Der
Historiker (OT:
The Historian)
Untertitel |
|
|
Autor |
Elisabeth
Kostova |
Kategorie |
Roman |
Seitenzahl |
704 |
Format |
Paperback |
deutsche
Übersetzung |
|
Erstveröffentlichung |
2005 |
Verlag |
Time
Warner Books |
ISBN-Nummer |
0-7515-3729-2 |
Late one night,
exploring her father's library, a young woman finds an ancient book
and a cache of yellowing letters. The letters are all addressed
to "My dear and unfortunate successor," and they plunge
her into a world she never dreamed of - a labyrinth where the secrets
of her father's past and her mother's mysterious fate connect to
an inconceivable evil hidden in the depths of history.
"Mein lieber,
unglücklicher Nachfolger, mit Bedauern stelle ich Sie mir vor,
wie Sie, wer immer Sie sein mögen, den Bericht lesen, den ich
hier zu verfassen habe
"
Wen würde nicht die Neugier packen, fände sie/er in ihres/seines
Vaters umfangreicher Bibliothek derlei Aufzeichnungen und noch dazu
ein rätselhaftes und sehr altes Buch? So geht es schließlich
auch der namenlosen Erzählerin dieser Geschichte, die noch
nicht ahnen kann, dass sie schon bald in die Suche nach einem uralten
Geheimnis eingebunden sein wird, welches ihr Leben für immer
verändern wird. Nur zögerlich erzählt ihr der Vater,
ein amerikanischer Diplomat, der mit seiner 16jährigen Tochter
(der Erzählerin eben) in Amsterdam lebt, eine unglaubliche
Geschichte, in der ein wallachischer Fürst aus dem Spätmittelalter
namens Vlad
Tepes eine nicht unwesentliche Rolle spielt. Der Clou dieser
Geschichte: womöglich wandelt der unheimliche Mann, den wir
auch unter dem Namen Dracula kennen, noch immer auf Erden. Ist er
tatsächlich ein Untoter, ein Vampir?
All jene, die
versuchen dem Rätsel auf die Spur zu kommen, verschwinden jedoch
auf nimmer Wiedersehen. So erging es auch dereinst Professor Rossi,
dem Mentor von Paul, (unserem Diplomaten), der sich als erster auf
die unheilvolle Suche nach Dracula begibt, diese aber nach einer
unheimlichen Begegnung in Istanbul wieder aufgibt. Erst nachdem
Paul Jahre später Rossi aufsucht, um ihn nach eben jenem rätselhaften
Buch zu befragen, welches er plötzlich und unerklärlich
in seinem Besitz findet, wird der Professor wieder mit dem Draculamythos
konfrontiert und scheint fortan vom Erdboden verschluckt, wäre
da nur nicht jener Blutfleck in Rossis Büro, der nichts gutes
ahnen lässt. Zusammen mit Helen, der Tochter Rossis, beginnt
Paul eigene Nachforschungen über dessen Verbleib aufzunehmen,
die das Paar durch halb Europa führen. Doch schon bald wird
die Suche nach dem verschwundenen Wissenschaftler auch zu einer
Reise in die Finsternis, die das Geheimnis um Dracula gespenstisch
verhüllt.
Zwanzig Jahre
später wiederholt sich die Geschichte und Paul, der nun seinerseits
von der eigenen Vergangenheit und der unguten Verbindung zu Vlad
Tepes eingeholt wird, entschwindet auf mysteriöse Weise. Nun
macht sich die Erzählerin auf die Suche nach dem Historiker,
und ganz allmählich erkennt auch der Leser, wer damit eigentlich
gemeint ist.
Ahnen sie es?
Heidewitzka,
Herr Kapitän, hat man uns dieses Buch schmackhaft machen wollen!
Von einer faszinierenden Neuinterpretation des Draculamythos war
die Rede, von unsinnig horrenden Summen hörte man, die für
die Filmrechte geboten worden sein sollen, noch bevor überhaupt
irgendjemand auch nur eine Seite des Buches gelesen hatte. Den besten
Historienthriller seit Umberto Ecos fulminanten "Namen der
Rose" wollte gar manch einer gelesen haben (vollkommen unpassender
Vergleich das), die Superlative pfiffen einem nur so um die Ohren.
Sogar der große Dennis Scheck, Chefliteraturkritiker der ARD
und durchaus ein Mann mit Sachverstand, ließ sich zum Lobhudeln
hinreißen und sprach von einem "verflixt spannenden Unterhaltungsroman!"
Na klar, da war man natürlich ganz schön gespannt, ob
das Buch denn all diesen Vorschußlorbeeren auch nur ansatzweise
gerecht werden kann.
Und, ist dem
denn so?
Nun, eigentlich kann die Antwort ja im Prinzip nur wohl kaum'
lauten, denn seien wir ehrlich, wie oft erscheint solch ein Werk,
so ein Wunderding, tatsächlich auf dem Buchmarkt? Nicht so
wirklich häufig, oder? Klar, der Bloomsbury-Verlag will Bücher
verkaufen, davon lebt er schließlich, aber ob so ein Hype
einem Buch nicht eher schadet denn nützt, das weiß ich
nicht. Zumindest verkauft hat es sich ja ganz ordentlich, somit
ist die Rechnung wohl aufgegangen. Hat man sich aber als Leser durch
die rund 830 Seiten gewälzt, kann schon mal leicht die Frage
fallen, und das soll jetzt so dermaßen der Hammer gewesen
sein? Langer Rede kurzer Sinn: das Rad hat die Kostova gewiss nicht
neu erfunden, das literarische Vampirgenre eben so wenig, aber sie
vermochte tatsächlich unserem guten alten Grafen ein paar neue
originelle Züge zu verleihen. Leider aber, so muss man hinzufügen,
bis wir erst mal dort angelangt sind, geht Zeit ins Land, und zwar
ziemlich genau die Zeit, die man braucht, so rund 700 Seiten zu
lesen. Das vermag der eine ja schneller, der andere eher weniger
rasch zu vollbringen, beide aber werden den Weg gehen müssen.
