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Alucarda        (OT: Alucarda, la hija de las tinieblas)
AKA: Innocents From Hell, Mark Of The Devil 3, Sisters Of Satan

Mexiko, 1975, Farbe, 74 min
 
Regie: Juan López Moctezuma
Drehbuch: Alexis Arroyo
Produzent: Max Guefen, Juan López Moctezuma, Eduardo Moreno
Kamera Xavier Cruz
Musik Anthony Guefen
 
Claudio Brook Dr. Oszek/Hunchbacked Gypsy
David Silva Father Lázaro
Tina Romero Alucarda/Alucarda's Mother
Susana Kamini Justine
Lili Garza Daniela Oszek (as Lily Garza)
Tina French Sister Angélica
Birgitta Segerskog Mother Superior
Adriana Roel Sister Germana
Martin LaSalle Brother Felipe (as Martín Lasalle)

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The Psychotronic Video Guide describes this film as "the strongest, most imaginative, and visual witch movie since Ken Russell's The Devils"

It tells of the strange friendship between two young girls, Justine and Alucarda, and how their relationship destroyed the lives of those around them in a torrent of blood, death and damnation. This legendary lost film contains images that will shock and disturb.

Mexiko im 19. Jahrhundert. Die beiden 15jährigen Klosterschülerinnen Justine und Alucarda sind unzertrennlich, obschon sie doch grundverschieden sind, denn während Justine, die unlängst erst ihre Eltern verloren hat, eher schüchtern und ängstlich wirkt, ist Alucarda ein rebellischer Wildfang, schwarz gekleidet und ohne Angst vor dem lieben Gott und dem Tod. Eines Tages stoßen die Freundinnen bei einem Ausflug im Wald auf einen ziemlich bizarren Gesellen, einen buckligen Zigeuner im Quasimodo-Format, der sie vor den Dämonen des Waldes warnt und okkulte Gegenstände feilbietet. Schließlich erhält Alucarda einen rituellen Dolch von dem Schrat.

Auf dem Rückweg ins Kloster erreichen die beiden "Backfische" eine unwirkliche gespenstische Begräbnisstätte. Hier will Alucarda, die Stimmen aus der Vergangenheit zu vernehmen glaubt, mit Justine einen Freundschaftspakt per Blut besiegeln, der besagt, dass die beiden dereinst gemeinsam als engste Freundinnen in den Tod gehen werden. Plötzlich scheint ein unheiliger Geist Besitz von Alucarda zu nehmen, die sich immer stärker verändert. Doch auch Justine bleibt von den Veränderungen nicht verschont. So erhalten die Mädchen in der Nacht plötzlich erneut Besuch von dem buckligen Kauz, der sich nun als Beelzebub entpuppt (oder als irgendeine andere Höllengestalt, so völlig schlau wurde ich da nicht draus) und die Freundinnen dem Leibhaftigen persönlich zuführen möchte. Justine und Alucarda nehmen an wilden orgiastischen Zeremonien teil, vom Himmel regnet es Blut, während die Ordensschwestern apokalyptische Visionen haben.

Als die "Schwestern Satans" (so ein Alternativtitel) den Religionsunterricht durch das Anrufen des Teufels und das Runterbeten antichristlicher Beschwörungsmantras sprengen, diagnostiziert Vater Lázaro, der selber eine körperliche Erfahrung mit der satanischen Bedrohung macht, Besessenheit und ordnet einen Exorzismus an, den Justine mit dem Leben bezahlen muss. Bevor auch Alucarda den Teufelsaustreibern zum Opfer fällt, kommt der aufrechte Dr. Oszek dazwischen und wirft den Kirchendamen und -herren Aberglauben und Gottlosigkeit vor. Er nimmt die verstörte Alucarda bei sich auf, wo diese scheinbare Freundschaft mit seiner Tochter Daniela schließt.

Doch das Kloster soll schon bald die fürchterliche Rache Alucardas zu spüren bekommen, und auch Justine kehrt von den Toten zurück, getrieben von der Gier nach Blut….

