Jack
the Ripper
Mythenumrankter
Dirnenmörder, zur übernatürlichen Horrorfigur verklärter
Schlitzer und erster verbriefter Serienmörder der modernen
Kriminalgeschichte, der er war, war Jack the Ripper doch zumindest
eines mit Sicherheit nicht: ein Vampir. Dennoch gibt es zahlreiche
Gründe, die dafür sprechen, den wohl berühmtesten
Mörder der spätviktorianischen Epoche einer genaueren
Betrachtung zu unterziehen.
Zum einen ist
da der Umstand, dass ein nicht uneinflussreicher irischer Schriftsteller
namens Bram Stoker nach eigenen Angaben
eine maßgebliche Inspiration für seinen Roman Dracula
in den Rippermorden sah (so wie Alfred Döblin den Fall Fritz
Haarmann als Inspirationsquelle für sein Werk "Berlin
Alexanderplatz" verwendet hat), zum anderen sind da die vermeintlichen
Bekennerschreiben des Täters, deren Echtheit allerdings bis
heute umstritten sind, mit denen er seine Verfolger genarrt hat
und die Passagen enthalten, in denen er schildert, wie er Organe
seiner Opfer aß (und sie als wohlschmeckend beschrieb), was
die Vermutung erhärtet, er habe sich auch am Blut der abgeschlachteten
Damen gütlich getan. Er überschrieb seine Briefe gern
mit From Hell, also Aus der Hölle, doch es soll Berichte geben,
denen zufolge sich ein englischer Journalist im frühen 20.
Jahrhundert als Urheber jener Schreiben geoutet habe. Wir wissen
es nicht...
Letztlich nährte
die Tatsache, dass die wahre Identität des Rippers bis heute
(zumindest einer breiten Öffentlichkeit) nicht bekannt ist
(sicherlich werden Verschwörungstheoretiker und Internet-Illuminaten
da mehr "wissen" und das auch "belegen" können)
seinen Mythos per excellence. Einige vermuteten in dem Täter
ein Mitglied der königlichen Familie, andere halt wiederum
andere populäre Geister jener Zeit, dritte machten den Täter
eher im Gemenge der osteuropäischen Einwanderer, idealerweise
jüdischer Herkunft, aus, idiotischer Antisemitismus fand beileibe
nicht nur in Deutschland statt (was nun als Aussage um Himmels Willen
bitte nicht missinterpretiert werden möchte), wie auch immer,
hier ist die (wahre) Geschichte von Jack the Ripper...
Das erste anerkannte
Opfer von Jack war die Prostituierte Mary Ann "Polly"
Nicholls, welche am 31.08.1888 ermordet wurde. Sie wurde zunächst,
wie alle folgenden Opfer, erwürgt - zumindest bis eine Ohnmacht
eintrat - dann wurde ihr die Halsschlagader durchtrennt (eine weitere
Gemeinsamkeit mit den Vampiren), im folgenden wurde sie zerstückelt,
wobei sich der Grad dessen von Opfer zu Opfer steigerte. Die weiteren
Opfer des Rippers waren allesamt Dirnen aus Whitechappel, einer
Gegend im Londoner East End, welche seinerzeit ein unglaubliches
Elendsviertel gewesen sein muss. Schwindsucht, Ruhr und Syphilis
waren an der Tagesordnung, Alkoholismus als trauriger Vergessensbereiter
weit verbreitet. Selbst verheiratete Frauen prostituierten sich
mit Legitimation ihrer Gatten für wenige Pennies.
In diesem Umfeld trieb Jack sein Unwesen. Die folgenden Opfer waren
Annie Chapmann am 08. September, Elizabeth Stride sowie Catherine
Eddowes am 30. September und letztlich Mary Jane Kelly am 09. November
1888. Weitere Opfer könnten Martha Tabram (07. August 1988),
Alice McKenzie (17. Juli 1889) und sogar noch Frances Cole, welche
erst am 14. Februar 1891 zu Tode kam, gewesen sein. Die Umstände
sprechen schließlich dafür, doch zum einen gab es bereits
damals Trittbrettfahrer, denn Gewalt war an der Tagesordnung in
Whitechappel, und wenn ein Lude seine "Angestellte" loswerden
wollte, war dies ein gefundenes Fressen um die Tat zu verschleiern.
Andererseits waren einige amtliche Verdächtige zu dem Zeitpunkt
gar nicht mehr am Leben. Freilich steckten zu jener Zeit die modernen
Ermittlungsmethoden wie die Forensikh noch in den Kinderschuhen,
plus gesetzt den Fall, der Täter kam tatsächlich aus den
Kreisen der damaligen High Society, so war natürlich jenes
gewisse Umfeld so gar nicht an einem Skandal interessiert und auch
entsprechend einflussreich, allerlei Verschleierungstaktiken anzutreiben.
Es ist allerdings auch eine erwiesene Tatsache, das Königin
Victoria persönlich die Vervielfachung der Polizeikontrollen
im Whitechappel-Distrikt angeordnet hat, nachdem ihr eine Petition
diesbezüglich mit über 50.000 Unterschriften überreicht
worden war.
