Octane
- Octane - Grausamer Verdacht (OT:
Octane)
AKA: Pulse
England, Luxembourg 2003, Farbe, 91 min |
|
|
|
Regie:
|
Marcus
Adams |
Drehbuch:
|
Stephen
Volk |
Produzent:
|
Alistair
MacLean-ClarkBasil Stephens |
Kamera |
Robin
Vidgeon |
Musik
|
Simon
Boswel |
|
|
Madeleine
Stowe |
Senga
Wilson |
Mischa
Barton |
Natasha
'Nat' Wilson |
Norman
Reedus |
Abschleppwagenfahrer |
Bijou
Phillips |
Tamperin |
Jonathan
Rhys-Meyers |
Obervampir |
Senga
Wilson und ihre Teenage-Tochter Natasha 'Nat' fahren über die
nächtliche Autobahn. Woher sie kommen, wohin sie fahren, wir
wissen es nicht. Zwar ist mehrfach die Rede von 'nach hause', aber
wo das ist, erfahren wir nicht (muss aber irgendwie ganz schön
weit weg sein, denn fast wirkt die Reise der beiden ziel- wie endlos.)
Senga und Nat streiten - mal wieder - über Dinge, über
die sich Eltern und Jugendliche so gern streiten (Generation-Gap,
man versteht einander nicht, etc.)
Nach
einem Halt am Truck Stop wird eine junge Hichhikerin aufgegabelt.
Nat ist fasziniert von der hippieesken Herumtreiberin, Senga ist
sie sehr unsympathisch. An einer einsamen dunklen Ecke steigt das
Mädchen aus, doch als Senga und Nat nur wenige Augenblicke
später zurückkehren um ihr die vergessene CD nachzureichen,
ist sie bereits verschwunden. Seltsam zwar, doch Senga misst dem
keine besondere Bedeutung zu, zumal sie das Mädchen ohnehin
nicht mochte.
Als
der Mutter-Tochter-Streit an der nächsten Raststätte eskaliert,
zischt Nat Senga an, sie würde sie hassen und läuft davon.
Zunächst denkt Senga, ok, die kriegt sich wieder ein, doch
plötzlich beobachtet sie, wie Nat zu einer Gruppe junger Leute
in ein Wohnmobil steigt, unter ihnen auch die ominöse Hitchhikerin.
Bevor sie etwas unternehmen kann, braust das Auto davon.
Auf eigene Faust macht sich Senga an die Verfolgung und gerät
in das bizarrste Abenteuer ihres bis dahin ziemlich geordneten Lebens.
Rasch bemerkt sie, das nichts so ist, wie es zu sein scheint, muss
sie doch feststellen, das ihre Gegner blutrünstige Vampire
sind und der Obersauger nun versucht, Nat auf die dunkle Seite zu
ziehen. Doch sowohl der mysteriöse Abschleppwagenfahrer, der
sich auf Sengas Seite schlägt weil er noch eine eigene Rechnung
mit den Blutsaugern offen hat, wie die Vampire selber unterschätzen
Senga, die mit der verzweifelten Kraft einer Mutter um Ihr Kind
kämpft, bis es schließlich in einer sehr merkwürdigen
Fabrik zu einem sehr merkwürdigen Finale kommt...
Kinder,
was war ich auf diesen Film gespannt, hatten ihn doch die Betreiber
des Fantasy Filmfestes (welches in diesem Jahr ungewöhnlich
arm an Höhepunkten ausfällt!) mit Kübelweise Vorschusslorbeeren
versehen. Von einem "stylishen, megahippen Vampir-Noir-Spektakel"
war die Rede, "Octane" wird gar zu einem Lost
Boys oder Near Dark für die
2000'er Jahre verklärt, solch Lobhudelei kitzelt natürlich
die Neugierde hoch.
Als
der Film dann mit lautem Tamtam anfängt und harte, schnelle
Schnitte, kraftvolle Bilder, wunderbare optische Perspektiven und
gekonnte Kamerafahrten zeigt, ist man dann auch zunächst doch
recht beeindruckt und fühlt sich in den ersten etwa 15 Minuten
sogar ein wenig an David Lynch gemahnt, an seinen optischen Stil,
an die roadmovieesken Elemente in "Wild at Heart" oder
"Lost Highway", den Surrealismus eines scheinbar ziellosen
Unterwegseins (in einer Landschaft, die sich in der Dunkelheit völlig
verliert und gar nicht da zu sein scheint.) Die Truck Stops sind
die El Dorados für die Getriebenen, die Ruhelosen, Sammelbecken
für Freaks und Verbannte und allerlei obskure Gestalten. Fernsehprediger
scheinen nur zu Dir zu sprechen, scheinen Deine Gedanken zu kennen,
wissen, wovor Du Angst hast...und dann kommt die Gefahr, in Form
eines süßen Hippieteens...
