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Der Omega Mann     (OT: The Omega Man)

USA, 1971, Farbe, 95 min
 
Regie: Boris Sagal
Drehbuch: John William Corrington und Joyce H. Corrington
Produzent: Walter Seltzer
Kamera Russel Metty
Musik Ron Grainer
 
Charlton Heston Robert Neville
Anthony Zerbe Matthias
Rosalind Cash Lisa
Paul Koslo Dutch

The last Man on Earth

Amerika in einer nicht all zu fernen Zukunft (1977 um es exakt zu machen ... Kinder, wie die Zeit vergeht!)
Ein russisch chinesischer Grenzkrieg, der am Ende mit bakteriologischen Waffen ausgefochten wurde, hat beinahe die gesamte Menschheit ausgerottet. Auch Gottes eigenes Land, die guten alten Vereinigten Staaten, sind betroffen, denn schließlich machen die Mikrokiller nicht vor Grenzen und Ideologien halt.

Robert Neville, ein Wissenschaftler, der für die ehemalige Regierung tätig war, scheint als einziger Mensch in ganz Los Angeles von der apokalyptischen Seuche verschont geblieben zu sein, doch das ist kein Wunder, denn kurz vor dem Zusammenbruch gelang ihm die Herstellung eines Antidots, das er sich noch eben rechtzeitig injizieren konnte. Seitdem sind nun drei Jahre vergangen. Drei Jahre, in denen Neville einsam seine Runden durch den menschenleeren Riesenmoloch zog und immer noch zieht, in der Hoffnung, ein anderes menschliches Wesen zu treffen.

Doch tatsächlich gibt es noch Überlebende. Die Seuche hat sie zu lichtscheuen Albinowesen gemacht, zu Freaks, die sich um den charismatischen Matthias geschart haben und eine Art Sekte, die "Familie" genannt, bilden. Sie lehnen ab, was die ehemalige Gesellschaft ausmachte: Technik, Strom, Waffen, denn das war es, was ihren Untergang verursachte. In ihrer neuen Ordnung ist kein Platz mehr für derlei Dinge, somit auch nicht für Neville, den sie gnadenlos jagen weil er ihrer Meinung nach der letzte Teufel der Vergangenheit ist. Neville macht seinerseits mithilfe großkalibriger automatischer Waffen Jagd auf die Mitglieder der Familie und tötet sie, wo immer er sie trifft. Nachts, wenn die Strassen der "Familie" gehören, sitzt er in seiner verbarrikadierten Wohnung in einem Hochhaus inmitten von LA, trinkt sich durch seine noch immer recht gut gefüllte Hausbar und spielt Schach mit einer Büste Julius Caesars, mit der er aus Gründen der Einsamkeit zudem noch philosophische Diskussionen führt. Am Tag durchstreift er die Stadt.

Eines Tages entdeckt er die junge Lisa und hält sie zunächst für eine Halluzination, doch als er in eine Falle der "Familie" gerät und von dieser exekutiert werden soll, taucht Lisa erneut auf, befreit ihn und bringt Neville in ihr Versteck außerhalb der Stadt, wo auch noch eine Handvoll Kinder und der ehemalige Medizinstudent Dutch leben. Schon träumt Neville vom Beginn einer neuen Zivilisation, doch auch im vermeintlichen Paradies hielt die Seuche bereits Einzug. Zwar kann Neville einen infizierten Jungen mit einem Impfstoff, den er aus seinem eigenen Immunblut gewinnt, retten, doch um die Tinktur in den Mengen herstellen zu können, die der gesamten Gruppe helfen würde, muss er noch einmal in seine Wohnung. Und da wartet bereits die "Familie" auf ihn...


...und das ist bestimmt sehr gefährlich für ihn, wird sich nun sicher so mancher denken, aber wo bitte schön sind die verdammten Vampire in diesem Streifen? Genau das haben wir uns auch gefragt! Und, um es gleich vorweg zu nehmen: es gibt keine Vampire in diesem Film!
Dennoch gehört der "Omega Mann" in die Vampireworld, schließlich ist er die zweite filmische Adaption des herausragenden
Romanklassikers "I am Legend" von Richard Matheson, der ursprünglich bereits im Jahre 1954 erschien. Im Buch mutieren all jene, die von der Seuche dahingerafft werden, zu untoten Vampirzombies, die, sofern sie nicht verbrannt oder gepfählt werden, getrieben von Blutgier und voller Hass auf alles Lebendige zurückkehren, um jene zu ihresgleichen zu machen.

Seine erste Verfilmung fand der Roman 1964 unter der Regie von Sydney Selkow mit dem Titel The last Man on Earth, in dem der große Vincent Price seinerzeit den Titelcharakter gab. Jener Film war allerdings um einiges näher am literarischen Original, was nicht weiter verwundert, schließlich war Autor Matheson damals in die Produktion eingebunden, auch wenn sich dies nicht gänzlich unproblematisch gestaltete, doch das ist eine andere Geschichte.

