Howard Phillips Lovecraft
Howard
Phillips, kurz HP Lovecraft, war mit Sicherheit kein ausgesprochener
Verfasser vampirischer Geschichten, wenngleich auch eine Anzahl
solcher auf sein schriftstellerisches Konto geht. Zweifelsfrei
aber ist er der einflussreichsten, fantasievollsten und finstersten
Autoren amerikanischer Phantastik des 20. Jahrhunderts einer,
und als solcher inspirierte er das Werk nahezu aller namhafter
zeitgenössischer Horrorautoren von Clive Barker über
Brian Lumley bis hin zu Anne Rice,
in deren Buch Nachtmahr
Lovecrafts Erzählung "Das Ding auf der Schwelle"
eine nicht ganz unwichtige Rolle spielt. Den Schwerpunkt des
Lovecraftschen Werkes bildet der so genannte Cthulhu Mythos,
von dem wir später noch mehr erfahren werden.
Geboren
wurde Lovecraft am 20. August des Jahre 1890 in Providence,
Rhode Island, als Spross einer typischen Neu England Familie,
deren Wurzeln beinahe bis auf die altehrwürdigen Pilgerväter
und deren Ankunft auf dem amerikanischen Kontinent mit der
Mayflower zurück verfolgt werden können. Der Vater
des kleinen Howard verstarb, als dieser gerade acht Jahre
alt war. Er schied an den Spätfolgen einer Syphilis dahin
nachdem er die letzten 5 Jahre seines Lebens in einer Irrenanstalt
zubrachte. Howard wurde von seiner Mutter, zwei altjungferlichen
Tanten und im wesentlichen von seinem Großvater Whipple
van Buren Phillips erzogen, der den Jungen sehr liebte und
früh sein Talent erkannte und förderte. Howard war
als Kind sehr kränklich und verpasste folglich viel in
der Schule, doch durch seinen unerschöpflichen Wissensdrang
und dem Lesen zahlloser Bücher holte er das Verpasste
rasch wieder auf und überflügelte noch seine Mitschüler
- ein "Wunderkind".
Als der
geliebte Großvater im Jahr 1904 verstarb, gerieten die
Phillips Lovecrafts schnell in Armut, denn das geerbte Geld
des alten Mannes reichte nicht allzu lang aus. Folglich musste
die Familie das Haus aufgeben und zog um in eine karge Behausung
in Providences Armenviertel - zu viel auf einmal für
den jungen Lovecraft, im Jahre 1908 unternahm er im Alter
von 18 Jahren einen Selbstmordversuch, was einen Nervenzusammenbruch
zur Folge hatte und das ihm der High School Abschluss verwehrt
blieb, und somit auch die Aufnahme an der Universität,
die er sich doch so sehr gewünscht hatte.
Seine
schriftstellerischen Ambitionen indes erblühten. Um die
Jahre 1916 / 1917 veröffentlichte er seine ersten Erzählungen
im legendären Magazin "Weird Tales", wo im
folgenden ein Großteil seiner Erzählungen erscheinen
sollte. Es begab sich auch etwa zu jener Zeit, das Lovecraft
mit seinen extensiven Briefwechseln begann. Zu seinen Brieffreunden
gehörten unter anderem so unterschiedliche junge Autoren
wie der "Psycho" Autor Robert Bloch oder der "Conan
the Barbarian" Erfinder Robert E. Howard, mit dem ihn
eine besonders tiefe Brieffreundschaft verband und dessen
Freitod im Jahre 1936 ihm schwer zu schaffen machen sollte.
Lovecraft war vermutlich einer der eifrigsten Briefschreiber
des 20. Jahrhunderts, tatsächlich machten seine Briefe
den weitaus größten Teil seiner schreibenden Tätigkeit
aus. Seinen Lebensunterhalt verdiente er zu jener Zeit als
Journalist.
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1921, kurz nach
dem Tod seiner Mutter, lernte er die ukrainische Jüdin Sonia
Greene kennen und heiratete sie. Angeblich waren seine Tanten diesbezüglich
sehr erbost, da diese jüdische Zeitgenossen nicht eben sehr
geschätzt haben sollen. Lovecrafts Werk als solches ist ja
nicht selten selber Vorwürfen von Rassismus ausgesetzt gewesen,
wobei antisemitisches wiederum eher nicht zwischen den Zeilen herausgelesen
werden kann. Auch auf diesen Punkt wollen wir später noch genauer
eingehen.
Jedenfalls zogen
Lovecraft und Greene nach New York, doch das Leben in der weltoffenen
Metropole verstörte den sensiblen und zumeist in sich gekehrten
Howard so sehr, dass er es nur wenige Jahre aushielt. Er trennte
sich von seiner Frau und kehrte zurück in das wesentlich beschaulichere
Providence, wo er im folgenden wieder bei seinen Tanten lebte.
Seine letzten
10 Lebensjahre in Providence waren seine weitaus kreativsten, die
meisten seiner bekannten Erzählungen entstanden zu jener Zeit.
Etwas Geld verdiente er als Lektor, als Ghostwriter für andere
Autoren und mit dem, was seine eigenen verkauften Geschichten einbrachten.
Obschon er inzwischen als Literat einiges Ansehen genoss, verarmte
er zusehends. Ab 1936 verfiel er körperlich zusehends. Seine
einzigen sozialen Kontakte waren seine zahlreichen Brieffreunde,
echte Freunde hatte er nie wirklich. Der bereits erwähnte Freitod
von Robert Howard machte ihm schwer zu schaffen, zudem litt er Unterernährung
und ständigen Schmerzen. Schließlich wurde Lovecraft
Darmkrebs diagnostiziert.
