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Land of the Dead
AKA: Dead Reckoning, George A. Romero's Land of the Dead

USA, CDN, F, 2005, Farbe, 31 min

 
Regie George A. Romero
Drehbuch George A. Romero
Produzent: Bernie Goldmann, Peter Grunwald, Mark Canton
Kamera Miroslav Baszak
Musik Musik - Johnny Klimek, Reinhold Heil
 
Simon Baker Riley
Dennis Hopper Kaufman
John Leguizamo Cholo
Asia Argento Slack
Robert Joy Charlie
Eugene Clark Oberzombie "Big Daddy"
Tom Savini Macheten Zombie

Die Apokalypse ist bereits Geschichte und noch immer huldigt der verbliebene Rest der Menschheit dem schnöden Gott Mammon. Während außerhalb der mit Starkstromzäunen und bis zu den Zähnen bewaffneten Soldaten gesicherten letzten menschlichen Ansiedlungen die Untoten so langsam aber sicher die Weltherrschaft übernommen haben, lebt, wer es sich leisten kann, in der hermetisch abgeriegelten Luxusanlage "Fiddler's Green", die von dem skrupellosen Milliardär Kaufman kontrolliert wird. Die Kaste der Unterprivilegierten fristet ein trostloses Dasein im Ghetto und darf die neue Weltelite bedienen und für sie arbeiten, zum Beispiel als Söldner, Kastanien-aus-dem-Feuer-Holer und Zombiekiller wie Riley, der desillusionierte, aber noch immer moralisch gefestigte Anführer von Kaufmans Privatarmee (welche unter anderem auch dafür Sorge zu tragen hat, dass es der Schickeria an nichts mangelt, indem sie Nahrung, Alkohol und Luxusgüter aus den zombieverseuchten Vorstädten beschafft) und dessen rechte Hand Cholo, ein zwielichtiger Charakter, der den Aufstieg in die postapokalyptische High Society von Fiddler's Green anstrebt.

Als Kaufman Cholo abweist und ihn sogar zum Abschuss freigibt, stiehlt dieser mit einigen Kumpanen den "Dead Reckonning", ein riesiges Panzerfahrzeug, welches mit der Feuerkraft einer ganzen Artillerieeinheit bestückt ist. Er fordert von Kaufman fünf Millionen Dollar, andernfalls werde er Fiddler's Green unter Raketenbeschuss nehmen.
Da Kaufman "nicht mit Terroristen verhandelt", reaktiviert dieser Riley, der eigentlich bereits seinen Dienst quittiert hatte und sich mit seinem Kumpel Charlie in den hohen Norden nach Kanada abzusetzen gedachte. Da Riley aber verhindern möchte, dass noch mehr Blut sinnlos vergossen wird, willigt er ein und macht sich mit einer kleinen Gruppe kampferfahrener Spezialisten auf die Suche nach Cholo und dem Monster Truck.

Doch der drohende Raketenagriff ist beileibe nicht das einzige Problem, dass sich den Bewohnern der menschlichen Bastion stellt, denn die Zombies haben scheinbar einen Evolutionssprung gemacht und simple kognitive Fähigkeiten erworben. Offenbar haben die Wiedergänger gelernt, miteinander zu kommunizieren. Langsam aber unaufhaltsam rückt die Arme der Untoten von Blutdurst und unstillbarem Heißhunger auf warmes Menschenfleisch getrieben auf die Stadt zu...


Fast 20 Jahre lang musste sich der geneigte Fan von George A. Romero gedulden, bis dieser sich endlich wieder anschickte, einen Film zu dem Untoten-Subgenre beizusteuern, das er selber vor fast 40 Jahren mit dem wegbereitenden Night of the living Dead kongenial begründet hatte, 1978 mit dem epochalen Dawn of the Dead fortsetzte und schließlich 1986 - vorläufig - mit dem zunächst von den Fans etwas enttäuscht aufgenommenen Day of the Dead (ist inzwischen aber längst von Publikum und Kritik rehabilitiert) abschloss, nämlich dem sogenannten "Zombiefilm", der aber tatsächlich mit Zombies, Karibik und Voodoozauber, wie man es aus den Klassikern des eigentlichen Zombiekinos der 1930'er und 40'er Jahre wie "The White Zombie" oder "I walked with a Zombie" kennt, überhaupt nichts zu tun hat. Romeros "Zombies" sind Tote, die sich aus welchen Gründen auch immer aus ihren Gräbern erheben und scheinbar nur von dem einen Antrieb, nämlich dem Hunger auf lecker Menschenfleisch, gelenkt werden. Wer von einem solchen Wesen gebissen wird, ist "infiziert" und verdammt zu sterben, um ebenfalls als untoter "Zombie", "Ghoul" (dieser Ausdruck wird noch im 1968'er Film verwendet) oder wie man die Fresszellen aus dem Jenseits auch nennen möchte, umzugehen. Keine so schöne Vorstellung, das!

