Derzeit online

386
Filme
125
Bücher
34
Biographien
50
Hörspiele
Reviews in English

 

 

 

 

 

 

 

Theda Bara

Theda Bara ist ein Mythos, und zwar ein äußerst wunderlicher. Dereinst entzaubert umwabert die Dame inzwischen längst wieder der nebulöse Hauch des Abseitigen, Mysteriösen, Magischen und Lasterhaften. Theda war zu ihrer Zeit, den 1910'er Jahren des 20. Jahrhunderts und somit der Kinderstube Hollywoods, die personifizierte Verkörperung der Femme Fatale, des Luders, des Vamps, letztlich des archetypischen Vampirs der "männermordenden" Art, einer Lilith oder Salome gleich, eines Sukkubus, wenn man so will, die den Kerlen Verderben und Unheil bringt, Familien zerstört und letztlich in ihrem schändlichen Tun obsiegt und im Film unerhörterweise mit ihrem Tun auch noch straffrei davonkommt.Was wurde der schönen Theda nicht alles nachgesagt? Sie sei die verruchteste Frau ihrer Zeit gewesen, die Tochter eines Scheichs und einer italienischen Künstlerin und im Schatten der Pyramiden von Gizeh das Licht der Welt erblickt haben, doch eigentlich wurde ihre Vita auf jedes ihrer Filmprojekte passend neu erfunden. Sie ist, wie wir noch sehen werden, im Prinzip das Role Model, das die noch heute gültigen Regeln der Traumfabrik von Hollywood vorlebte ohne sie allerdings selber erfunden zu haben - ein Kunstwesen. Sie spielte quasi permanent die Theda Bara, jene Film- und Sexgöttin, mit der die Frau dahinter eigentlich wenig verband und in ständigem Zwietracht stand.
Hier ist ihre Geschichte.

Ihr genaues Geburtsdatum liegt tatsächlich im Ungewissen, doch die meisten und verlässlichsten Quellen geben den 20. oder 29. Juli des Jahres 1885 als Tag an, an dem sie unter dem Namen Theodosia Burr Goodman als Tochter einer wohlhabenden jüdisch osteuropäischen Auswandererfamilie in Avondale, einem Vorort der Großstadt Cincinnati in Ohio, USA, geboren wurde. Zwischen 1899 und 1903 soll sie die Walnut Hills High School in Cincinnati besucht haben und anschließend an der Universität von Cincinnati studiert haben.

Gegen den ausdrücklichen Willen ihrer Eltern setzte sie ihren Wunsch durch, Schauspielerin zu werden und ging nach New York. Hier versuchte sie unter dem Namen Theodosia de Coppett als Bühnenschauspielerin Karriere zu machen, was ihr aber nicht so recht gelingen wollte Zwar spielte sie eifrig, der große Erfolg aber blieb aus, was sich ändern sollte nachdem sie im Jahre 1914 auf den Produzenten William Fox traf.Der hatte schon früh die Rechte an dem Bühnenstück A Fool there was erworben und war auf der Suche nach der idealen Schauspielerin, die die Rolle der männerverschlingenden Vampirfrau nicht nur überzeugend spielen könnte, sondern auch zu personifizieren in der Lage sein würde, und fand seine Idealbesetzung in Theodosia. Zunächst verpasste er seinem künftigen Star einen neuen Namen, der sogleich auch mit einer völlig neuen Identität einher ging. Er nannte sie Theda Bara und es wurde verbreitet, der Name sei ein Anagramm von "Arab Death", was aber ziemlich sicher dem Zufall geschuldet ist, denn Theda war einfach nur der von Theodosia abgeleitete Rufname, den sie schon seit Kindheitstagen hatte, Bara leitete sich vom Familiennamen ab, der amerikanisiert Burr lautete. Da bleibt also wenig mysteriöses, dennoch trägt so eine Geschichte ja massiv zur Legendenbildung bei. A Fool there was geriet zu einem damals nicht gekannten Filmerfolg, Bara wurde zum Shootingstar, zur allerersten Filmdiva Hollywoods (obschon dort erst einige Jahre später gedreht werden sollte, denn tatsächlich stellte Fox seine frühen Film allesamt noch an der Ostküste her), zur Schlampe de Luxe, wenn man so will, die Männerphantasien in einem bis dahin nie gekannten ausmaß bediente. Fox machte Millionen mit ihr und baute tatsächlich sein Filmimperium, das schließlich in der 20th Century Fox, Fox Searchlight und Fox Television aufging auf dem Grundstein A Fool there was auf. Die Kassen klingelten gehörig und Bara gab sich alle Mühe, ihr verruchtes Image aufrecht zu erhalten, auch wenn sie es selber niemals mochte. Sie ließ sich in hauchdünnen Kleidchen ablichten, die mehr ent- als verhüllten, trat in den seltsamsten Roben und ihrem berühmten Make up bei Pressekonferenzen auf, aß dabei auch schon mal rohes Fleisch, wenn Fox dies für eine gute Idee hielt, und drehte fortan quasi immer wieder den gleichen Film, der sie als böse Verführerin zeigte. Auf rund 40 derer brachte sie es insgesamt, die Titel trugen wie "The Tiger Woman" oder "The Devil's Daughter". Leider sind die wenigsten von ihnen heute noch erhalten.

