Blut
an den Lippen
(OT: Le Rouge aux Lèvres)
AKA: Blood
on the Lips, Children of the Night, Daughters of Darkness, Erzebeth,
Solo für einen Vampir,
Les Lèvres rouges,The Promise of Red Lips, The Red Lips,
The Redness of the Lips, La Vestale di Satana
BRD/Frankreich/Belgien, 1970, Farbe, 89 min |
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Regie:
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Harry
Kümel |
Produzenten:
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Drehbuch |
Harry
Kümel/Pierre Drouot/J.J.Amiel |
Musik: |
Francois
de Roubaix |
Kamera: |
Edward
van der Enden |
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John
Karlen |
Stefan
Chiltern |
Delphine
Seyrig |
Countess
Bathory |
Danielle
Ouimet |
Valerie
Chiltern |
Andrea
Rau |
Ilona
Harczy |
Paul
Esser |
Pierre |
Valerie
und Stefan, ein junges attraktives Paar, sind in den Flitterwochen.
Da sie ihr Schiff nach England verpassen, quartieren sie sich in
einem mondänen Hotel am menschenleeren Strand von Ostende in
Belgien ein. Valerie hält ihren Gatten für einen vermögenden
britischen Adeligen, in Wirklichkeit ist er allerdings ein Hochstapler
mit sadistischen Neigungen, nur weiß sie das noch nicht.
Während
aus einem Nachbarort beunruhigende Meldungen über rätselhafte
Mädchenmorde die Runde machen, erscheinen in Valeries und Stefans
Hotel, das derzeit, es ist außerhalb der Strandsaison, ansonsten
völlig unbewohnt ist, die aparte Gräfin Bathory und ihre
Begleiterin, die devote Ilona.
Portier
Pierre ist sich sicher, die Gräfin bereits 40 Jahre zuvor im
Hotel gesehen zu haben, als er noch ein junger Lehrling war, doch
seltsamerweise scheint sie um keinen Tag gealtert zu sein.
Der
geneigte Freund der Vampireworld ahnt sogleich was hier los ist:
natürlich ist Gnädigste eine untote Blutsaugerin. Direkt
wirft sie ein Auge auf unser allerliebstes Paar, besonders die fesche
Valerie hat es ihr angetan.
Als
beim Abendessen in zwanglosestem Plauderton die Untaten der "Blutgräfin"
Bathory, einer "Vorfahrin" jener Gräfin Elisabeth,
diskutiert werden, sucht Valerie angewidert das Weite. Langsam erkennt
sie das wahre Gesicht ihres Mannes, den das Gespräch offensichtlich
sehr erregt, und zwar so sehr, dass er wieder auf ihrem Zimmer angekommen
seine junge Frau brutal verprügelt. Während anschließend
der miese Kraftmeier selig schlummert, beschließt Valerie
ihn zu verlassen, doch Gräfin Bathory hält sie dank ihrer
hypnotischen Fähigkeiten davon ab. Während die Bathory
mit Valerie durch die Nacht streift, hüpft Ilona zu Stefan
ins Bett. Als er sie nach getaner Arbeit unter die Dusche zerren
will, ereignet sich ein Unglück. Ilona verletzt sich tödlich
an einem Rasiermesser. Elisabeth und Valerie erscheinen. Um die
Leiche verschwinden zu lassen soll Stefan sie am Strand vergraben,
so rät die holde Gräfin. Sie hat sich inzwischen mit lesbischem
Vergnügen an Valerie herangemacht und auch sie in den vampirischen
Bann gezogen.
Als
es später, wieder zurück im Hotelzimmer, zu einer Auseinandersetzung
kommt weil Valerie Stefan offenbart, ihn für ihre neue Liebe
Elisabeth für immer verlassen zu wollen, verletzt sich Stefan
an beiden Handgelenken an einer zerbrochenen Kristallschale. Sofort
fallen die beiden Damen gierig über ihn her und saugen ihn
aus, Stefan stirbt.
