Land
of the Dead
AKA: Dead Reckoning,
George A. Romero's Land of the Dead

Die
Apokalypse ist bereits Geschichte und noch immer huldigt der verbliebene
Rest der Menschheit dem schnöden Gott Mammon. Während
außerhalb der mit Starkstromzäunen und bis zu den Zähnen
bewaffneten Soldaten gesicherten letzten menschlichen Ansiedlungen
die Untoten so langsam aber sicher die Weltherrschaft übernommen
haben, lebt, wer es sich leisten kann, in der hermetisch abgeriegelten
Luxusanlage "Fiddler's Green", die von dem skrupellosen
Milliardär Kaufman kontrolliert wird. Die Kaste der Unterprivilegierten
fristet ein trostloses Dasein im Ghetto und darf die neue Weltelite
bedienen und für sie arbeiten, zum Beispiel als Söldner,
Kastanien-aus-dem-Feuer-Holer und Zombiekiller wie Riley, der desillusionierte,
aber noch immer moralisch gefestigte Anführer von Kaufmans
Privatarmee (welche unter anderem auch dafür Sorge zu tragen
hat, dass es der Schickeria an nichts mangelt, indem sie Nahrung,
Alkohol und Luxusgüter aus den zombieverseuchten Vorstädten
beschafft) und dessen rechte Hand Cholo, ein zwielichtiger Charakter,
der den Aufstieg in die postapokalyptische High Society von Fiddler's
Green anstrebt.
Als Kaufman
Cholo abweist und ihn sogar zum Abschuss freigibt, stiehlt dieser
mit einigen Kumpanen den "Dead Reckonning", ein riesiges
Panzerfahrzeug, welches mit der Feuerkraft einer ganzen Artillerieeinheit
bestückt ist. Er fordert von Kaufman fünf Millionen Dollar,
andernfalls werde er Fiddler's Green unter Raketenbeschuss nehmen.
Da Kaufman "nicht mit Terroristen verhandelt", reaktiviert
dieser Riley, der eigentlich bereits seinen Dienst quittiert hatte
und sich mit seinem Kumpel Charlie in den hohen Norden nach Kanada
abzusetzen gedachte. Da Riley aber verhindern möchte, dass
noch mehr Blut sinnlos vergossen wird, willigt er ein und macht
sich mit einer kleinen Gruppe kampferfahrener Spezialisten auf die
Suche nach Cholo und dem Monster Truck.
Doch der drohende
Raketenagriff ist beileibe nicht das einzige Problem, dass sich
den Bewohnern der menschlichen Bastion stellt, denn die Zombies
haben scheinbar einen Evolutionssprung gemacht und simple kognitive
Fähigkeiten erworben. Offenbar haben die Wiedergänger
gelernt, miteinander zu kommunizieren. Langsam aber unaufhaltsam
rückt die Arme der Untoten von Blutdurst und unstillbarem Heißhunger
auf warmes Menschenfleisch getrieben auf die Stadt zu...

Fast
20 Jahre lang musste sich der geneigte Fan von George A. Romero
gedulden, bis dieser sich endlich wieder anschickte, einen Film
zu dem Untoten-Subgenre beizusteuern, das er selber vor fast 40
Jahren mit dem wegbereitenden Night
of the living Dead kongenial begründet hatte, 1978 mit
dem epochalen Dawn of the Dead fortsetzte
und schließlich 1986 - vorläufig - mit dem zunächst
von den Fans etwas enttäuscht aufgenommenen
Day of the Dead (ist inzwischen aber längst von Publikum
und Kritik rehabilitiert) abschloss, nämlich dem sogenannten
"Zombiefilm", der aber tatsächlich mit Zombies, Karibik
und Voodoozauber, wie man es aus den Klassikern des eigentlichen
Zombiekinos der 1930'er und 40'er Jahre wie "The White Zombie"
oder "I walked with a Zombie" kennt, überhaupt nichts
zu tun hat. Romeros "Zombies" sind Tote, die sich aus
welchen Gründen auch immer aus ihren Gräbern erheben und
scheinbar nur von dem einen Antrieb, nämlich dem Hunger auf
lecker Menschenfleisch, gelenkt werden. Wer von einem solchen Wesen
gebissen wird, ist "infiziert" und verdammt zu sterben,
um ebenfalls als untoter "Zombie", "Ghoul" (dieser
Ausdruck wird noch im 1968'er Film verwendet) oder wie man die Fresszellen
aus dem Jenseits auch nennen möchte, umzugehen. Keine so schöne
Vorstellung, das!
