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Rampage

USA, 1987, Farbe, 97 min
 
Regie William Friedkin
Produzent David Salven
Drehbuch William Friedkin
:Kamera: Robert D. Yeoman
Musik Ennio Morricone
 
Michael Biehn D.A. Anthony Fraser
Alex McArthur Charles Reece
Nicholas Campbell Albert Morse
Deborah Van Valkenburgh Kate Fraser
John Harkins Dr. Keddie
Art LaFleur Detective Mel Sanderson
Billy Greenbush Richter McKinsey

Alles an dem jungen Mann scheint normal: Sein Gang, seine Kleidung, sein Lächeln. Doch die Frau, die ihm die Tür öffnet, ist wenige Augenblicke später tot - grausam zugerichtet. Drei Tage danach klingelt er wieder - diesmal sind auch Kinder unter den Opfern. Anthony Fraser, der junge Staatsanwalt steht vor einem Räsel. Wo ist das Motiv - aus welchem unerklärlichen Anlaß kann ein einzelner Mensch solch entsetzliche Taten begehen? In diesem beängstigenden und zugleich faszinierenden Film werden die wahninnigen Motive eines Killers offengelegt und die Hilflosigkeit, der Schmerz und die Bestürzung geschildert, die diese Taten zurücklassen.

In einer typischen amerikanischen Vorortsiedlung dringt ein unauffälliger junger Mann am Weihnachtsmorgen in ein Wohnhaus ein und tötet bestialisch drei Menschen - scheinbar ohne jeden erkennbaren Grund. Als der junge Staatsanwalt Fraser, der mit den Ermittlungen beauftragt wird, am Ort des Verbrechens eintrifft, bietet sich ihm ein Bild des Entsetzens: ausgeweidete Leichen, die Organe sind teilweise verschwunden. Anscheinend hat der Killer sie mitgenommen.

Der schlägt indes ein zweites mal zu. Wieder dringt er in ein Haus ein, wieder tötet er, diesmal sind seine Opfer die junge Nachbarin und eines der beiden Kinder. Als ihr Ehemann, der bereits zuvor Charles Reece, so der Name des Killers, verdächtigte, seinen Hund getötet zu haben, von einem Zahnarztbesuch mit dem anderen Sohn in sein Haus zurück kommt, entdeckt er die Leiche seiner massakrierten Frau. Vom zweiten Kind fehlt zunächst jede Spur, doch auch das wird tot aufgefunden.

Doch diesmal war der Killer zu unachtsam und wurde anhand seines auffällig roten Anoraks von einem Passanten erkannt. Fraser und die Polizei suchen Reeces Haus auf, im Keller entdecken sie schließlich grausiges: in allerhand Gläsern und anderen Gefäßen stoßen sie auf verwesende Organe, es wimmelt von Tierkadavern, Fliegen, Naziflaggen, Blut. Keine Frage, Reece ist ihr Mann, scheinbar ein Bilderbuchpsychopath.
Doch seine Ergreifung gestaltet sich, anders wie z. B. im "Schweigen der Lämmer", nicht sonderlich schwierig, er wird nach kurzem Fluchtversuch an seinem Arbeitsplatz, einer Tankstelle, gestellt.

Bei den Vernehmungen wird rasch klar, Reece handelte unter Zwang. Imaginäre Missionen, vor allem eine krankhafte Fixierung auf Blut, zwangen ihn zu den Untaten. Der idealistische Fraser, der nur wenige Monate zuvor seine eigene kleine Tochter tragisch verloren hat und sich deswegen in schwerer Ehekrise befindet, beurteilt Reece als klassischen Fall für die forensische Psychiatrie, der ehrgeizige Oberstaatsanwalt aber will Reece auf dem elektrischen Stuhl sehen und fordert Reece auf, vor Gericht mit allen Mitteln darauf hinzuwirken. Dies stürzt Fraser in erhebliche Gewissensnöte, ist er doch grundsätzlich gegen die Todesstrafe eingestellt, da gelingt Reece bei einem Gefangenentransport eine spektakuläre Flucht, die weiteren Menschen den Tod bringt...