Doch der Reihe
nach! Zunächst lässt Kostova ziemlich viel Wasser durch
Amsterdams Grachten fließen, bis die Geschichte überhaupt
erst mal ihren Anfang nimmt. Die Autorin ergeht sich in allerlei
Beschreibungen von Orten oder Landschaften und beginnt erst ganz
allmählich damit, drei verschiedene Erzählebenen aufzubauen.
Es wird einmal aus der Perspektive Rossis erzählt, dann aus
der von Paulchen, und schließlich auf der obersten Ebene,
jener, die das gesamte Gerüst zusammen hält, berichtet
dessen Tochter. Das ganze wirkt allerdings vereinzelt so verschachtelt,
dass man gar nicht mehr nachvollziehen kann, wer denn da eigentlich
gerade erzählt. Das kann auch schon mal zur Folge haben, dass
der Erzählfluss dadurch erheblich gebremst wird. Auch schweift
Kostova immer wieder gern ab, liefert uns verschwenderisch lange
Beschreibungen von allem Möglichen, ohne dabei aber echte Begeisterung
für ihre Handlungsorte zu vermitteln, ja schlimmer noch, auch
die Figuren bleiben uns bis zum Ende seltsam fremd, fast schablonenhaft.
Wir empfinden keine Sympathie für die teilweise reichlich leidenschaftslos
wirkenden Gestalten, derer uns einstweilen ohnehin viel zu viele
im Buch begegnen. Klar, 800 Seiten wollen gefüllt werden, aber,
so fragt man sich, hätte es nicht die Hälfte auch getan?,
was wiederum die Frage aufwirft, hat man Frau Kostova keinen Lektor
zur Seite stellen können, der sich durchsetzt und an den richtigen
Stellen Kürzungen markiert? Denn fast wirkt das Buch an manchen
Stellen richtiggehend "ungeschliffen", wie ein Rohdiamant
etwa, der seine wahre Schönheit erst durch die Beareitung erfährt,
hier etwas wegschleifen, da etwas glätten, und schon funkelt
das gute Stück viel schnuckeliger.
Natürlich
haben wir es hier keinesfalls mit einem Horrorroman zu tun, dass
das mal klar ist! Der Ansatz, dem Frau Kostova mehr oder weniger
konsequent folgte, war eher der, einen ziemlich verschachtelten
Detektivroman zu entwerfen, in dem es gilt, ein unheimliches altes
Rätsel mit den Hilfsmitteln der wissenschaftlichen Recherche
aufzuklären, und genau darum geht es hier, um das Schmökern
in alten Büchern, Mappen und Karten, um das Wühlen in
verstaubten Archiven, in Buchregalen irgendwo ganz hinten in der
Bibliothek, wohin sich nur selten jemand verirrt weil es dort beinahe
schon wieder ein wenig unheimlich ist. In diesen Momenten funkelt
das Buch, doch derer gibt es sooo viele leider nicht. Manchmal wirkt
Kostovas Schreibstil beinahe so, als habe sie sich selber durch
lange Kapitel quälen müssen, als habe ihr das Schreiben
einstweilen gar keinen Spaß bereitet.
Die letzten
etwa 100 Seiten aber entschädigen für so manches. Hier
übernimmt der Graf endlich die Regie und präsentiert sich
auf eine Weise, wie wir ihn zuvor noch nicht erlebt haben. Ich möchte
an dieser Stelle auch nicht zu viel verraten, denn wer sich ernsthaft
lesenderweise mit dem Buch auseinandersetzen möchte, den will
ich nicht um die Belohnung, die Pointe bringen, die er sich verdient
hat, nachdem er sich durch lange 700 Seiten gearbeitet hat, mal
mit Begeisterung, mal eher gelangweilt, ähnlich den Historikern,
die sich durch verstaubte Archive
aber das hatten wir ja bereits.
Unterm Strich
bleibt nach einigem Nachdenken doch leider ein gewisser schaler
Geschmack, den zwar das letzte Achtel des Buches zunächst zu
unterdrücken weiß, der aber im Abgang nicht zu verhehlen
ist. Das Buch ist zu lang, oft zu langatmig, zu wenig dynamisch,
und die Autorin ließ sich zu oft dazu hinreißen uns
einen richtigen "Bildungsroman" vorzusetzen. Altmodisch?
Ja, aber nicht in dieser gewissen auf irgendeine Weise lieb gewonnene,
ähem, beinahe wertkonservative Art, mit der uns zum Beispiel
ein Detektivroman aus britischer Feder mitunter so vortrefflich
zu unterhalten weiß. Diese bringen es nämlich immer irgendwo
auf den Punkt und sind nur ganz selten zu lang. Das ist der Unterschied!
Selten viel mir eine Benotung in Zahlen so schwer wie diese, letztlich
fiel folgende Entscheidung:
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