Das Romeros
Filme von anderer Tragweite sind als die der Legionen seiner Nachahmer
- vornehmlich (aber nicht ausschließlich) aus Italien und
/ oder Spanien - kann gar keine Frage sein. Während Filmemacher
wie Lucio Fulci, Bruno Mattei oder auch Jess
Franco (nur um mal einige Namen in den Topf zu werfen) sich
zumeist darin genügten, zugegeben, oftmals recht effektive
Splatterschocker herzustellen, die aber handlungstechnisch wie inhaltlich
den Ball doch ziemlich flach hielten, servierte uns Romero stets
einen Weltuntergang, der alles in Stücke schlug, woran der
Durchschnittskapitalist so glaubte und es "Werte" nannte.
Mit dem Ingrimm eines Straßenkämpfers ließ er seine
halbverwesten Anti-Helden, die nicht mehr wie der Werwolf oder auch
Dracula aus einem Reich der Mythen stammen, sondern aus der Mitte
der Gesellschaft - ganz normale Menschen, Freunde, Nachbarn, Familienangehörige
in blutgierige Ungeheuer verwandelt, in stumpfe blöde Fressmaschinen,
die dein Fleisch wollen und dich somit auch deiner "Seele"
berauben, dich quasi "gleichschalten" - auf die Menschheit
los und weint der selben keine Träne nach. Eine zutiefst bigotte
und von Geld- und Konsumgier besessene Gesellschaft verspeist sich
geradezu selber. Das die Zombies immer wieder als die "Proletarier"
des Horrorfilms bezeichnet werden, ist also kein Zufall.
Doch brachte
Romero in seinen früheren Filmen, gerade in "Night"
und "Dawn" (aber auch in Werken wie Martin
oder "Crazies") seine Zivilisationskritik noch immer sehr
subtil an den Mann, so ging er im "Land of the Dead" leider
mit dem Holzhammer zu Werke um dem Publikum seine Message um die
Ohren zu hauen. Mitunter geht er dabei sogar so weit, dass man beinahe
den Eindruck haben könnte, der oberste Sowjet hätte ihn
per Zeitmaschine aus der Vergangenheit beauftragt, einen Propagandafilm
gegen den westlichen Kapitalimperialismus zu fabrizieren. Dennis
Hopper, an sich ja ein recht passabler Independentmime, spielt exemplarisch
hierfür den Schurken Kaufman als einen übertrieben lächerlichen
Klischee Kotzbrocken, einem ganz und gar verachtenswerten Super-Olligarchen,
der stets mit Champagner und teurer Zigarre in der Hand über
Wohl und Weh der Menschen, einem römischen Cäsaren gleich,
entscheidet. Wer nun erwartet, Hopper interpretiere die Rolle klug
an der Grenze zur Parodie, was er ja an sich durchaus kann, der
irrt, denn derlei war in Romeros Regiestil noch nie auszumachen.
Die Reichen sind bis zum geht nicht mehr reich und rücksichtslos,
die Geknechteten haben keine Chance, ihrem Elend zu entfliehen und
planen die Revolution. Vor den Toren stehen die Anderen, die Untoten,
die nun beginnen zu lernen und sich weiter entwickeln. Sie lassen
sich nicht mehr von Lebenden in Schach halten und aussperren, sie
kommen um ihre Nahrung zu holen. Ließen sie sich zuvor stets
von einem von den Menschen gezündeten Feuerwerk aufhalten,
so schreckt das "patriotische Blendwerk" sie nun nicht
mehr ab. Der 11. September lässt schön grüßen.
Ein Dummkopf, der nicht arges dabei denken würde.
Überhaupt
lässt der Film viel von dem vermissen, was die früheren
Werke von George A. an Qualität auszeichneten. Die Charaktere
sind absolut schablonenhaft, strikt aufgeteilt in "gut"
und "böse". Kaufman und Cholo sind böse, Riley
hingegen, der Idealist, und sein naiver Kumpel Charlie töten
nur, wenn sie müssen und wollen ansonsten in Ruhe gelassen
werden, fast so wie der klassische Westernheld, der ja auch häufiger
einen etwas unterbelichteten Sidekick neben sich reiten ließ.
Zudem lässt Romero diesmal auch nur eben jene sterben, die
es nach den Regeln der Hollywoodknigge "verdient" haben,
die moralisch Verkommenen, die Ausbeuter und Verräter, während
die Helden mit relativ heiler Haut davon kommen und am Ende gar
noch Verständnis für die Untoten haben. Damit beraubte
sich der Meister selbst eines seiner verstörendsten und fatalistischsten
Stilelemente der ersten beiden Teile, in denen niemand je sicher
war und auch vermeintliche Helden sterben mussten, führt aber
in gewisser Weise fort, was sich bereits in Day of the Dead abzeichnete.
