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Zwei Vollidioten schlagen zu   (OT: Fracchia contro il conte Dracula)
AKA: Who is afraid of Dracula

Italien, 1985, Farbe, 98 min
 
Regie: Neri Parenti
Produzenten: Bruno Altissimi, Claudio Saraceni
Drehbuch Paolo Villaggio, Neri Parenti, Laura Toscano, Franco Marotta,
Musik: Bruno Zambrini
Kamera: Luciano Tovoli
Paolo Villaggio
Edmund Purdom Graf Dracula
Gigi Reder  
Giuseppe Cederna  
Andrea Cuecco  
Filippo Degaras  
Federica Brion  
Daniela Ferrari  

Ein Schloß für 5.000 Mark?! Kunden gibt's, die haben sie nicht mehr alle! Carlo, weltfremder Makler und Gianni spinnerter Schloßkäufer düsen los zur Besichtigung. Seltsam, der Schloßbesitzer ist zwar sehr nett, er guckt bloß immer so komisch, genau wie seine Schwester. Der Butler guckt überhaut nicht, der ist nämlich blind. Und der Hausbursche humpelt und hat einen Buckel als wäre ganz Notre Dame daraufgestanden. Aber Carlo und Gianni wissen sich schon zu helfen.

Carlo Fracchia, ein etwas entrückter und reichlich schreckhafter Makler, der nicht eben zu den erfolgreichsten Vertretern seiner Zunft zählt, bekommt von seinem Boss ein Ultimatum gestellt: entweder er verkauft binnen der nächsten drei Tage ein Haus, oder er darf sich einen neuen Job suchen. Glücklicherweise erscheint schon bald ein Kunde, der sich dann allerdings binnen kürzester Zeit als noch schrägerer Kandidat als Fracchia erweist, denn Gianni Filini, so der Name des Klienten, sucht nach einem Haus mit fünf Badezimmern, ist aber nicht bereit, hierfür mehr als fünf Millionen Lira (was umgerechnet in etwa 2500 € wären) hinzublättern. Aber was will man machen, wenn man schon den kalten Hauch des Herrn Arbeitsberaters spürt, also schnell die Wunderkiste Computer (wir schreiben das Jahr des Herrn 1985!) angeworfen und siehe da, tatsächlich veräußert irgendein Spinner ein Schloss in Transsylvanien für fünf Millionen. Filini aber ist keinesfalls gewillt, so "viel Geld" für ein Objekt auszugeben, das er noch nicht einmal gesehen hat, also nichts wie rein in Fracchias alten Talbot Horizon und ab in das Land hinter den Wäldern, das in diesem Fall aber eher das Land hinter dem Mond heißen sollte, denn hier herrscht noch beinahe finsterstes Mittelalter

Als unsere vermeintlichen Helden in einer Schänke nach dem Weg zum Schloss des Grafen Vlad fragen, reagieren die Einheimischen eher panisch, das kennt man ja bereits. Dennoch schaffen es Fracchia und Filini irgendwie auf das Schloss, das vom Grafen Dracula, seiner Schwester, einem blinden Diener und einem buckeligen Faktotum bewohnt wird. Schon bald hat Dracs Schwester Oniria ein Auge auf Fracchia geworfen, besonders nachdem diese gewahr wird, dass der Arme noch eine "Jungfrau" ist, denn deren Blut ist bekanntlich besonders deliziös und in Tagen wie diesen rar geworden. So soll bald Hochzeit gefeiert werden, zu der allerlei Monster aus dem ganzen Land anreisen. Doch auch die Schwester eines Vampirjägers, den Dracula unlängst um die Ecke brachte, taucht auf um den lieben Verblichenen zu rächen.

Werden Fracchia und Filini mit heiler Haut (bzw. heilem Hals) aus dem Chaos herauskommen?

Was kann sich von einem Film mit dem vielsagenden Titel "Zwei Vollidioten schlagen zu" wohl erwarten lassen? Auch wenn diese Meisterleistung philosophischer Namensfindung natürlich mal wieder dem deutschen Filmverleih geschuldet ist (im Original heißt der Film eigentlich "Fracchia gegen Graf Dacula"), ist dennoch klar, dass hier wohl kaum mit feingeistiger Unterhaltungskunst zu rechnen ist, sondern viel mehr mit Humor der Marke Brechstange, Brechstange und noch mal Brechstange (böse Zungen sprechen gar von Brechmittel...)