Freilich ist "I Am Legend" kein klassischer Vampirstoff, vielmehr ein Produkt seiner Zeit, das in die typische Paranoia-Welle jener Jahre einzustufen ist, mit all den Ängsten vor dem Atomkrieg, biologischen Anschlägen und der Furcht vor dem unheimlichen und unberechenbaren bolschewistischen Feindbild. Die Vampire könnten im Prinzip stellvertretend für den Klassenfeind, also die Sowjets stehen, aber auch für eine andere unheimliche Bedrohung, Fremde, die ins gelobte Land kommen um am Reichtum der herrschenden Kaste zu kratzen. Mathesons Buch und Selkows Film haben nicht nur den "Omega Mann" inspiriert, sondern auch und vor allem George Romero, der vier Jahre nach Selkow mit seiner Nacht der lebenden Toten debütierte, und das gesamte Zombie-Subgenre insgesamt bis hin zu Danny Boyles 28 Days later. Hier wurde quasi einer der Grundsteine für den modernen Horror gelegt, der seinen Schrecken nicht mehr aus übernatürlichem Spuk bezieht, sondern daher, dass Homo Sapiens sich selbst die Sichel wetzt.

Leider ist hiervon in Boris Sagals Film (Sagal ist übrigens der Herr Papa von Katey Sagal, TV-Junkies wohl bestens als Al Bundys notgeile Ehefrau Peg bekannt) nicht wirklich viel übrig geblieben. Klar, das apokalyptische Szenario, doch wirkt dies bei Selkow, Romero und Boyle alles wesentlich gespenstischer als hier. Ein braungebrannter Charlton Heston düst bei strahlendem Sonnenschein im offenen Cabrio durch ein leergefegtes Los Angeles und hört Mantovani . Als er an einem Fenster einen Kapuzenmann erblickt zieht er sofort seine Maschinenpistole und erledigt ihn sozusagen aus der "Hüfte". Sorry, das finde ich eher abstrus als unheimlich oder gar apokalyptisch! Zwar soll die Szene eine gewisse Ironie verbreiten, doch will dies bei mir so gar nicht fruchten.

Überhaupt, Charlie Heston! Der ultrakonservative Waffenlobbyist, Republikaner und Reagan-Intimus hatte weiland um das Jahr 1970 offenkundig gerade seine Endzeitphase ("Soylent Green", Planet der Affen") und wurde vermutlich deswegen besetzt. Zwar spielt er mit vollem Körpereinsatz und sieht auch in den Actionszenen gar nicht mal so schlecht aus, doch immer dann, wenn echte Schauspielkunst gefragt ist, scheitert Heston grandios. Bestes Beispiel hierfür ist der übertrieben kitschige Schluss, wenn die Figur des Neville plötzlich pathetisch ins messianische erhoben wird. Heston versucht zwar wie ein Jesusdarsteller zu sterben, das Ergebnis ist leider ein hilfloses Rumgezappele in einem Brunnen.

Die restlichen Darsteller sind nicht weiter erwähnenswert.
Die Idee, aus den Vampiren der Vorlage eine endzeitliche Albinosekte zu machen, die irgendwie an die Manson-Gang erinnert (und diese dann auch noch "Family" zu nennen, damit das auch bloß jeder Depp merkt, wie subtil!) ist sicher ein Kind ihrer Zeit, wie überhaupt so manches an und in diesem Film. Vampire waren seit dem Dracula-Ausverkauf, den die Hammer-Studios inzwischen reichlich inflationär betrieben hatten, eh nicht mehr die gefragtesten Schauergestalten der Saison (das allerdings sollte sich kurze Zeit später bereits wieder ändern) und da die Produktionskosten für diesen Streifen nicht gerade gering waren, musste er als Blockbuster in spe ohnehin sehr konsensfähig sein. Heston bedient die Endzeit-Fans, Rosalind Cash hüpft in knappen Jeans-Shorts mit Afro-Frisur rum und bringt die Blaxploitationanhänger in die Kinos, Paul Koslo ist der freundliche Hippie von nebenan - allerdings einer, der auch gern mal rumballert - und ansonsten wird so getan, als habe der Omega Mann neben einer Knarre auch noch eine Message im Kofferraum, sei gar kritisch. Doch dies ist er mitnichten. Eher beliebig, könnte man schon beinahe sagen. Allerdings stellt Sagal die dualistische Frage nach der Moral äußerst geschickt, denn wer ist hier eigentlich der Böse?

Sind nicht vielleicht doch die Schattenwesen, der die alte Gesellschaft übel mitgespielt hat, die eigentlichen Guten? Und ist nicht Neville, der als Wissenschaftler nicht ganz unbeteiligt an den Dingen war, die zur Zerstörung der Menschheit geführt haben, und der nun stets schwerbewaffnet an "seiner" Zivilisation festhält und die "Familienmitglieder" unbarmherzig richtet, der Schurke? Tja...

Manchmal rockt es im Omega Mann ganz ordentlich und insgesamt weiß der Film schon einigermaßen zu unterhalten, auch wenn dies zumeist mal wieder eher der unfreiwilligen Komik, derer es nicht wenig hier gibt, zu verdanken ist, doch der literarischen Vorlage oder dem sinistren stilprägenden Vorgängerfilm The last Man on Earth kann diese Siebziger Jahre Variante des Stoffes leider nicht gerecht werden.


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