Überhaupt hat "Land" mehr mit "Day" zu
tun als mit "Night" und / oder "Dawn", wird
aber von Romero nicht als direkte Fortsetzung betrachtet, vielmehr
als weiteres Kapitel zu einer Geschichte, an der er bereits mehr
als sein halbes Leben arbeitet, und das ist dann auch wieder gut
so.
Eigentlich war
ein "Kaufman" Charakter, der böse im Hintergrund
die Fäden zieht, schon in "Day" geplant, ebenso wie
die Evolution der Zombies, was sich ansatzweise schon am Charakter
Bubs andeutete, doch all diese Ideen mussten damals verworfen werden
weil das Budget nicht ausreichte. Diesmal standen Romero rund 18
Millionen $ zur Verfügung, das vermutlich prallste Budget,
mit dem er jemals arbeiten durfte. Umso unverständlicher ist
es, das Romero hieraus nicht mehr zu machen wusste. Das Set zum
Beispiel sieht teilweise aus wie in einem billigen Frühachtziger
Italo-Endzeitfilmchen. Was soll das? Was soll dieser dämliche
gepanzerte "Mad Max" Truck? Hätten den Überlebenden
nicht massenhaft Panzer und echte Artillerie zur Verfügung
gestanden? In Zack Snyders gutem Dawn of the Dead Remake aus dem
Vorjahr machte es ja noch durchaus Sinn, dass die Eingeschlossenen
in bester "A-Team" Art einen Panzerwagen zusammenschweißten
um auszubrechen, aber hier? Überhaupt, das klaustrophobische
Element, die für die alten Filme so typisch beklemmende Situation
der zumeist nur durch die Zweckmäßigkeit zusammengewürfelten
Gruppe, die sich der Untoten erwehren muss, die Konflikte der Charaktere
untereinander, gerade das machte ja stets einen Großteil der
Spannung aus. Hier lässt Romero dieses ureigene Motiv schmerzlich
vermissen.
Die Darsteller
werden allesamt nicht sonderlich gefordert, weil die meisten Rollen
ohnehin nicht viel hergeben. Über Dennis Hopper haben wir ja
schon gesprochen, der Australier Simon Baker spielt seinen Part
als Riley genau so stoisch, wie die Rolle es verlangt, John Leguizamo
betreibt als Cholo klassisches Overacting und Asia Argento ist -
mal wieder - als toughe Schlampe eher schmückend Beiwerk denn
überzeugende Mimin. Schade, denn eigentlich kann sie ja durchaus
spielen, wie sie zumindest in ihren älteren Filmen häufiger
unter Beweis gestellt hat.
Somit, das muss
man leider so sagen, hat Romero nicht viel mehr als einen streckenweise
ganz passablen B-Film hinbekommen, der zwar nicht ununterhaltsam
ist und auch ganz ordentliches Splatterhandwerk zu bieten hat, von
seinen ehemaligen Großtaten aber meilenweit entfernt ist und
vor allem nicht das zu vollbringen vermochte, was man nicht nur
insgeheim gehofft hatte, nämlich dem Genre erneut einen kräftigen
innovativen Arschtritt zu verpassen. Danny Boyle und der bereits
erwähnte Zack Snyder waren mit 28 Days
later bzw. dem neuen Dawn of
the Dead näher am romeroschen Ansatz als er selber, ja
selbst Edgar Wright war mit der grotesken Zombiekomödie "Shaun
of the Dead" origineller und innovativer als der Zombiepapa,
vor allem komischer!
Ich wage zudem mal die Prognose, wir waren bei "Land of the
Dead" auch Zeuge des erneuten Abgesangs auf das Zombiegenre.
Es lässt sich orakeln, dass der Boom bald wieder vorbei sein
wird, auch wenn bereits Pläne für eine Fortsetzung von
28 Days later (soll dann wohl "28 Weeks later" heißen
und Danny Boyle wird wohl nur noch der Executive Producer sein)
und sogar eine Neuverfilmung von Day of the Dead vorliegen sollen
(weder Romero noch Snyder wollen etwas mit dem Film zu tun haben),
wird die (vermutlich) faulige Puste der Zombies nicht mehr sonderlich
lange halten.
Außerdem
wünsche ich mir persönlich als großer Freund und
Bewunderer der guten alten Trilogie Romeros, dass dieser doch bitte
keinen neuen Beitrag mehr zu seiner eigenen Epik beisteuern möchte
und die Toten in Frieden ruhen lassen möge. Besser ist das
unter diesen Umständen. Amen!



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