Das
Lustschloss der grausamen Vampire (OT:
La vampire nue)
AKA's:
The nude Vampire, Das Lustschloss der grausamen Frauen, Die nackten
Vampire, The naked Vampire
F, 1969, Farbe, 82 min |
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Regie:
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Jean
Rollin |
Drehbuch: |
Jean
Rollin |
Produzent: |
Les Film ABC |
Musik: |
Yvon
Serault |
Kamera: |
Jean-Jaques Lenon |
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Olivier
Martin |
Pierre
Radamante |
Maurice
Lemaitre |
Georges
Radamante |
Caroline
Cartier |
Vampir |
Ly
Letrong |
Ly |
Bernard
Musson |
Voringe |
Jean
Aron |
Fredor |
Ursule
Pauly |
Solange |

Georges
Radamante scheint dem Geheimnis der Unsterblichkeit auf der Spur
zu sein. Hierzu benötigt er ein Mädchen, das sich allem
Anschein nach von Blut ernährt. Pierre, der sich in sie verliebt
hat, versucht sie aufzuspüren und sie aus den Fängen seines
Vaters zu befreien. Im Laufe seiner Nachforschungen stößt
er auf einen seltsamen Selbstmordkult. Im "Lustschloss der
grausamen Vampire" findet er schließlich alle Antworten
auf siene Fragen und noch viel mehr, als er sich erhofft hat.
"Jean
Rollins zweiter großer Film aus dem Jahre 1969 war wegweisend
für all seine kommenden Werke und gleichzeitig sein erster
Farbfilm. Gewohnt surrealistisch erzählt er uns ein weiteres
für ihn so typisches Vampirmärchen. Seine Fans werden
an dem "Luschschloss der grausamen Vampire" ihre helle
Freude haben. Die verrückten surrealen Masken, die traumähnliche
Atmosphäre, die abgedrehten Ideen und Kostüme, sowie nicht
zuletzt die erstmalige Beteiligung der hübschen Zwillinge wird
jedem Kenner das Wasser in die Augen treiben" (Michael Schmitz)
:
Nach einem unheimlichen
nächtlichen Erlebnis - eine junge Frau wird vor seinen Augen
von finsteren Gestalten in bizarren Maskierungen erschossen - ahnt
der junge Pierre Radamante, dass sein Vater, der reiche Industrielle
Georges Radamantes, in seltsame Machenschaften verstrickt ist. Heimlich
verschafft er sich Zugang zu den abendlichen Gesellschaften, die
auf dem Schloss des Herrn Papa stattfinden und wird abermals Zeuge
absurder Ereignisse: die Gäste der Soiree sind allesamt Mitglieder
eines Selbstmordkultes und jagen sich fröhlich nach und nach
selbst eine Kugel in den Kopf. Als Pierre an der Reihe sein soll,
gelingt ihm die Flucht.
Nun erfährt
er die gesamte Wahrheit: Das Blut der Selbstmörder dient der
"Ernährung" der jungen Frau, die eingangs erschossen
wurde, aber nicht starb weil sie ein unverwundbare "Vampirin"
ist. Die junge Frau wird von Pierres Vater, der der Kopf eines Geheimbundes
mit Weltherrschaftsplänen ist, gefangen gehalten, denn man
erhofft sich, mit ihrer Hilfe auf das Geheimnis der ewigen Jugend
und Unsterblichkeit zu kommen.
Pierre beschließt Mithilfe seines Freundes Robert, eines Kunstmalers,
die "Vampirin" zu befreien, doch Robert wird erschossen
und Pierre fällt selber seinen Gegnern in die Hände.
Da erhält
Pierre unerwartete Hilfe von einem seltsamen Mann, der sich als
Anführer einer Gruppe ebenfalls Unsterblicher entpuppt, der
auch die junge Frau, die Radamante gefangen hält, angehört.
Es kommt zu einem letzten Gefecht zwischen den Verschwörern
und den "Vampiren", die an einem Rollinfans nicht ganz
unbekannten Strand ihr Ende finden soll...