Fakt ist,
der Täter ist bis heute offiziell nicht ermittelt. Im
Folgenden werden einige Verdächtige gelistet, die für
die Täterschaft in Frage kommen:
Montague
John Duritt
Er
war ein junger, brillanter Arzt, der bei den damaligen Ermittlungen
zu den drei Hauptverdächtigen gehört hat. Er soll
ein sexuell gestörter Mann gewesen sein und seine Familie
soll ihn für den Ripper gehalten haben. Er wurde am 31.12.1888
tot aus der Themse gezogen.
Aaron
Kosminski
ebenfals einer der Hauptverdächtigen, ein polnisch-jüdischer
Einwanderer, der angeblich aufgrund seiner selbstbefriedigenden
Neigungen dem Wahnsinn anheim gefallen sein soll (nee, ist
klar!)
Michael
Ostrog
Ostrog wurde als einer der drei Hauptverdächtigen in
einem am 23. Februar 1894 von Sir Melville Macnaghten verfassten
Memorandum genannt.
Macnaghten schreibt über den Verdächtigen in seinem
Bericht Folgendes: "Michael Ostrog...(ist ein) verrückter
russischer Arzt und ein Sträfling, und ohne Frage ein
mörderischer Wahnsinniger. Man sagt ihm nach, dass er
Frauen gegenüber gewohnheitsmäßig grausam
war und dass er lange Zeit chirurgische Messer und andere
Instrumente bei sich trug. Seine Vorgeschichten waren von
allerschlimmster Sorte und sein Aufenthalt zur Zeit der Whitechapel
Morde konnte nie hinreichend geklärt werden "
James
Maybrick
Jener machte erst Anfang der 90'er Jahre des 20. Jahrhunderts
als etwaiger Ripper die Runde, tauchten doch seinerzeit angebliche
Tagebücher Maybricks auf, in denen er, der brave Baumwollhändler,
seine Metamorphose zur Bestie Jack the Ripper, schildert.
Ob es wahr ist? Wer weiß, denn angeblich sind die ersten
48 Seiten des Tagebuches mit einem Messer entfernt worden.
Der Rest ist im Netz öffentlich ersichtlich (man muss
halt ein wenig suchen) und höchstwahrscheinlich ist er,
dem derzeitigen Kenntnisstand zufolge, wohl auf keinen Fall
der Täter. Übrigens nahm es mit Maybrick ebenfalls
ein schlimmes Ende, er wurde von seiner eigenen um 26 Jahre
jüngeren Frau vergiftet.
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Wer also wohl
war Jack the Ripper? Sicher kein bleiches Gespenst aus der Hölle,
aber ein gruseliges Phänomen, mit dem sich noch heute, mehr
als 100 Jahre nach den Whitechappel-Morden, ein ganz ordentlicher
Batzen Geld verdienen lässt. Gleich mehrere Unternehmen der
Londoner Stadttouristik bieten die "Jack The Ripper" Tour
durch Whitechappel mit allen schaurigen Einzelheiten an, T-Shirts,
Mützen, Tassen oder Schlüsselanhänger sind im Führungspreis
nicht inbegriffen, werden aber dennoch gern gekauft.
Zahlreiche Filme
griffen gleichermaßen den Rippermythos auf, unter anderem
Jess Francos "Jack The Ripper - Der
Dirnenmörder von London", in dem Klaus
Kinski den Titelschurken gibt, oder auch "From Hell"
von den Hughes Brothers, hier spielt Johnny Depp die Rolle des ermittelnden
Inspektors. Ganz obskur wird es gar in Regisseur Swackhammers "Terror
at the London Bridge", in dem besagte Brücke auseinandermontiert
und nach Amerika verkauft und verschifft wird (bahaha, man stelle
sich das mal vor!) und der Ripper erwacht nun dort im 20. Jahrhundert
wieder, nachdem er etwa 100 Jahre im Tiefschlaf in einem Brückenpfeiler
verbrachte. Natürlich geht der Irre Schlitzer sogleich wieder
seinem blutigen Hobby nach und metzelt junge Damen. Doch auf den
Fersen ist ihm dabei niemand geringerer als David "Bademeister"
Hasselhoff...das sind Räuberpistolen, oder?
Auch wenn
Jack the Ripper mit Bestimmtheit keine übernatürliche
Figur, kein Gespenst und kein Vampir war, so war er gewiss doch
eines, ein Monster nämlich. Wahrscheinlich wird die Identität
des Rippers nie geklärt werden, eventuell ist sie bekannt und
einflussreiche Personen halten sie vor der Öffentlichkeit verborgen,
wie auch immer. Der Mythos dieses unheimlichen Wahnsinnigen wird
wohl für alle Zeiten erhalten bleiben und es ist anzunehmen,
das London-Reisende auch weiterhin in das East End nach Whitechappel
pilgern werden auf der Suche nach ein wenig Thrill und Grusel (aber
nichts vorfinden, als eine langweilige, trostlose, graue Gegend,
in dem ein typischer Londoner Cornershop neben dem nächsten
steht. Aber gute Fish'n'Chips gibt's dort! Ja ja, ich geb's ja zu,
auch ich war dort!...aber nur wegen der Fish'n'Chips...ähem...)
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