Das Romeros Filme von anderer Tragweite sind als die der Legionen seiner Nachahmer - vornehmlich (aber nicht ausschließlich) aus Italien und / oder Spanien - kann gar keine Frage sein. Während Filmemacher wie Lucio Fulci, Bruno Mattei oder auch Jess Franco (nur um mal einige Namen in den Topf zu werfen) sich zumeist darin genügten, zugegeben, oftmals recht effektive Splatterschocker herzustellen, die aber handlungstechnisch wie inhaltlich den Ball doch ziemlich flach hielten, servierte uns Romero stets einen Weltuntergang, der alles in Stücke schlug, woran der Durchschnittskapitalist so glaubte und es "Werte" nannte. Mit dem Ingrimm eines Straßenkämpfers ließ er seine halbverwesten Anti-Helden, die nicht mehr wie der Werwolf oder auch Dracula aus einem Reich der Mythen stammen, sondern aus der Mitte der Gesellschaft - ganz normale Menschen, Freunde, Nachbarn, Familienangehörige in blutgierige Ungeheuer verwandelt, in stumpfe blöde Fressmaschinen, die dein Fleisch wollen und dich somit auch deiner "Seele" berauben, dich quasi "gleichschalten" - auf die Menschheit los und weint der selben keine Träne nach. Eine zutiefst bigotte und von Geld- und Konsumgier besessene Gesellschaft verspeist sich geradezu selber. Das die Zombies immer wieder als die "Proletarier" des Horrorfilms bezeichnet werden, ist also kein Zufall.

Doch brachte Romero in seinen früheren Filmen, gerade in "Night" und "Dawn" (aber auch in Werken wie Martin oder "Crazies") seine Zivilisationskritik noch immer sehr subtil an den Mann, so ging er im "Land of the Dead" leider mit dem Holzhammer zu Werke um dem Publikum seine Message um die Ohren zu hauen. Mitunter geht er dabei sogar so weit, dass man beinahe den Eindruck haben könnte, der oberste Sowjet hätte ihn per Zeitmaschine aus der Vergangenheit beauftragt, einen Propagandafilm gegen den westlichen Kapitalimperialismus zu fabrizieren. Dennis Hopper, an sich ja ein recht passabler Independentmime, spielt exemplarisch hierfür den Schurken Kaufman als einen übertrieben lächerlichen Klischee Kotzbrocken, einem ganz und gar verachtenswerten Super-Olligarchen, der stets mit Champagner und teurer Zigarre in der Hand über Wohl und Weh der Menschen, einem römischen Cäsaren gleich, entscheidet. Wer nun erwartet, Hopper interpretiere die Rolle klug an der Grenze zur Parodie, was er ja an sich durchaus kann, der irrt, denn derlei war in Romeros Regiestil noch nie auszumachen. Die Reichen sind bis zum geht nicht mehr reich und rücksichtslos, die Geknechteten haben keine Chance, ihrem Elend zu entfliehen und planen die Revolution. Vor den Toren stehen die Anderen, die Untoten, die nun beginnen zu lernen und sich weiter entwickeln. Sie lassen sich nicht mehr von Lebenden in Schach halten und aussperren, sie kommen um ihre Nahrung zu holen. Ließen sie sich zuvor stets von einem von den Menschen gezündeten Feuerwerk aufhalten, so schreckt das "patriotische Blendwerk" sie nun nicht mehr ab. Der 11. September lässt schön grüßen. Ein Dummkopf, der nicht arges dabei denken würde.

Überhaupt lässt der Film viel von dem vermissen, was die früheren Werke von George A. an Qualität auszeichneten. Die Charaktere sind absolut schablonenhaft, strikt aufgeteilt in "gut" und "böse". Kaufman und Cholo sind böse, Riley hingegen, der Idealist, und sein naiver Kumpel Charlie töten nur, wenn sie müssen und wollen ansonsten in Ruhe gelassen werden, fast so wie der klassische Westernheld, der ja auch häufiger einen etwas unterbelichteten Sidekick neben sich reiten ließ. Zudem lässt Romero diesmal auch nur eben jene sterben, die es nach den Regeln der Hollywoodknigge "verdient" haben, die moralisch Verkommenen, die Ausbeuter und Verräter, während die Helden mit relativ heiler Haut davon kommen und am Ende gar noch Verständnis für die Untoten haben. Damit beraubte sich der Meister selbst eines seiner verstörendsten und fatalistischsten Stilelemente der ersten beiden Teile, in denen niemand je sicher war und auch vermeintliche Helden sterben mussten, führt aber in gewisser Weise fort, was sich bereits in Day of the Dead abzeichnete. Überhaupt hat "Land" mehr mit "Day" zu tun als mit "Night" und / oder "Dawn", wird aber von Romero nicht als direkte Fortsetzung betrachtet, vielmehr als weiteres Kapitel zu einer Geschichte, an der er bereits mehr als sein halbes Leben arbeitet, und das ist dann auch wieder gut so.