Eines ist klar, so eine billige Brachialklamotte konnte in der Form nur in den 1980'ern entstehen. Man wundert sich immer wieder darüber, was gerade in der Dekade ausgerechnet in einer großen Kinonation wie Italien, die so viele bewundernswerte Werke und Künstler hervorgebracht hat, für Schund produziert worden ist (wobei natürlich ganz ähnliches für den deutschen Film gilt, der überhaupt erst in den 90'ern wirklich wieder rehabilitiert werden konnte und ansatzweise zu seiner Vorkriegsform zurückfinden konnte was Anspruch und künstlerische Ernsthaftigkeit gepaart mit kommerziellem Erfolg anbelangt. Natürlich gab es auch für die Jahrzehnte zuvor Ausnahmen, man muss nur Namen wie Fassbinder oder Wenders nennen {um jetzt mal nur zwei schöne Beispiele zu listen und nicht gleich wieder in Namedropping ungeahnten Ausmaßes auszubrechen}, aber insgesamt dominierten dümmliche heile Welt Heimatfilme, Supernasenottoschenkelklopfer und pseudointellektuelle Dramen die deutschsprachige Kinolandschaft in den Jahren 1945 bis etwa 1992, viel Qualität war da nicht auszumachen, schon gar nicht, wenn es um kluge Komödien ging), aber was tun? Jetzt müssen wir da halt durch!

Ich habe keine Ahnung, was für Filme Regisseur Neri Parenti üblicherweise dreht, ehrlich gesagt ist mir der Name völlig unbekannt, über Hauptdarsteller Paolo Villaggio jedenfalls liest man, er habe früher eine Kunstfigur namens Fantozzi erschaffen, die auch der Held einiger angeblich wirklich lustiger Filme sein soll, was mir aber angesichts vorliegender Tatsachen ehrlich gesagt ein wenig schwer fällt zu glauben. Meinethalben soll es so sein, nur warum wirkt er dann in einem solch abgestandenem Quatsch mit? Das Humorempfinden kann doch weiland nicht wirklich so grundverschieden zu unserem heutigen gewesen sein. Zudem ist Vilaggio meines Erachtens als Komiker wenig überzeugend und lustig schon gar nicht. Die vielleicht zwei slapstickmäßigen Gags, die auch tatsächlich zünden, gehen dann auch eher aufs Konto der Nebendarsteller als auf Villaggios. Gigi Reder, der zweite Hauptdarsteller, ist genau so unkomisch wie sein Kompagnon, und vermutlich ist es unnötig zu erwähnen, dass Edmund Purdom, der hier den Dracula gibt, seiner Rolle nicht mal ansatzweise gewachsen ist (nicht mal optisch) und Ania "Oniria" Pieroni ihre Rolle vermutlich nur aufgrund ihrer Oberweite bekommen hat.

Der Film ist eine Klamotte, die sich am ehesten am klassischen Gothicfilm orientiert und vorgibt, diesen zu verulken (wie es ja der große Tanz der Vampire auch tat), aber gar nicht erst die Regeln dieses Genres versteht und somit auch keine funktionierenden Gags erschaffen kann und schon gar nicht in der Lage ist, auch nur ansatzweise die unheimlichen Bildgewalten des Genres und seiner großen Könner wie Mario Bava, Terence Fisher und letztlich auch Roman Polanski zu reproduzieren. Eine alte Burg und etwas Nebel machen halt noch keine Atmosphäre, und ein zwei zotige Gags machen gewiss noch keine gute Komödie.

Obacht, der Film ist rar und schwer erhältlich, zumindest außerhalb Italiens. Hierzulande ist er lediglich mal als VHS erschienen und somit wird er teilweise in den virtuellen Auktionshäusern auch schon mal recht teuer gehandelt, aber das ist der Streifen nicht wert.

Einen Punkt gibt es letztlich für die vielleicht zwei Gags, bei denen ich tatsächlich lachen musste. Zwar ist der Großteil des Films echt unterirdisch, aber zweimal lachen ist immerhin mehr, als manch ein andere Film zu vollbringen mag.



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