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Dunkel - Das erste Kapitel 

Deutschland, 2005, Farbe, 105min
 
Regie: Hendrik Röhrs
Produzenten: Transcendental Pictures, Hendrik Röhrs, Timo Wussow, Steffen A. Röhrs
Drehbuch René Rausch, Hendrik Röhrs
Musik: Steffen A. Röhrs
Kamera: René Rausch, Lars Dreyer
Robert Koch Lew
Katharina Rahn Riva
Timo Wusow Kaman
Beate Franke Sira
Frido Feldbinder Iriras
Colin Paterson Pius

In einer anderen Zeit, in einer fremden Welt...

Kriege haben die Zivilisation fast völlig vernichtet, noch immer wird gekämpft. Der Einzelgänger Lew schlägt sich durch das mittlerweile fast menschenleere, verwüstete Land. Ohne Hoffnung, ohne Zukunft. Dies ändert sich, als er Riva begegnet, die in einer der letzten Siedlungen lebt. Doch ihre Liebe ist bedrohlt, denn in den Schatten der Nacht lauert eine bisher noch unbekanne Gefahr: die Nachtwesen, die nach immer mehr Opfern gieren. Auch den Banditen kaman und Sira wiederfährt eine schicksalhafte Begegnung mit den Geschöpfen der Dunkelheit, die ihre Existenz für immer verändern wird...

Die finsteren Tage der Menschheit haben begonnen...

Der tiefe dunkle Wald, irgendwann in Vergangenheit, Zukunft, Gegenwart oder vielleicht ja auch einer Parallelwelt (wer weiß?)...
Ein blonder Wandersmann, der ein wenig aussieht, als käme er wahlweise aus einem "Mad Max" oder einem "Robin Hood" Streifen dahergestiefelt (letzteren Eindruck verfälscht allerdings ein wenig das altertümliche Karabinergewehr, das er über der Schulter trägt), stolpert über eine Leiche. Statt aber Zeter, Mordio und nach der Polizei zu brüllen inspiziert er den Toten lieber auf noch brauchbare Gegenstände aus dessen Besitz, findet aber offensichtlich nichts, was sein Interesse wecken kann. So stapft er halt weiter durch den tiefen dunklen Wald, und wir ahnen schon, hier herrschen finstere Zeiten...

Ungefähr zeitgleich fällt ein Banditentrio im gleichen finstern' Forst aus dem Hinterhalt über einige Händler her, die scheinbar Waren aus dem Nachlass eines "Schlecker" Marktes vertreiben. Zwar werden die Kaufleute niedergemetzelt und der Raubzug war erfolgreich, doch Kaman, offenkundig der Anführer des kriminellen Dreigestirns, ist dennoch unzufrieden und auch ansonsten nicht gerade guter Dinge, plagen ihn doch seit geraumer Zeit grässliche Alpträume von untoten Wesen, die ihn des nachts zu holen drohen. Seine beiden Komplizen, der Malek und die Gangsterbraut Sira, wissen auch keinen Rat, sind aber vorsichtig besorgt, schließlich muss man sich ja aufeinander verlassen können in diesen harten Tagen...

Nun treffen wir unseren blonden Wandersmann wieder, von dem wir bald erfahren werden, dass er auf den Namen Lew hört. Dieser Lew erreicht eine armselige Ansiedlung, wo er erlegte Tiere gegen Munition für sein Gewehr tauscht. Scheint also eine Art Trappergewerbe zu betreiben, unser Lew. Als dieser im Dorf auch auf die schöne junge Riva trifft, ist es um ihn geschehen, und weil's manchmal eben einfach läuft, ist auch sie ihm ersten Blickes recht zugetan. Doch kann in solch erbarmungslosen Zeiten wohl ein zartes Knösplein Liebe gedeihen? Das wird sicherlich nicht einfach, stellt man sich sogleich vor, und tatsächlich, bereits am Morgen nach der ersten gemeinsamen Nacht, die Lew dann auch direkt zu der Aussage veranlasst, künftig nicht mehr ohne Riva sein zu wollen (war scheinbar etwas lange allein im Wald, der Lew), stößt er auf die Spuren eines augenscheinlich furchtbaren Kampfes. Er findet die Leiche des Banditen Malek übel zugerichtet und einen halbtoten Kaman, den er direkt zum Oberarzt in die Gemeinde schleppt. Dort ist man wenig begeistert davon, den üblen Burschen zusammenflicken zu müssen, die Aussicht darauf, den Vorstand des ortsansässigen Kriminellenverbandes aber endgültig aus dem Verkehr ziehen zu können, indem man ihn in die berüchtigte "Anstalt" abschiebt, einem finsteren Verlies, aus dem bislang noch niemand jemals zurückkehrte, lässt beim Gemeinderat wieder ein wenig mehr Freude aufkommen.

