Derzeit online

386
Filme
125
Bücher
34
Biographien
50
Hörspiele
Reviews in English

 

 

 

 

 

 

 

Blut an den Lippen  (OT: Le Rouge aux Lèvres)
AKA:
Blood on the Lips, Children of the Night, Daughters of Darkness, Erzebeth, Solo für einen Vampir,
Les Lèvres rouges,The Promise of Red Lips, The Red Lips, The Redness of the Lips, La Vestale di Satana

BRD/Frankreich/Belgien, 1970, Farbe, 89 min
 
Regie: Harry Kümel
Produzenten:  
Drehbuch Harry Kümel/Pierre Drouot/J.J.Amiel
Musik: Francois de Roubaix
Kamera: Edward van der Enden
 
John Karlen Stefan Chiltern
Delphine Seyrig Countess Bathory
Danielle Ouimet Valerie Chiltern
Andrea Rau Ilona Harczy
Paul Esser Pierre

Valerie und Stefan, ein junges attraktives Paar, sind in den Flitterwochen. Da sie ihr Schiff nach England verpassen, quartieren sie sich in einem mondänen Hotel am menschenleeren Strand von Ostende in Belgien ein. Valerie hält ihren Gatten für einen vermögenden britischen Adeligen, in Wirklichkeit ist er allerdings ein Hochstapler mit sadistischen Neigungen, nur weiß sie das noch nicht.

Während aus einem Nachbarort beunruhigende Meldungen über rätselhafte Mädchenmorde die Runde machen, erscheinen in Valeries und Stefans Hotel, das derzeit, es ist außerhalb der Strandsaison, ansonsten völlig unbewohnt ist, die aparte Gräfin Bathory und ihre Begleiterin, die devote Ilona.

Portier Pierre ist sich sicher, die Gräfin bereits 40 Jahre zuvor im Hotel gesehen zu haben, als er noch ein junger Lehrling war, doch seltsamerweise scheint sie um keinen Tag gealtert zu sein.

Der geneigte Freund der Vampireworld ahnt sogleich was hier los ist: natürlich ist Gnädigste eine untote Blutsaugerin. Direkt wirft sie ein Auge auf unser allerliebstes Paar, besonders die fesche Valerie hat es ihr angetan.

Als beim Abendessen in zwanglosestem Plauderton die Untaten der "Blutgräfin" Bathory, einer "Vorfahrin" jener Gräfin Elisabeth, diskutiert werden, sucht Valerie angewidert das Weite. Langsam erkennt sie das wahre Gesicht ihres Mannes, den das Gespräch offensichtlich sehr erregt, und zwar so sehr, dass er wieder auf ihrem Zimmer angekommen seine junge Frau brutal verprügelt. Während anschließend der miese Kraftmeier selig schlummert, beschließt Valerie ihn zu verlassen, doch Gräfin Bathory hält sie dank ihrer hypnotischen Fähigkeiten davon ab. Während die Bathory mit Valerie durch die Nacht streift, hüpft Ilona zu Stefan ins Bett. Als er sie nach getaner Arbeit unter die Dusche zerren will, ereignet sich ein Unglück. Ilona verletzt sich tödlich an einem Rasiermesser. Elisabeth und Valerie erscheinen. Um die Leiche verschwinden zu lassen soll Stefan sie am Strand vergraben, so rät die holde Gräfin. Sie hat sich inzwischen mit lesbischem Vergnügen an Valerie herangemacht und auch sie in den vampirischen Bann gezogen.

Als es später, wieder zurück im Hotelzimmer, zu einer Auseinandersetzung kommt weil Valerie Stefan offenbart, ihn für ihre neue Liebe Elisabeth für immer verlassen zu wollen, verletzt sich Stefan an beiden Handgelenken an einer zerbrochenen Kristallschale. Sofort fallen die beiden Damen gierig über ihn her und saugen ihn aus, Stefan stirbt.