Nachdem Bara insgesamt 23 Filme für die Fox Studios in New Jersey gedreht hatte, war "Cleopatra" 1917 der erste Streifen, den Fox in Hollywood drehen ließ, und zwar mit einem damals ganz und gar nicht üblichen gigantischen Material- wie Finanzaufwand. Er ließ riesige Sets in der kalifornischen Wüste bauen, engagierte Hunderte von Statisten, die er auch ausstattete, und richtete ein komplett neues Filmstudio in dem bis dahin unbedeutenden Vorort von Los Angeles ein. Ein zusätzliches Risiko wagte Fox mit der für seine Zeit epischen Filmlänge, die mit gut zwei Stunden locker doppelt so lang war wie damals üblich, doch der gigantische Erfolg von "Cleopatra" gab ihm letztlich recht. "Cleopatra" darf als eigentliche Geburt der Traumfabrik, die seitdem untrennbar mit dem Namen Hollywood verbunden ist, betrachtet werden, Theda Bara, jetzt auf dem Zenit ihrer Karriere, als ihre erste Göttin. Das Tandem Fox und Bara hatten somit vorgelebt, wie man es fortan anzustellen hatte, mit dem noch recht jungen Medium nicht nur Unmengen Geld zu verdienen, sondern wie man eben tatsächlich eine wahre Industrie aus dem Film machte und dem Publikum verkaufte, was es angeblich sehen wollte. Dieser seit fast hundert Jahren bewährte Mechanismus funktioniert ja noch heute einwandfrei und gut geölt im Hochglanz Filmgewerbe von Bruckheimer, Jackson, Lucas und Co.

Theda, inzwischen so populär wie höchstens noch Charlie Chaplin neben ihr, war gar der erste Filmstar, dem die US Post eine eigene Briefmarkenkollektion widmete. Doch ab 1922 sollte sich für Theda einiges ändern, denn mit dem Aufkommen der so genannten "Hay Kommission" (nach William H. Hays), einer Art nicht ganz freiwilliger Selbstkontrolle der amerikanischen Filmwirtschaft, wurden Filme plötzlich auf ihre moralische Integrität hin geprüft, Ziel war es, alles was in irgendeiner Form als lasterhaft und moralisch nicht einwandfrei angesehen werden konnte, von der Leinwand zu verbannen, was auch und gerade für die freizügigen Kostüme galt, für die Bara ja bekannt und beliebt war. Fox verlor das Interesse an seinem Star, denn niemand wollte die Diva und Vampirfrau Theda Bara gegen ihr Image, das plötzlich ja nicht mehr gefragt war, besetzt sehen. Eine Falle schnappte also zu, in die sie sich selbst manövriert hatte. Später, als der Tonfilm aufkam, wollte man Theda angeblich nicht mehr besetzen, weil ihre Stimme nicht zu ihrem Aussehen gepasst haben soll, aber der eigentliche Grund lag wohl eher darin behaftet, dass der Zahn der Zeit auch vor einer Femme Fatale nicht halt macht, so verblasste der Ruhm Theda Baras allmählich und die Traumfabrik gebar neue, entschärftere Traumfrauen. Theda zog sich im Jahre 1926, nachdem sie noch in ihrer Selbstparodie "Madame Mystery" zu sehen war, komplett aus dem Filmgeschäft zurück und versuchte nie ein Comeback, denn eigentlich war sie froh, ihr Image endlich hinter sich lassen zu können.

Bereits 1921 hatte sie den erfolgreichen Regisseur Charles Brabin geehelicht. Mit ihm lebte sie fortan das Leben wohlhabender Menschen im Ruhestand. Sie reiste viel und hielt oft Gesellschaften ab, bei denen sie eine perfekte Gastgeberin gewesen sein soll. Kaum jemand wusste, das Theda Bara jenseits ihrer Kunstfigur eine großzügige und sozial engagierte Frau war, die während des Ersten Weltkrieges Soldatencamps besuchte, Hunderttausende von US-Dollar in Kriegsanleihen anlegte und stets einen nicht unerheblichen Teil ihrer Honorare für wohltätige Zwecke spendete.
Am 7. April 1955 verstarb Theda Bara an einem Krebsleiden in den Armen ihres Mannes Charles, der ihr zwei Jahre später ins Grab folgte.

Die Figur hinter der Frau aber, die unsterbliche Lamia Theda Bara, hat ihren Platz in der Filmgeschichte und steht für alle Zeit optisch als Patin für all die (männer)mordenden gotischen Vampirbräute und gnadenlosen Verführerinnen mit ihrer pechschwarzen Mähne, die ein fast untot wirkendes weißes Gesicht einrahmt, den tiefschwarz geschminkten Augen und begehrlichen Lippen, ihren extravaganten Roben und dem Image, das immer wieder mit dem Orient und dem Tod assoziiert wurde. Damit faszinierte sie nicht nur eine künstlerische Avantgarde, sondern hat das noch heute gebräuchliche Starsystem bis hin zu zeitgenössischen Vertreterinnen dieser Kaste wie Madonna begründet

.


2001 - 2009 by  webmaster@vampire-world.com       Stand: 18.01.2006 Seitenanfang nächste Seite