Noch ahnt im Dorf niemand, was unseren Räubern im Dickicht wiederfuhr und wer die Herren Malek und Kaman so zurichtete, doch es geht die Mär von bösen Nachtwesen, die sich am Blute der Lebenden laben und ihre armen Opfer in ihr untotes Dasein holen. Doch so recht glauben mag diese Räuberpistolen niemand, und es wird ja auch immer viel geredet in langen Nächten am Feuer. Dennoch ist schon seltsam, was der Lew da so erzählt, beispielsweise von verkohlten Leichen, die sich offenbar selbst entzündet haben, da ihre Umgebung keinerlei Verbrennungsspuren aufweist. Na ja!

So dann, kaum kann Kaman transportiert werden, da sieht er auch schon seiner Reise in die "Anstalt" entgegen, die sich als wahrhaft zappendusteres Loch entpuppt, als Mittelding aus mittelalterlichem Kerker und expressionistischer Klapsmühle, in der man ständig verlorene Seelen irre Schreie ausstoßen hört und in deren Schreibstube ein an Kafkas Geschichten gemahnender ordentlicher Beamter sitzt, der Kamans Papieren einen "Lebenslänglich" Stempel verpasst. Als in die Nähe des Gefängnisses ein Artilleriegeschoss einschlägt, macht sich Kamans Bewacher aus dem Dorf Sorgen, dass die Front ja wohl immer näher käme, worauf der Beamte nur meint: "Quatsch, sind doch unsere eigenen. Das dauert inzwischen schon so lange, dass die Kanonenrohre alle verbogen sind!" Oha, ein Krieg also.... Nur wer gegen wen...und warum...?

Inzwischen ist auch klar, was aus Sira, der dritten im Bunde der Räubertroika, geworden ist, nämlich ebenfalls eine Gefangene. Allerdings nicht jener "Anstalt", sondern der Wesen, die nächtens das Ende von Kamans kleiner Gang einläuteten. Sira wird zu Irias gebracht, der sie aufklärt, sie sei nun eine von "Ihnen", eine untote Blutsaugerin. Warum das so sei wisse man nicht, denn einst waren die Vampire Soldaten. Hunger, Krankheit, Elend und immerwährender Krieg hätten sie dahingerafft, nun seien sie zu dem geworden, was sie jetzt sind, bluttrinkende Nachtwesen! Sira solle sich damit abfinden, denn einen Weg zurück gäbe es nicht! Ja ja, der Krieg...!

Kaman, inzwischen so weit genesen, gelingt ein blutiger Ausbruch aus der Anstalt, was ein Verfolgungskommando der Soldaten nach sich zieht, welches just in dem Moment in unserem wohlbekannten Dorfe eintrifft, als die Leiche eines kurz zuvor blutleer aufgefundenen Mädchens aus dem selben verschwunden ist. Panik, Paranoia, Nachtwesengeschichten revisited. Riva beschließt ihren Lew aus dem Wald zurückzuholen, denn der ist ja ein echter Kerl, und eines solchen bedarf es in Situationen wie dieser nun mal. Dummerweise wird sie von einem der Vampire attackiert und verletzt, doch Lew, der Rivas Schreie hörte, kann den Vampir überwältigen und töten. Inzwischen liefern sich die Soldaten und die Vampire eine mörderische und verlustreiche Schlacht, in der auch der Oberarzt der Gemeinde sein Stetoskop (statt des Löffels) abgibt, was nun wieder nicht gut für den Zustand Rivas ist, die dringend der Hilfe eines Heilkundigen bedürfte.