Am 15. März
1937 verstarb Howard Phillips Lovecraft einsam und völlig verarmt
46jährig an den Folgen seiner schweren Krankheit. Posthum wurde
er zu einem Kultautor, dessen Popularität bis heute ungebrochen
ist.
Der Vorwurf
von Rassismus, der, wie bereits erwähnt, des öfteren in
Zusammenhang mit Lovecraft und seinem literarischen Werk im Raum
stand und steht, kommt sicherlich nicht von ungefähr. Dennoch
haben wir es bei ihm nicht mit einem dumpfen White Power Mitläufer,
stolzem "Arier" oder Ku Klux Klan Befürworter zu
tun. Sein Rassismus war eher latent vorhanden und wahrscheinlich
von seiner puritanischen Familie anerzogen als offen gelebt. In
der Hauptsache basierte Lovecrafts Einstellung fremden und ihm fremdartig
erscheinenden Menschen gegenüber eher auf seinen Ängsten,
ja Neurosen fast, als auf einer eigenen geglaubten Überlegenheit
aufgrund seiner weißen Abstammung. Dies soll und kann allerdings
keinesfalls eine Entschuldigung für jedwede rassistische Anschauung
gleich welcher Coleur sein, auch nicht im Falle Lovecrafts. Zwar
wurde dieser im Laufe der Jahre immer wunderlicher, eigenbrötlerischer
und zwanghaft isolierter der Außenwelt gegenüber, doch
seine Einstellungen gegenüber allen nicht der weißen
Rasse angehörigen Menschen wandelten sich. Er tauschte sich
später auch mit farbigen Künstlern und Intellektuellen
aus und sein Spätwerk ist gänzlich frei von Anspielungen
rassischer Art. Die Weisheit eines klugen Kopfes obsiegte, sicherlich
auch eine Folge seiner New Yorker Jahre und der weitläufigen
Korrespondenz, die seinen Horizont erweitert hatte.
Lovecrafts
makabres Werk war in der Hauptsache von vier Haupteinflüssen
geprägt: Vom amerikanischen Klassiker Edgar
Allan Poe, den europäischen Symbolisten und Expressionisten
(Baudelaire, Meyrink. Kaffka, Hoffmann
um da mal einige Namen in die Waagschale zu werfen), dem Werk früher
Fantasy Autoren wie Machen und Dunsany, die sich in ihren Erzählungen
bereits mit dem Zusammentreffen der vermeintlich zivilisierten Gesellschaft
mit archaischen Wesenheiten beschäftigten (vielleicht der bedeutendste
Einfluss von allen), und letztlich von seinen eigenen Alpträumen.
Der bedeutendste Teil seines Werkes nimmt der von ihm genannte "Arkham
Cycle" ein, um den später sein Nachlassverwalter August
Derleth, eine äußerst zweifelhafte Figur, die sich an
der steigenden Popularität des Autoren eine goldene Nase zu
verdienen wusste indem sie den Verlag "Arkham House" gründete,
den heute weltbekannten Kunstbegriff des Cthulhu Mythos spann. In
der Hauptsache ging es um einen Kult, welcher uralte Gott- oder
Wesenheiten aus vormenschlicher Zeit, möglicherweise von den
Sternen stammend, die nun wieder nach der Weltherrschaft trachteten,
verehrte. Stets spielte hierbei die fiktive Neu England Stadt Arkham
eine nicht unwesentliche Rolle.
Eine weitere
Erfindung Lovecrafts, die seinen Status als Horrorkultautoren untermauerte,
ist das Necronomicon, das "Buch der Toten", welches gemäß
Lovecraft von einem wahnsinnigen Araber namens Abdul Alhazred verfasst
worden sein soll. Angeblich verliert ein jeder, der in dem Buch
liest, sogleich den Verstand. Bis heute gibt es zahllose Spekulationen
und endlose Diskussionen in unzähligen Internetforen darüber,
ob das Buch tatsächlich existiert oder lediglich Lovecrafts
Fantasie entsprungen sei. Letzteres ist erwiesenermaßen der
Fall, aber Verschwörungstheoretiker und Gleichgesinnte sind
ja hartnäckig...
HP Lovecraft selber hat aber nie an seine Schöpfungen geglaubt.
Er sah sich als einen nüchternen Denker, einen Anhänger
der materiellen Wissenschaft.
Es ist nicht
einfach, ihn einem Genre zuzuordnen, denn in seinen Erzählungen
finden sich ganz klar Elemente des Horrors wie der Fantasy. Auch
der Science Fiction schien sich der Mann aus Providence verpflichtet
zu fühlen, aber auch der klassischen Literatur war er zugetan.
Sein Erzählstil war eher unamerikanisch, vom altenglischen
geprägt, obschon seine Geschichten zumeist im "modernen"
20. Jahrhundert spielen. Sein Werk ist von eben so vielen Widersprüchen
durchdrungen, wie es sein nicht ganz langes Leben war, doch was
immer man über den seltsamen Kauz HP Lovecraft sagen kann,
seine Qualitäten als phantastischer Autor sind unbestritten.
Er ist für einige der absolut unheimlichsten und gruseligsten
Erzählungen des letzten Jahrhunderts verantwortlich und regt
noch heute die Fantasie seiner zahlreichen Anhänger an. Und
wer weiß, vielleicht haben am Ende ja doch diejenigen seiner
Fans recht, die seine Schriften nicht als reine Fiction auffassen,
denn wie schrieb Lovecraft doch dereinst:
That is
not dead which can eternal lie, and with strange aeons even Death
may die
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