Schließlich
verlassen die beiden Vampirinnen fluchtartig Ostende und brausen
in Elisabeths Sportwagen dem Sonnenaufgang entgegen, der den meisten
Nosferaten ja eher nicht so gut bekommt. Der Wagen verunglückt,
die Gräfin wird aus dem Auto geschleudert und an einem Baumast
aufgespießt, doch ihr vampirisches Erbe geht an Valerie weiter
und aus dem Off höhren wir die Stimme der Gräfin sagen,
sie sei schon unzählige Male neu erstanden...
Obwohl
der Film speziell in Europa von der Kritik (nicht zu Unrecht) verrissen
wurde, von einem "von Unglaubwürdigkeiten strotzenden
Schundfilm" war beispielsweise im Fachorgan "Filmdienst"
die Rede, entwickelte sich der Film dennoch zu einem Kultfilm. Einmal
mehr und aus nachvollziehbaren Gründen besonders in der Lesben-
und Schwulenszene, aber eben nicht nur dort, und wurde in Amerika
gar zu einem famosen Kinoerfolg. Viele Kritiker lobten den Film
auf der anderen Seite des großen Teichs seitenlang in den
Himmel, die "Los Angeles Times" bezeichnete ihn gar als
der elegantesten Horrofilme aller Zeiten einer, "ein kultivierter,
risikoreicher Triumph in Machart und Stimmung." Die New York
Times fuhr ähnlich schweres Geschütz auf, führte
Vokabeln an wie klug, eindrucksvoll, farbenprächtig und feinfühlig,
und wir können nur den Kopf schütten ob so viel unverstänldicher
Begeisterung für einen nicht mal wirklich mittelmäßigen
Film.
Sicherlich
liefert Regiesseur Harry Kümel (so konnte man in dem Beruf
nur weiland in den 70'ern heißen, das ist mal sicher!) prächtige
Bilder, die sein Kameramann van der Enden vortrefflich einzufangen
wusste. Keine Frage, der Film sieht gut aus und vermittelt teilweise
eine recht stimmige Atmosphäre. Auch kann man den Film streckenweise
als durchaus sexy einstufen, erotisch würde mir da aber schon
zu weit gehen, schließlich wirkt das krude Sado Maso Getue
der Akteure doch reichlich gestelzt, zu plakativ haben da Kümel
und seine Co-Autoren Pierre Drouot und J.J. Amiel auf den kassemachenden
vorprogrammierten Skandal gezielt und an einer echten amour fou
vorbei. Zu unentschlossen schwankt der Film zwischen den Polen Horrorschocker,
aber ein intelligenter bitteschön dachte man sich wohl seinerzeit,
und Softporno hin und her, und kann heute wohl nicht mal mehr ein
paar olle Voyeure hinter dem Ofen hervorlocken, oh la la...Ein zeitlos
eleganter Film vermittelte sicherlich einen anderen EIndruck.
Neugierig
wäre ich, wenn der Film heute noch einmal in die US Kinos käme,
im prüden Zeitalter eines puritanischen Bush Amerikas. Würden
die Gazetten erneut jubeln?
Wohl eher nicht!
Wer
Filme dieser Art mag, dem möchten wir da eher den ähnlich
angelegten aber ungleich gelungeneren und mit Susan Sarandon, Catherine
Deneuve und David Bowie sensationell besetzten Begierde
von Tony Scott ans Herz legen, denn der ist wirklich gut. Zwar fällt
hier das kuschelige 70'er Flair weg, das Kümels Film mit den
vielen Alternativtiteln hat, dafür wird reichlich kühles
Achtziger Jahre Styling geboten, das ist ja ebenfalls immer noch
sehr angesagt.
Für
die teilweise hervorragenden Bilder und die brillante Kameraarbeit
geben wir dann den blutigen Lippen aber insgesamt doch noch 2 Fledermäuse,
einfach weil er schön anzuschauen ist, aber Obacht, der Film
selber, der tut, als sei er ein kluger verstörender Autorenfilm
wie ihn "junge wilde" (eine Gähn-Phrase, die in letzter
Zeit wieder reichlich häufig bemüht wird, auch irgendwie
ein Retro Aspekt) Regiesseure dieser Ära gern servierten, ist
an sich Mist!
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