Im Dorf rüstet man sich für die letzte Schlacht gegen die Vampire, die auch bald angreifen. Da taucht auch Kaman wieder auf, inzwischen selber zum Vampir mutiert und deswegen mächtig missmutig gelaunt und greift in die Ereignisse ein. Während Riva mit dem Tode ringt, dringt schließlich Irias in ihr Zelt ein um auch sie in eine Untote zu verwandeln. Wird Lew sie retten können? Und wer wird die letzte Schlacht der dunklen Tage gewinnen - Menschen oder Vampire?


So manch einer, der sich in letzter Zeit durch Filme wie Midnight Mass oder Montrak "gruselte", wird nun sicherlich voller Schrecken die Hände über dem Kopf zusammenschlagen und denken, 'oh nein, bitte nicht schon wieder so ein Amateurfilm eines verkannten Genies des Regiefaches', was ich prinzipiell so jederzeit unterschreiben würde. Doch Obacht, es geht auch anders, wie der vorliegende Titel eindeutig beweist. Dem Transcendental Team um Regisseur Hendrik Röhrs gebührt nicht nur Lob für ihren guten Film "Dunkel - Das erste Kapitel", sondern vor allem Respekt. Ich habe nie zuvor einen ähnlich anspruchsvollen, ausgereiften und gekonnt gemachten, klugen und, yep, smarten Amateurfilm gesehen, und das meine ich jetzt nicht nur auf deutschsprachiges Terrain bezogen. "Dunkel" ist Weiten interstellaren Ausmaßes von den üblichen kettenrauchende-Kiddies-ballern-in-der-ortsnahen-Kiesgrube-rum,-verteilen-dabei-möglichst-viele-Schlachtabfälle-und-haben-eine-Mordsgaudi-Filmen entfernt, womit schon mal die zumeist schwerwiegendsten Fehler vermieden worden wären.

Üblicherweise hat man bei Amateurstreifen ja fast prinzipiell den Eindruck, ein paar junge Menschen mit ausgeprägt präadoleszentem Humor haben vor ihrer Videokamera etwa die Szenen nachgestellt, die sie vielleicht noch vier Jahre zuvor im Kinderzimmer mit ihren Playmobilfiguren gespielt haben. Drehbuch? Pfft, wozu das denn? Hauptsache das Ketchup spritzt!
René Rausch und Henrik Röhrs hingegen haben sich alle Mühe gegeben, ein wirklich gutes Drehbuch zu schreiben, und das ist ihnen auch gelungen. Sie ließen eine gänzlich eigene Welt entstehen, ein Endzeitszenario, in der der Mensch (vermutlich) bedingt durch einen apokalyptischen Krieg, von dem (wie es scheint) niemand mehr weiß, wie lange er inzwischen dauert, geschweige denn wie er mal angefangen hat, vor den Scherben seiner Existenz steht. Wann die Geschichte spielt, weiß man nicht, das ist aber auch völlig egal. Ebenso ist egal, was eigentlich passiert ist, welche Katastrophe die Menschheit scheinbar in die Zeiten finstersten Mittelalters zurückgetrieben hat und warum in dieser rätselhaften Welt Vampire existieren - so ist die Situation einfach! Allein schon dieser Umstand zeichnet diesen Film ungemein aus. Einen simplen Horrorfilm nach üblichem Metzelmätzchenschema wollte man sich gar nicht erst antun und machte es sich bewusst schwer. Ob man "Dunkel" nun dem (derzeit mal wieder so angesagten) Fantasy Genre, gar der Science Fiction oder am Ende doch dem Horror zuordnen möchte, bleibt dem Zuschauer selber überlassen, dem Film ist's letztlich egal, und das nenne ich fürwahr smart!!!