Leider
kippt genau an der Stelle auch der Rest des Filmes. Nat gerät
in die Fänge der strangen Gruppe, der sie sich halb freiwillig
anschließt, halb sich dem sanften Druck der Seelenfänger
fügt. Wir halten Ihre "Entführer" zunächst
noch für eine Sekte oder was auch immer, die kleine Mädchen
auf der Straße aufliest und mit Drogen und Versprechungen
gefügig macht. Dass es sich hierbei um einen Vampirclan handelt,
erfahren wir erst in den letzten 15 Minuten, als der Film bereits
lange ins völlig lächerliche und nicht mehr zu rettende
abgerutscht ist. Wie konnte das eigentlich passieren, wo es doch
so verheißungsvoll begann?
Nun,
das liegt zum Einen sicherlich daran, dass die Geschichte bei all
dem schönen Schein ziemlich mau ist und auch die Idee an sich
nicht mehr sonderlich bahnbrechend neu, man schaue sich nur Hichcocks
"Der Mann, der zu viel wusste" an, auch dort wird eine
Kind entführt und von seinen Eltern gesucht. Zwar gibt es in
dem Film keine Vampire, dafür aber Spannung! Am Anfang von
"Octane" werden Erwartungen gepuscht, die im Laufe des
immer öder werdenden Films einfach nicht bedient werden. Die
Spannungsschraube wird zunächst relativ hart angezogen, aber
das Gewinde ist längst ausgeleiert.
Außerdem
sind sämtliche Figuren so unsympathisch gezeichnet, dass es
einem eigentlich auch völlig egal ist, was mit ihnen passiert.
Die Vampire auf der anderen Seite wiederum sind so uncharismatisch,
dass man sie einfach nicht ernst nehmen kann. Posterboy Jonathan
Rhys-Meyers als Obervampir mag vielleicht auf fünfzehnjährige
Mädchen Eindruck machen, wer aber schon ein wenig älter
ist, fühlt sich eher verulkt. Madeline Stowe, die die hypernervöse
gestresste Senga gibt, hat man auch schon überzeugender gesehen
und "Abschleppwagenfahrer" Norman Reedus, mir gänzlich
unbekannt (aber das macht nichts,) erinnerte mich irgendwie an Oliver
Kahn. Der Bayernkeeper ist ja bekanntermaßen sicherlich ein
verdienter und großer Athlet, der Abschleppwagentyp dafür
ein talentierter Bombenbastler, doch scheinen ihnen beiden die unsympathischen
Wesenszüge in ihre Betonmimik gemeißelt zu sein. Tja...
Was mich weiterhin störte, war die Tatsache, das besonders
viel Wert darauf gelegt worden ist, dass der Film, hergestellt übrigens
von der neuen mit viel rumgetrompete ins Leben gerufenen Firma "Four
Horsemen", ganz allein mit europäischen Geldern (aus dem
UK und Luxemburg nämlich) entstanden ist, was wohl so ein gewisses
europäisches Independent Kino Feeling implizieren soll, doch
spielt der Film komplett in den USA und wirkt dann in seiner Gesamtheit
betrachtet über die weitaus größte Strecke eher
wie ein amerikanischer Teenie-Horror-Streifen. Da wurde garantiert
auf den großen vermeintlich heilsbringenden US Markt geschielt.
Hat aber nichts gebracht!
Auch
hier bei uns wird der Film, dessen Finale (dies sollte nicht unerwähnt
bleiben) zu den peinlichsten und lächerlichsten der letzten
Jahre gehört, nur im Rahmen des Fantasy Film Wanderzirkus in
den deutschen Lichtspielhäusern zu sehen sein und Ende September
dann als DVD Premiere den Direkteinzug in die Videotheken halten.
Die
Gesamtwertung von 2 Fledermäusen gibt es dann jetzt auch nur
für die wirklich gute erste Viertel Stunde, die insgesamt einwandfreie
Optik, die Regisseur Adams und Kameramann Robin Vidgeon zu Wege
brachten und nicht zuletzt für den klasse Soundtrack, den die
Tüftler von Orbital ablieferten. Der Rest ist Mist.
Wer jetzt meint, den Film (der Vollständigkeit halber vielleicht)
unbedingt sehen zu müssen, dem würde ich dennoch eher
dazu raten noch ungefähr ein Jahr zu warten, denn dann, so
orakel ich jetzt mal, wird er sicherlich als "Free-TV-Premiere"
im Samstagsprogramm (ca. 22:15 Uhr) von Pro7 ausgestrahlt werden.
Das wird passieren!
|