Vampira
Ach
ja, Dracula ist auch nicht mehr der Jüngste. Gute fünfzig
Jahre ist seine geliebte Braut Vampira jetzt schon tot. Dahingeschieden
an einer Blutvergiftung kann sie nur mit einer Transfusion wiederbelebt
werden, doch so einfach gestaltet sich das nicht, denn sie hat eine
extrem seltene Blutgruppe. Doch der Graf, ganz Bonvivant und Gentleman
von der Sohle bis zum Scheitel, ist keinesfalls ein bitterer Miesepeter.
Er liest poppige Herrenmagazine, lässt junge hübsche Studentinnen
für sich arbeiten und bewirtet Touristen in seinem transsilvanischen
Anwesen, die er dann des Nachts mit Hilfe von Betäubungsmittelchen
und seinem getreuen Faktotum Maltravers zur Ader lässt. Leider
konnte er Vampiras rares Hämoglobin dabei bislang noch nicht
extrahieren.
Anlass
zur Hoffnung gibt allerdings der Besuch einer Delegation des britischen
"Playboys", welche gern eine Nacht auf Schloss Dracula
verbringen möchte, inklusive eines Fotoshootings mit vier Playmates,
die von einer nicht minder hübschen Stylistin begleitet werden.
Fünf hübsche junge Damen, denkt sich der Graf, wenn da
mal nicht der ersehnte Schluck Blut dabei ist...
Als die KO-Tropfen
ihre volle Wirkung entfalten wird also gezapft und bei genaueren
Untersuchungen stellt sich heraus, hurra, diesmal ist der richtige
Saft dabei. Leider bringt Dracula die Proben in der Freude hierüber
durcheinander und kann nun nicht mehr nachvollziehen, welche Probe
nun die richtige ist. Kurzentschlossen gießt er einfach alles
Blut zusammen und verabreicht es der Geliebten, der korrekte Stoff
ist ja dabei, also wird es schon schief gehen. Und tatsächlich,
das holde Wesen erwacht. Aber was ist das? War Vampiras Haut einst
von zarter Blässe, hat ihr Teint nun eine exotischere Farbe
angenommen: Vampira ist plötzlich schwarz. Dies wird vermutlich
am Blut des hübschen afro-amerikanischen Modells gelegen haben,
klärt Maltravers den verdutzten Grafen auf, der Liebchen eigentlich
ganz gern wieder im Originalzustand hätte, was sollen schließlich
die Nachbarn sagen? (Und das finden wir jetzt echt nicht lustig,
denn für rassistische Witzchen gibt es Punktabzug!!!)
Dummerweise
sind die Bunnies aber schon wieder zurück ins nebelige England
gereist, somit lässt sich die Prozedur der Blutabnahme nicht
so ohne weiteres wiederholen. Doch Dracula ist sich sicher, bekommt
Vampira eine Transfusion vom richtigen Girl, so wird sie wieder
von alabasterner Farbe sein (woher will der Herrenmensch, Verzeihung,
-vampir, denn eigentlich wissen, dass das Blut nicht von der schwarzen
Dame stammt?), also schnell mit Transsylvanien Air die nächste
Maschine nach London gebucht und die Sache wieder hingebogen.
Doch natürlich
läuft in London längst nicht alles wie geplant, und Vampira-Mausi
hat auch ganz schnell raus, dass sich in den letzten 50 Jahren eine
ganze Menge geändert hat, hat sie doch einen Crash-Kurs in
Sachen Popkultur durch das Anschauen des Blaxploitation Films "Black
Gunn" gemacht...

Was mag eigentlich
den guten alten David Niven, immerhin britischer Filmstar von Weltruf
(hier allerdings schon sichtlich in die Jahre gekommen), bewogen
haben, an diesem Film mitzuwirken? Wir wissen es nicht.
Sicher, der
Film hat coole Momente. Die erste Viertelsunde geht fast komplett
ok und der eine oder andere Joke funktioniert sogar ganz ordentlich,
wie zum Beispiel die Eröffnungsszene, in der Maltravers das
Licht repariert hat oder die Parodie auf den guten alten goldenen
Schuß (gemeint ist in diesem Fall die berühmte Fernsehsendung
aus Opas Zeiten, nicht dass jetzt wer was anderes denkt.) Auch die
Szene mit dem praktischen Faltsarg für unterwegs ist gelungen
(der kam hier erstmals vor, da haben sich ja dann wohl die Macher
des Filmes Pale Blood gute anderthalb
Jahrzehnte später eindeutig hier bedient.)
Was aber nach
wie vor nicht in Ordnung ist, ist der latent rassistische Unterton,
den der Film mit sich führt, weshalb er zum Beispiel in Amerika
auch gnadenlos floppte. Besonders dummdreist wird es dann an den
Stellen, wo vorgegeben wird, amerikanische Blaxploitationfilme zu
parodieren. Das kann man einfach nicht ok finden. Ich glaube zwar
nicht, dass tatsächlich ideologische Inhalte mit dieser seichten
Komödie transportiert werden sollten, doch da haben sich Regisseur
Donner und sein Autor Jeremy Lloyd einfach keine Gedanken gemacht
und platte Witzchen auf Kosten einer ethnischen Minderheit gemacht,
und das ist beinahe genau so schlimm. Schelte hierfür!
Überhaupt,
die Logik ist in diesem Film ein Schwachpunkt, wie bereits zuvor
angesprochen. Die eigentliche Story ist so banal, glatt hätte
man daraus einen Film machen können, der die Super 8 Version
von "Die 7 Pranken des Satans" (siehe hierzu unser Forum)
zeitlich locker unterbietet. Stattdessen hat man die Handlung auf
knapp 90 Minuten aufgebläht, sich dazu den einen oder anderen
netten Witz ausgedacht (den meistens Peter Bayliss als Maltravers
für sich verbuchen kann) und einige attraktive Mädchen
möglichst leichtgeschürzt durch das Bild laufen lassen.
Den Rest hat man mit viel Unsinn und reichlich unnötigen Szenen
aufgefüllt und dem ganzen noch eine schwache unlogische Handlung
verpasst.
Klar, David
Niven verleiht dem ganzen schon eine gewisse Würde und Klasse,
er ist gut aufgelegt und hatte scheinbar Spaß am Set, gleiches
gilt für Peter Bayliss, dennoch kann ich deren Mitwirken nicht
nachvollziehen, denn die rassistische Färbung des Filmes ist
und bleibt einfach ärgerlich.
Noch ein Wort
zum Vampirfaktor dieses Streifens: die Vampire verhalten sich hier
weitestgehend "traditionell", d. h. Sonnenlicht geht gar
nicht und Holzpflöcke sind tödlich, dafür können
sich die Vampire aber auch auf die übliche Art verwandeln (Fledermäuse,
Nebel), sie können sich unsichtbar machen und haben hypnotische
Fähigkeiten. Leider halten sich aber auch die Spezialeffekte
hierzu in Grenzen und gerieten eher ein wenig enttäuschend.
Fassen wir also
zusammen: auch wenn wir gute (und teilweise sehr attraktive) DarstellerInnen
sehen, wir einige gute Gags geboten bekommen und ein zwei pfiffige
Ideen, so überwiegt dennoch eindeutig das Unschöne, Flache
und Unlogische bei Vampira. Zumal, der Held (oder Schurke, je nach
Betrachtungsweise) heißt Dracula, und unserem guten Grafen
wünschen wir ja an und für sich schon einen gelungeneren
Rahmen, oder etwa nicht ?


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