"La Vampire
nue" von 1969 war der zweite abendfüllende Film nach Le
Viol du Vampire, den Jean Rollin als Regisseur inszenierte und
stellte eine enorme Weiterentwicklung des typischen Rollin'schen
Stils dar. Während der Erstling, damals noch in schwarzweiß
gedreht, eher als Collage rauschhafter Bilder denn als fortlaufende
Geschichte angelegt wurde, versuchte sich Rollin hier schon in weitaus
konventionelleren Erzählformen, was durchaus der Nachvollziehbarkeit
der gezeigten Ereignisse zugute kommt. Dennoch darf man natürlich
nicht erwarten, es hier mit einem "klassischen" Horrorfilm
zu tun zu haben, der bei Punkt a) beginnt und der Logik folgend
auf z) endet, denn derlei serviert Rollin seinem Publikum nur äußerst
selten. Stattdessen zeigt uns der Franzose erstmals eines seiner
typischen surrealen Vampirmärchen vom unschuldigen Mädchen,
das in die Fänge schurkischer Mächte gelangt, wobei nie
wirklich klar ist, wie hier die klassische Rollenverteilung zwischen
"gut" und "böse" funktioniert. Ähnliches
tat er zwar bereits bei Le Viol..., hier begann er dieses Stilmittel
aber erst zu perfektionieren.
Wie in allen
seinen Filmen legt Rollin auch in diesem wieder, na klar, die größte
Gewichtung auf die Optik des Werkes, die schieren Bilder stehen
klar im Vordergrund und degradieren Handlung wie Dialoge zu Nebensächlichkeiten.
Die improvisierte Free Jazz Musik tut ein übriges und rückt
den Film ambitioniert in die Nähe der Arbeiten der konventionsaufbrechenden
amerikanischen Beatnikgeneration einerseits und den künstlerischen
Ansatz europäischer Filmer wie Godard andererseits. Doch der
surreale Bildersturm erinnert auch manchmal an solch cineastische
Größen wie Cocteau, Bunuel oder Bergmann. Aus rein künstlerischer
Sicht hat sich Rollin nach dem "Lustschloss", übrigens
mal wieder ein grenzdebiler deutscher Verleihtitel, nur noch selten
übertreffen können.
Auch die auf
das Minimum reduzierte Handlung fiel durchaus nicht unoriginell
aus, als da wären eine Verschwörerbande mit Weltherrschaftsanspruch,
was beinahe ein wenig an James Bond erinnert, aber eben auch ein
sehr typisches Stilmittel der 60' er und 70'er Jahre war (siehe
hierzu sogar Hammers Satanic
Rites of Dracula) und eine einem Selbstmordkult frönenden
High Society Sekte verwöhnter Müßiggänger,
denen jedes Mittel recht ist, ein wenig Kick in ihr dekadentes Dasein
zu bringen, und sei es der finale.
Die messianische Obervampirfigur, die am Schluss seine Auserwählten
in ein Reich des ewigen Friedens zu führen verspricht, ist
allerdings ein wenig dick aufgetragen. Andererseits, man kann sich
bei Rollin nie sicher sein, woher wissen wir, dass auch er nicht
einfach nur ein Rattenfänger ist?
Unser Fazit
fällt dann auch erwartungsgemäß Rollin typisch aus.
Einmal mehr gibt's traumhafte Bilder, sleazige Freizügigkeiten
(die Kostüme sehen einstweilen übrigens ziemlich nach
dem stets die Apokalypse verkündenden, dennoch recht originellen
Sixties Modeguru Paco Rabanne aus, passt ja!), Surrealismus, (zu)
viele (?) philosophische Abhandlungen über das Leben und den
(Un)Tod, aber auch lange langweilige Längen in der Mitte und
die für Rollin mitunter ebenfalls recht typischen kleinen Dilettantismen
wie z. B. die Platzpatronenschüsse, die in jedem Frühsiebziger
Kinderfilm spektakulärer daherkamen. Ach ja, das Finale am
bekannten Strand habe ich ja bereits erwähnt, gelle?
Für Rollin
Fans sicher einer der schönsten Filme ihres Meisters, für
Einsteiger ins Rollin Universum auf jeden Fall besser geeignet als
Le Viol, für
eher konservative Horrorfilmfans ganz sicher die Hölle und
für mich allmählich der Zugang, den ich bislang vergebens
gesucht habe, denn eigentlich wollte ich den guten alten Schäng
ja schon lange lieb haben. Jedenfalls war dies der bislang beste
Streifen, den ich von ihm kenne.



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