totenriten auf Latein, die Trauernden stehen am Rand des Grabes, die Sargträger lassen den Sarg ganz langsam in die Grube gleiten.
Auftritt Professor Zimmer. Wortlos nimmt er dem Priester den Weihwassersprenkler ab (der bestimmt auch einen Namen hat, leider ist dem Rezensenten dieser nicht geläufig) und träufelt das geweihte Fluidum auf den Sarg. Dann lässt er sich vom Totengräber die Schaufel reichen, wir denken, er will Abschied vom Toten nehmen und etwas Erde versträuen, doch stattdessen, Schock!, rammt er das Werkzeug auf Herzhöhe in den Totenschrein und, Schock again!!, aus der Kiste quillt literweise Blut! Er hat einen Vampir gepfählt!!!

Die Szene erinnert in ihrer Krassheit an die Eröffnungsszene von Mario Bavas formidablem Die Stunde, wenn Dracula kommt und bleibt nicht die einzige, die an den großen italienischen Meister gemahnen soll. Ausstattung, Szenerie, Ausleuchtung, Sharp hätte glatt bei Bava in die Lehre gegangen sein können. Natürlich ist Sharps Film aus heutiger Sicht ein gnadenlos altmodischer, und in gewisser Weise war das bereits im Entstehungsjahr 1962 (Release-Jahr war allerdings erst 1963) schon so, doch schadet dies dem Ergebnis überhaupt nicht, es lässt im Gegenteil das Werk eher klassischer erscheinen. Ein Umstand, um den Sharp, da bin ich mir sicher, bereits seinerzeit wusste!

Die angesprochenen Innovationen beziehen sich hauptsächlich auf die Vampire selber, die hier nicht in üblicher (Hammer)Manier supernihilistische Überflieger sind, sondern Wesenheiten, die Angst, ja gar Panik empfinden können und eines Anführers, in dem Fall Dr. Ravna, bedürfen. Wenn dann die Heerscharen des Bösen in Form der tausendfachen Vampirfledermäuse über sie hereinbrechen, hat das Ganze durchaus eine sehr faustische Aussage: Lass dich besser nicht mit dem Bösen ein, denn es wird dich (im wahrsten Sinne) verschlingen!

Sämtliche Darsteller, auch hier muß man in dem Fall den Regiesseur wieder ob seiner Anweisungen loben, haben ihre Sache ausnahmslos gut gemacht. Dennoch wollen wir besonders Clifford Evans als Professor Zimmer und Chris-Lee-look-nearly-alike Noel Willman als Dr. Ravna loben, beide eher No Names, die dann hier über sich hinaus gewachsen sind. Es scheint, als habe Sharp echt Spaß an dem Projekt gehabt und dies auch seiner Crew vermitteln können, die gutgelaunt mitgewirkt hat.
Mit anderen Worten: Gut gemacht, Don Sharp! Toller Film!

       




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