Natürlich ist "Rampage" kein "klassischer" Vampirfilm, wir haben uns aber dennoch erlaubt, einmal mehr das Thema Vampirismus etwas großzügiger zu interpretieren, denn schließlich haben wir es in William Friedkins Film mit einem forensischen Vampir zu tun, der die Morde unter dem Einfluss der Hämatopholie, also seiner zwanghaften Fixierung auf Blut, begeht. Interessanterweise stehen hier aber nicht die Taten und die Person des Killers oder die eines "heldenhaften" Ermittlers im Mittelpunkt des Films, sondern vielmehr die spannende Frage, ob und wenn ja unter welchen Umständen die Todesstrafe überhaupt gerechtfertigt ist, oder anders ausgedrückt, ist es moralisch zu rechtfertigen, einen Mörder zu ermorden? Zwar bezieht Regisseur Friedkin, der sich das Drehbuch selber schrieb, seinerseits eindeutig Stellung (über den Protagonisten), er lässt den Zuschauer allerdings mit seiner Entscheidung allein und macht es ihm nicht leicht, denn da ist die unglaubliche Brutalität, mit der der wahnsinnige Schlitzer zu Werke geht und die auch teilweise recht explizit in der Darstellung wiedergegeben wird, was den Zuschauer natürlich unweigerlich Partei für die Opfer und ihre Angehörigen ergreifen lässt, auf der einen Seite; auf der anderen Seite wird recht bald klar, das Charles Reece ein kranker Mann ist, prädestiniert mit allen "klassischen Grundlagen" für eine psychische Störung (zerrüttetetes Elternhaus, Verfolgungswahn, Schizophrenie), also jemand, der die Morde nicht aus kalter Berechnung sondern vielmehr zwanghaft beging. Eine solche Person ist natürlich eine tickende Zeitbombe, die jederzeit explodieren kann (veranschaulicht durch Reeces Fluchtversuch.) Muss man nun also die Öffentlichkeit schützen, indem man jemanden wie Reece "aus dem Verkehr zieht", wie der Oberstaatsanwalt sich im Film ausdrückt (und den elektrischen Stuhl damit meint), oder hat eine Gesellschaft die Verpflichtung alles für die Heilung des kranken Individuums zu tun? Ihr seht, eine kontroverse Entscheidung!

Zwar stellt sich uns hier in Deutschland diese Frage eigentlich gar nicht, denn wir haben ja hier keine Todesstrafe, dennoch bleibt die berühmte "Was wäre wenn" Frage, also wie reagierte ich, wenn es um meine Familie ginge und so, und da fällt die Antwort dann wieder nicht so einfach, auch wenn man eigentlich die Todesstrafe grundsätzlich ablehnt.
Friedkins Drehbuch basiert übrigens auf dem gleichnamigen Roman von William P. Wood, der sich wiederum auf einen authentischen Fall bezieht.

Das alles ist nun sehr löblich und irgendwie echt pc (sagt man das eigentlich heute noch so?), denn es handelt sich ja um ein packendes, mitreißendes und emotionales Thema, ein heißes Eisen darüber hinaus noch, und verdiente es eigentlich bejubelt zu werden, aber... tja, wenn der Regisseur nicht William Friedkin heißen würde. Von einem Mann seines Kalibers, der Klassiker wie "The French Connection" (der auch noch ganz nebenher den Weltruhm des Ausnahmeschauspielers Gene Hackmann begründete), "Leben und Sterben in LA" und nicht zuletzt und ganz besonders den Megaklassiker "Der Exorzist" inszeniert hat, hätte man sich irgendwie ein wenig mehr...na ja, Dramatik, Pepp, irgendwas, und sei es nur weniger Behäbigkeit, gewünscht. Unlängst brachte er ja einen Director's Cut seines größten Erfolges, eben dem "Exorzisten", in die Kinos. Ein wenig scheint mir das ja mit Regisseuren so, die derlei machen, wie mit Bands, die ein "Greatest Hits" Album herausgeben - entweder ihnen fällt nichts mehr ein, oder sie wollen aus einem unangenehmen Vertrag aussteigen.

Doch zurück zum Film. Gut 50% von "Rampage" spielt im Gerichtssaal, wenn man also kein großer Fan des ewigen "Einspruch" - "Stattgegeben" - "Einspruch" - "Abgelehnt" Spielchens ist, wird einen dieser Film über weite Strecken kaum packen. Ein wenig entschädigt dann aber das Spiel der beiden Hauptdarsteller Michael Biehn, dem man den inneren Zwiespalt des problemgeschassten Anwaltes durchaus abnimmt, und Alex McArthur, der als Babyface Psychopath beängstigend realistisch rüberkommt.

Fassen wir also zusammen: Friedkin befasst sich mit einem kontroversen Thema, wofür er Lob verdient, bleibt aber hinter den Erwartungen zurück, wofür es definitiv Punktabzug setzt. Davon abgesehen muss man einfach sagen, aus rein vampirischer Sicht wird einem hier nicht wirklich viel geboten. Dennoch irgendwie ein interessanter, wenn auch nicht sehr spannender Film.

Notiz am Rande: Friedkin drehte den Film 1987 ab, doch bedingt durch die Pleite der de Laurentis Produktionsfirma DEG kam der Film erst 1992 in die Kinos. Für die amerikanische Version des Film schnitt Friedkin das Ende um, wir im "Alten Europa" bekamen allerdings das Originalende zu sehen. Welches nun besser ist, kann an dieser Stelle in Unkenntnis der amerikanischen Version nicht nachvollzogen werden.




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