Erstaunlich ist die scheinbar völlig selbstverständliche Abgebrühtheit, mit der die jungen Damen und Herren von Transcendental zu Werke gingen. Wo bei den Kollegen schon zu Beginn die Gedärme durch die Gegend fliegen (scheint eine ungeschriebene Regel des Amateurfilms zu sein, mit dem Auftakt muss gleich klargestellt sein, dieses hier ist nichts für Leute mit Herzschrittmachern), passiert bei "Dunkel - Das erste Kapitel" erst mal fast gar nichts was in irgendeiner Form mit Action zu tun hat. Stattdessen haben die Eröffnungssequenzen einen fast meditativen Charakter. Lew schreitet durch den Wald, den guten alten mystischen deutschen Wald, schreibt immer wieder was in seine Kladde, lernt ein Mädchen kennen, und so weiter. Das ist, mit Verlaub, richtig großes Kino. Und auch die Kameraeinstellungen stimmen in diesen Szenen fast immer. Manchmal ist man fast geneigt zu glauben, man habe es tatsächlich mit einem zumindest mal richtig guten Film der B-Kategorie zu tun, aber dann fehlt es letztlich doch immer wieder ein wenig an der Epik, die der Stoff eigentlich verdient hat. Aber Digicam ist eben Digicam und der bayrische Wald, der Harz, Ostwestfalen oder der Spreewald (oder wo auch immer der Film entstanden sein mag) sind eben nicht Colorado oder Nova Scotia, das Budget ist nicht mal ansatzweise Independent Hollywood und die Umstände müssen somit eben als gegeben hingenommen werden. Klar, es gibt durchaus noch einige Schwachstellen und Unzulänglichkeiten, die man eben als gegeben hinnehmen muss. Das Dorfset sieht natürlich recht billig aus, die Tonspur lässt einstweilen arg zu wünschen übrig, einige Dialoge sind sogar richtig schwer zu verstehen, und der schwer um Pathos bemühte Synthesizer Soundtrack, der in der einen oder anderen Einstellung mit übertriebenem Tamtam nervt, an anderen Stellen gar nicht vorhanden ist (leider immer wieder ein Manko bei Amateurproduktionen) kann das Filmvergnügen auch schon mal trüben, aber hey, wir haben es hier nicht mit einem Hochglanzding zu tun, sondern mit einem Streifen, in dem wirklich viel Herzblut steckt, und genau das merkt man ihm an!

Die schauspielerischen Leistungen möchte ich nicht wirklich bewerten, denn schließlich haben wir es ja ausschließlich mit Laiendarstellern zu tun, die ihre Parts aber insgesamt erstaunlich gut spielen. Es kamen sogar einige beachtliche Leistungen zustande, wie zum Beispiel die Timo Wussows als Kaman, auch Robert Koch (der heißt wirklich so!), Beate Franke und Katharina Rahn machen ihre Sache gar nicht mal schlecht, wirken aber letztlich etwas uncharismatisch. Doch das geht vollkommen ok!

Ich würde dem Transcendental Team ehrlich wünschen, dass der Sprung zur Professionalität klappen möge, denn das hier wahrhafte Talente mit Visionen, die der deutschen Filmindustrie mit Sicherheit nicht schaden könnten, herangereift sind, kann ja wohl kaum in Zweifel gestellt sein. Man sollte Röhrs und Rausch ein ordentliches Budget zur Verfügung stellen und sie darin bestärken, doch bitte weiter an ihrer "Dunkel" Saga zu arbeiten, denn was ich noch gar nicht erwähnt habe, "Dunkel - Das erste Kapitel" ist bereits ein zweiter Teil von einem Film, der na wohl wie heißen mag? Richtig, "Dunkel" eben! Wie der Zusatz "das erste Kapitel" aber eben bereits andeutet, handelt es sich hier um ein Prequel zu ihrem Film "Dunkel", den ich nun aber auch unbedingt sehen möchte.

Mein Fazit? Hut ab. Bei einem entsprechenden Budget wären sicherlich auch die kleineren Fehler vermieden worden, so betrachten wir den Film einfach mal als Sprungbrett für die größere Karriere seiner Macher, und ich könnte mir vorstellen, dass die Legendenbildung um den hier besprochenen Titel bereits begonnen hat. Wenn unsere Helden von Transcendental erst mal berühmt sind, wird man den Namen dieses Films sicherlich nur noch voller Ehrfurcht raunen. In einer gerechten Welt wird dies passieren.




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