Schließlich verlassen die beiden Vampirinnen fluchtartig Ostende und brausen in Elisabeths Sportwagen dem Sonnenaufgang entgegen, der den meisten Nosferaten ja eher nicht so gut bekommt. Der Wagen verunglückt, die Gräfin wird aus dem Auto geschleudert und an einem Baumast aufgespießt, doch ihr vampirisches Erbe geht an Valerie weiter und aus dem Off höhren wir die Stimme der Gräfin sagen, sie sei schon unzählige Male neu erstanden...


Obwohl der Film speziell in Europa von der Kritik (nicht zu Unrecht) verrissen wurde, von einem "von Unglaubwürdigkeiten strotzenden Schundfilm" war beispielsweise im Fachorgan "Filmdienst" die Rede, entwickelte sich der Film dennoch zu einem Kultfilm. Einmal mehr und aus nachvollziehbaren Gründen besonders in der Lesben- und Schwulenszene, aber eben nicht nur dort, und wurde in Amerika gar zu einem famosen Kinoerfolg. Viele Kritiker lobten den Film auf der anderen Seite des großen Teichs seitenlang in den Himmel, die "Los Angeles Times" bezeichnete ihn gar als der elegantesten Horrofilme aller Zeiten einer, "ein kultivierter, risikoreicher Triumph in Machart und Stimmung." Die New York Times fuhr ähnlich schweres Geschütz auf, führte Vokabeln an wie klug, eindrucksvoll, farbenprächtig und feinfühlig, und wir können nur den Kopf schütten ob so viel unverstänldicher Begeisterung für einen nicht mal wirklich mittelmäßigen Film.

Sicherlich liefert Regiesseur Harry Kümel (so konnte man in dem Beruf nur weiland in den 70'ern heißen, das ist mal sicher!) prächtige Bilder, die sein Kameramann van der Enden vortrefflich einzufangen wusste. Keine Frage, der Film sieht gut aus und vermittelt teilweise eine recht stimmige Atmosphäre. Auch kann man den Film streckenweise als durchaus sexy einstufen, erotisch würde mir da aber schon zu weit gehen, schließlich wirkt das krude Sado Maso Getue der Akteure doch reichlich gestelzt, zu plakativ haben da Kümel und seine Co-Autoren Pierre Drouot und J.J. Amiel auf den kassemachenden vorprogrammierten Skandal gezielt und an einer echten amour fou vorbei. Zu unentschlossen schwankt der Film zwischen den Polen Horrorschocker, aber ein intelligenter bitteschön dachte man sich wohl seinerzeit, und Softporno hin und her, und kann heute wohl nicht mal mehr ein paar olle Voyeure hinter dem Ofen hervorlocken, oh la la...Ein zeitlos eleganter Film vermittelte sicherlich einen anderen EIndruck.

Neugierig wäre ich, wenn der Film heute noch einmal in die US Kinos käme, im prüden Zeitalter eines puritanischen Bush Amerikas. Würden die Gazetten erneut jubeln?
Wohl eher nicht!

Wer Filme dieser Art mag, dem möchten wir da eher den ähnlich angelegten aber ungleich gelungeneren und mit Susan Sarandon, Catherine Deneuve und David Bowie sensationell besetzten Begierde von Tony Scott ans Herz legen, denn der ist wirklich gut. Zwar fällt hier das kuschelige 70'er Flair weg, das Kümels Film mit den vielen Alternativtiteln hat, dafür wird reichlich kühles Achtziger Jahre Styling geboten, das ist ja ebenfalls immer noch sehr angesagt.

Für die teilweise hervorragenden Bilder und die brillante Kameraarbeit geben wir dann den blutigen Lippen aber insgesamt doch noch 2 Fledermäuse, einfach weil er schön anzuschauen ist, aber Obacht, der Film selber, der tut, als sei er ein kluger verstörender Autorenfilm wie ihn "junge wilde" (eine Gähn-Phrase, die in letzter Zeit wieder reichlich häufig bemüht wird, auch irgendwie ein Retro Aspekt) Regiesseure dieser Ära gern servierten, ist an sich Mist!



2001 - 2009 by  webmaster@vampire-world.com       Stand: 12.08.2003 Seitenanfang nächste Seite