John
Balderston
John
Balderstons Name ist heute beinahe vergessen, dennoch kann an seinem
Platz in der Geschichte des Phantastischen Films und dem Vampirfilmgenre
im Besonderen kein Zweifel herrschen. Warum? Wir werden sehen:
Balderston kam
am 22. Oktober 1889 in Philadelphia, Pennsylvania, USA, zur Welt.
Früh begann er alles zu lesen, was ihm zwischen die Finger
kam, und so stand auch schon bald sein Berufswunsch fest: er wollte
Schriftsteller werden, oder zumindest Journalist! Nach dem College
verdiente er sich erste Sporen als Reporter für verschiedene
Lokalzeitungen in Pennsylvania. Als der erste Weltkrieg losbrach,
verschlug es ihn als Kriegskorrespondent nach Europa. Er erwarb
sich einen fabelhaften Ruf als Berichterstatter und schrieb nach
kurzer Zeit für namhafte Blätter wie das "Outlook"
Magazin oder die "New York World"
In den 1920'er
Jahren begann Balderston als Theaterautor zu arbeiten. Im Rahmen
dieser Tätigkeit lernte er auch den irischen Autor, Produzenten
und Schauspieler Hamilton Deane kennen,
der 1923 eine Bühnenfassung von Bram Stokers
legendärem Roman Dracula
verfasst hatte, welches 1924 im englischen Derby uraufgeführt
wurde und zum sensationellen Erfolg geriet. Deane verkörperte
hierbei persönlich die Rolle des Dr. van Helsing. Nun war Deane
auf der Suche nach einem erfahrenen amerikanischen Autor, der seinen
Dreiakter für das amerikanische Publikum adaptieren sollte.
Balderston willigte begeistert ein und nahm zusammen mit Deane umfangreiche
Änderungen am Aufbau des Stückes und den Dialogen vor.
Als das Stück schließlich 1927 in seiner neuen Fassung
in den Vereinigten Staaten uraufgeführt wurde, brach es sämtliche
Rekorde und übertraf den Erfolg der englischen Fassung bei
weitem, was nicht zuletzt ein Verdienst des Hauptdarstellers war,
dem legendären Bela Lugosi, der hier
den Grundstein zu seiner Hollywoodkarriere legte. Gerade das weibliche
Publikum hing förmlich an den Lippen Lugosis, der mit seinem
theatralischen Spiel und dem exotischen Akzent eine für die
damalige Zeit beinahe unerhörte Wirkung erzielte.
Balderston erkannte
die Möglichkeiten, die sich aus dem Stoff ergaben und setzte
sich aktiv für eine Verfilmung des Stückes ein. Bald interessierte
sich der populäre Regisseur Tod Browning
für die Filmrechte. Doch zunächst musste Bram Stokers
Witwe Florence, der die Rechte an der Figur Dracula gehörten,
der Verfilmung zustimmen. Sie verlangte 200 000 $ hierfür,
ein Preis, der der "Universal", die den Film produzieren
wollte, eindeutig zu hoch war. So regte Balderston an, sowohl Deane,
der persönlich mit der Familie Stoker bekannt war, wie auch
Lugosi, der als Theater-Dracula immens populär war, sollten
sich bei Mrs. Stoker für eine Verfilmung verwenden. Schließlich
stimmte diese zu und man einigte sich auf 40 000 $. Der Drehbuchautor
Garret Fort verfasste ein Skript, dass sich in weiten Teilen stärker
an Balderstons Bühnenfassung orientierte als an Stokers Roman,
Lugosi bekam schließlich die Titelrolle, da der eigentlich
vorgesehene Lon Chaney kurz vor Beginn der Dreharbeiten an Lungenkrebs
starb, und der Rest ist sozusagen (Film)Geschichte, Brownings Dracula
brachte bekanntlich eine gewaltige Lawine ins Rollen.
Balderston hatte
auch Peggy Webling bei der Theateradaption des berühmten Romans
"Frankenstein" von Mary Shelley zur Seite gestanden, auf
der das Drehbuch zum Universal "Frankenstein" aus dem
Jahre 1931 von James Whale beruhte (an dem wiederum Garret Fort
mitschrieb.) 1932 schließlich war Balderston als direkter
Drehbuchautor am Skript von Karl Freunds "Die Mumie" beteiligt.
1935 verfasste er das Skript zu Whales "Frankensteins Braut"
und war im selben Jahr auch am Drehbuch zu Tod Brownings Das Zeichen
des Vampirs beteiligt, wurde aber in den Credits dieses Films nicht
erwähnt, möglicherweise weil von "Columbia Pictures"
hergestellt und nicht von der "Universal", mit der Balderston
zu jener Zeit vertraglich verbunden war. 1936 verfasste er gemeinsam
mit Garret Fort die Story zu Dracula's Daughter, der direkten Fortsetzung
des zu der Zeit schon legendären ersten Draculas, für
die allerdings nicht mehr Tod Browning, sondern Lambert Hillyer
der Mann war, der "Action" und "Cut!" rufen
durfte.
In den Folgejahren
verfasste Balderston etliche Drehbücher, die hauptsächlich
der Phantastik zuzuordnen sind. Eine Vielzahl derer waren Adaptionen
von literarischen Vorlagen oder Theaterstücken. Er schrieb
nebenher auch weiterhin selber für das Theater, bevor er seine
Arbeiten ab Anfang der 1950'er Jahre immer stärker in den Dienst
des noch jungen Mediums TV stellte.
John L. Balderston
starb am 08. März 1954 in Los Angeles, Kalifornien, im Alter
von knapp 65 Jahren. Die Umstände seines Todes sind nicht bekannt.
Gerade durch
seine Mitarbeit an den ersten großen Filmen der so genannten
Universal-Monsterreihe prägte er den typischen Stil des American
Gothic der 1930'er Jahre entscheidend mit. Dafür gebührt
ihm allemal ein Ehrenplatz in unserer "Ahnengallerie"
und ein fester Platz im Pantheon der "unheimlichen" Filmschaffenden!
|