Eigentlich war ein "Kaufman" Charakter, der böse im Hintergrund die Fäden zieht, schon in "Day" geplant, ebenso wie die Evolution der Zombies, was sich ansatzweise schon am Charakter Bubs andeutete, doch all diese Ideen mussten damals verworfen werden weil das Budget nicht ausreichte. Diesmal standen Romero rund 18 Millionen $ zur Verfügung, das vermutlich prallste Budget, mit dem er jemals arbeiten durfte. Umso unverständlicher ist es, das Romero hieraus nicht mehr zu machen wusste. Das Set zum Beispiel sieht teilweise aus wie in einem billigen Frühachtziger Italo-Endzeitfilmchen. Was soll das? Was soll dieser dämliche gepanzerte "Mad Max" Truck? Hätten den Überlebenden nicht massenhaft Panzer und echte Artillerie zur Verfügung gestanden? In Zack Snyders gutem Dawn of the Dead Remake aus dem Vorjahr machte es ja noch durchaus Sinn, dass die Eingeschlossenen in bester "A-Team" Art einen Panzerwagen zusammenschweißten um auszubrechen, aber hier? Überhaupt, das klaustrophobische Element, die für die alten Filme so typisch beklemmende Situation der zumeist nur durch die Zweckmäßigkeit zusammengewürfelten Gruppe, die sich der Untoten erwehren muss, die Konflikte der Charaktere untereinander, gerade das machte ja stets einen Großteil der Spannung aus. Hier lässt Romero dieses ureigene Motiv schmerzlich vermissen.

Die Darsteller werden allesamt nicht sonderlich gefordert, weil die meisten Rollen ohnehin nicht viel hergeben. Über Dennis Hopper haben wir ja schon gesprochen, der Australier Simon Baker spielt seinen Part als Riley genau so stoisch, wie die Rolle es verlangt, John Leguizamo betreibt als Cholo klassisches Overacting und Asia Argento ist - mal wieder - als toughe Schlampe eher schmückend Beiwerk denn überzeugende Mimin. Schade, denn eigentlich kann sie ja durchaus spielen, wie sie zumindest in ihren älteren Filmen häufiger unter Beweis gestellt hat.

Somit, das muss man leider so sagen, hat Romero nicht viel mehr als einen streckenweise ganz passablen B-Film hinbekommen, der zwar nicht ununterhaltsam ist und auch ganz ordentliches Splatterhandwerk zu bieten hat, von seinen ehemaligen Großtaten aber meilenweit entfernt ist und vor allem nicht das zu vollbringen vermochte, was man nicht nur insgeheim gehofft hatte, nämlich dem Genre erneut einen kräftigen innovativen Arschtritt zu verpassen. Danny Boyle und der bereits erwähnte Zack Snyder waren mit 28 Days later bzw. dem neuen Dawn of the Dead näher am romeroschen Ansatz als er selber, ja selbst Edgar Wright war mit der grotesken Zombiekomödie "Shaun of the Dead" origineller und innovativer als der Zombiepapa, vor allem komischer!
Ich wage zudem mal die Prognose, wir waren bei "Land of the Dead" auch Zeuge des erneuten Abgesangs auf das Zombiegenre. Es lässt sich orakeln, dass der Boom bald wieder vorbei sein wird, auch wenn bereits Pläne für eine Fortsetzung von 28 Days later (soll dann wohl "28 Weeks later" heißen und Danny Boyle wird wohl nur noch der Executive Producer sein) und sogar eine Neuverfilmung von Day of the Dead vorliegen sollen (weder Romero noch Snyder wollen etwas mit dem Film zu tun haben), wird die (vermutlich) faulige Puste der Zombies nicht mehr sonderlich lange halten.

Außerdem wünsche ich mir persönlich als großer Freund und Bewunderer der guten alten Trilogie Romeros, dass dieser doch bitte keinen neuen Beitrag mehr zu seiner eigenen Epik beisteuern möchte und die Toten in Frieden ruhen lassen möge. Besser ist das unter diesen Umständen. Amen!

       



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