Caramba, Viva Mexico! Dein Kintopp ist doch immer wieder für 'ne Überraschung gut. Der Rezensent muss zugeben, im Allgemeinen nicht gerade ein ausgewiesener Experte für Exploitation aus dem Lande der Azteken zu sein, was allerdings den Vorteil hat, dass sich so zumindest immer mal wieder hochinteressantes entdecken lässt, wie eben im vorliegenden Fall. Regisseur Juan López Moctezuma, der übrigens das Werk des guten Guillermo del Toro (Blade II, Cronos) dessen eigenem Bekunden zufolge maßgeblich beeinflusst haben soll (sieht man del Toros Filmen allerdings nicht unbedingt an), ist ein Weggefährte der mexikanischen Trash-Ikonen Alejandro Jodorowsky und Fernando Arrabal, die ja mit ihrem Faible für ausgeprägt surrealistische Filmexperimente sicher nicht jedermanns Geschmack getroffen haben werden. Dennoch haben ihre Arbeiten auch Moctezumas Regiestil nachhaltig geprägt, zumindest lässt sich dies im Falle "Alucarda" sagen. Doch auch wenn Moctezuma uns teilweise einen orgiastischen Bilderrausch vorsetzt, der an manchen Stellen die visuelle Umsetzung der höllischen Schilderungen aus Dantes "göttlicher Komödie", Miltons "verlorenem Paradies" oder der Walpurgisnacht in Goethes "Faust" sein könnte (freilich die Versionen für den schmaleren Geldbeutel), so bleibt er doch letztlich weit weniger experimentell und näher am, na ja, sagen wir mal Horror Mainstream jener Jahre, der einerseits bestimmt war von den immens erfolgreichen Okkultschockern amerikanischer Machart ("Das Omen", "Der Exorzist", "Carrie"), aber auch von den sleazigen europäischen "Sexploitation" Streifen eines Jess Franco oder Joe d'Amato oder eben eines Jean Rollin, der ja seinerseits ebenfalls teilweise für surrealistische Bilderstürme sorgte. Manchmal aber nervt auch einfach nur das permanente hysterische Gekreische der Darstellerinnen.

Die Stärke des Films liegt in seiner teilweise beinahe radikalen Ausdruckskraft. Blut und nackte Tatsachen gibt es Galore, wenn auch teils etwas weniger explizit als bei den europäischen Kollegen, was aber nicht nachteilig verstanden werden sollte. Die Szene, in der Susana Kamini als wiedererweckte Justine nackt aus einem mit Blut gefüllten Sarg steigt und mit schwer irrem Blick der Nonne Angelique die Kehle durchbeißt und ihr Blut trinkt, gehört zu den intensivsten und stärksten, die der Vampirfilm der 1970'er überhaupt zu bieten hat. Auch wenn diese eine Szene - mal abgesehen von der kalkulierten kommerziellen Zugkraft des Namens "Alucarda", den ja wohl auch der letzte…. na wer auch immer, als raffiniertes (höhö) Anagramm einer relativ bekannten (höhöhö) Figur der Weltliteratur identifizieren kann - eigentlich schon der einzige vampirische Bezug des gesamten Streifens ist, so macht ihn diese Szene doch für das Genre unsterblich. Ob das offensichtlich Kulissenhafte, das Theatralische, das dem Film anhaftet, so gewollt und vielleicht als Verbeugung vor den Genreklassikern aus dem Deutschland der 1920'er und den Hollywood Gothics der 1930'er Jahre verstanden werden darf / sollte, oder ob dies nur Schmalhans, dem Budgetmeister, geschuldet war, lässt sich leider nicht ergründen.
Und genau da liegt auch wiederum die Schwäche des Films, diese leider nur allzu offenbare Unentschiedenheit, dieses Pendeln zwischen den Polen, dieses einerseits gewollte "Anders sein", der Wunsch etwas Visionäres, Gehaltvolles, künstlerisch Großes zu schaffen, andererseits aber eben auch den Markt bedienen zu wollen (oder müssen ?!?), das verleiht dem Werk am Ende leider doch häufiger mal einen ziemlich zerrissenen Eindruck. Immer wenn Moctezuma sich traute, Grenzen zu überschreiten und eigene Wege zu gehen, ist der Film echt stark, die Szenen allerdings, die einfach nur in alter Exploitation Tradition bei großen Erfolgsfilmen billig abgekupfert wurden, wie z. B. das infernalische Finale, das verdächtig an das von de Palmas "Carrie" erinnert, wirken beliebig. Schade.

Noch ein Wort zu den Darstellern, die im Prinzip samt ihre Sache recht gut machen. Das Fräulein Kamini ihren Part sehr überzeugend gab, fand ja bereits Erwähnung. Auch Claudio Brook, den man ebenfalls als Hauptdarsteller aus del Toros famosem Cronos kennen sollte, kann in seiner Doppelrolle als Dr. Oszek und als satanischer Buckelschrat als gut gelobt werden, genau wie die wenig bekannten David Silva, Adriana Roel oder Tina French. Einzig Tina Romero als Titelheldin (oder Schurkin, je nach Sichtweise) Alucarda schien mir etwas überfordert zu sein. Irgendwann wollte ihr böses Augenrollen einfach nicht mehr funktionieren, den anderen Gesichtsausdruck habe ich inzwischen wieder vergessen.

Was bleibt nun also unterm Strich? Bestimmt kein leicht verdaulicher Streifen, der aber eben genau deshalb viele wirklich starke Momente zu bieten hat. Seien wir ehrlich, die Handlung ist bei diesem Streifen - wie bei so vielen seiner Art - ohnehin völlig Wurscht. Der geneigte Underground Freund aber, der vielleicht sowohl etwas mit Jodorowsky oder Rollin oder vielleicht sogar Kenneth Anger wie eben auch mit Franco oder Ossorio anfangen kann, wird auf jeden Fall auf seine Kosten kommen. Dennoch gibt es Punktabzug für die bereits angesprochenen Schwächen des Films. Bleiben am Ende drei Fledermäuse.

       
       


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