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Fledermäuse küssen nicht    (OT: Un innocente vampiro)

Untertitel  
Autor Danilo Mainardi
Kategorie Roman
Seitenzahl 181
Format Paperback
deutsche Übersetzung Stefanie Risse
Erstveröffentlichung 1993
Verlag Goldmann Verlag
ISBN-Nummer 3-442-42673-1

"Der Vampirologe Marzio, der in Florida das Verhalten der Fledermaus desmodus Rotundus studiert, wird zum Detektiv und heftet sich zusammen mit seiner schönen Kollegin Agnese an die Spuren eines teuflischen Mörders, der Fledermäuse zum Töten abgerichtet hat. Selten wurde ein solches Thema mit so viel Charme und Leichtigkeit dargeboten. "
Il Manifesto

"Das Leben der Fledermäuse ist Teil eins fesselnden Thrillers mit vielen Verdächtigen, falschen Fährten, überraschenden Wendungen und geballter Spannung."
Il Messaggero

"Intelligent und voll hintergründiger Ironie - ein Roman, der an Eco erinnert. "
Il Tirreno

"Eine wundervolle Wiedergutmachung gegenüber der faszinierenden Kreatur der Fledermaus."
Corriere dela Sera.

Der italienische Verhaltensforscher und Vampirologe (im Sinne der flugtüchtigen Säugetiere, nicht etwa der mystischen Untoten) Professor Marzio Lavetti langweilt sich. Sichere Anstellung an der Uni und geregelte Lehrtätigkeit sind zwar durchaus angenehme Dinge, doch jetzt, wo er 50 ist, möchte er es noch einmal wissen, zurück zu den Anfängen treibt es ihn, raus in die Natur und endlich wieder tun, was ein Forscher tun muss. Da kommt ihm ein Angebot seines amerikanischen Freundes und Kollegen Paul Wood, Fledermausexperte an der Universität von Pointsville, Florida, gerade recht. Er soll nämlich mit ihm zusammen das Verhalten einer Population der Desmodus Rotundus, einer blutsaugenden Vampirfledermaus, die sich von Mexiko nach Florida ausgebreitet hat, untersuchen. Begeistert begibt sich Marzio mit offiziellem Forschungsauftrag in der Tasche in die vereinigten Staaten, doch dort angekommen ereilt ihn zunächst ein fürchterlicher Schock : Wood, den Marzio liebevoll Paolino zu nennen pflegte, ist seit wenigen Stunden tot. Er erlag einer besonders seltenen und binnen kürzester Zeit tödlich wirkenden Krankheit, einer Entzündung des Gehirns, hervorgerufen durch einen rätselhaften Virus. Nicht zu fassen...

Nachdem er einige Tage im Haus seines verstorbenen Gastgebers verbracht hat, begibt er sich schließlich an seine Arbeit und lernt die faszinierende Büffelforscherin Agnese Tortora kennen, die ebenfalls aus Italien stammt. Die beiden Wissenschaftler sind sich auf Anhieb sympathisch und beschließen zusammen zu arbeiten, doch Paolinos plötzliches Ableben lässt Marzio keine Ruhe. Da entgeht der Vampirologe plötzlich selber nur ganz knapp einem heimtückischen Mordanschlag: als er zu viel zu später Stunde - er feierte lange und ausgiebig mit Agnese - in sein Hotelzimmer zurückkehrt, entdeckt er einen toten, aber noch warmen Desmodus Vampir. Als er den Kadaver des verendeten Tieres am nächsten Morgen untersuchen lässt, stellt sich heraus, dieser erhielt eine Injektion und wurde mit eben jenem Virus infiziert, dem Paul Wood zum Opfer fiel und dem auch Marzio hätte erliegen sollen. Fazit: es geht ein Mörder um, der Fledermäuse als todbringende Werkzeuge missbraucht, denn wenn die Vampire den schlafenden Menschen zur Ader lassen, infizieren sie das Opfer mit der furchtbaren Krankheit, die, wie wir inzwischen wissen, binnen weniger Stunden zum Tode führt, und der Clou an der ganzen Sache ist der, auch der Überträger, in dem Fall der Vampir, stirbt nach wenigen Stunden, so wird der Eindruck erweckt, es handele sich um einen ganz normalen parasitär übertragenen Virus, den der exotische Flattermann mitbrachte - ein mehr oder weniger natürlicher Tod, oder auch ein fast perfekter Mord!

Doch jetzt ist der Ehrgeiz der Forscher erst recht geweckt, und gemeinsam mit dem cleveren Sheriff Janvier, dem Polizeichef von Pointsville, versuchen Agnese und Marzio nicht nur Licht in die unheimliche Vampirgeschichte zu bringen, sondern dem Mörder eine gewiefte Falle zu stellen. Dumm nur, wenn man nicht weiß, wem überhaupt noch zu trauen ist ...

Sympathisches Buch, das Danilo Mainardi, dem italienischen Publikum selber als Professor für Verhaltensforschung an der Universität zu Venedig und populärer Tierfilmer bekannt, da verfasst hat. Natürlich handelt es sich hier, wie Ihr wohl schon gemerkt habt, nicht um einen Horrorschocker, der sich um untote Spukgestalten rankt, sondern vielmehr um einen cleveren Krimi in bester "Inspektor Colombo" Tradition, in welchem die Frage nach dem Tathergang, also das "Wie?", von mindestens ebenso großer Gewichtung ist wie die Suche nach dem Mörder selbst, also dem klassischen "Wer war's?"

Dennoch haben wir es hier mit einem lupenreinen Vampirroman zu tun, denn schließlich sterben die Opfer am Biss eines Vampirs, eines Desmodus Rotundus um genau zu sein, auch wenn hier zwar wenig übersinnliches im Spiel ist, wohl aber ein diabolisches Mordkomplott zu lösen ist. Die Lösung schließlich, Motiv und Täter, sind zwar eher unspektakulär, die Tat selber aber zeugt von durchtriebenster krimineller Energie und einer genialen Originalität, wie sie wohl nur ein Fachmann auf diesem Gebiet zu ersinnen in der Lage ist. Gleichzeitig bricht Mainardi eine Lanze für die faszinierende Kreatur der Fledermaus, der ja seit vielen, vielen Jahrhunderten Unrecht getan wurde und noch heuer wird, weil man sie stets aufgrund ihres Aussehens und eben einiger ganz weniger Arten, welche sich tatsächlich von Blut ernähren und mitunter auch Überträger der Tollwut sind (derlei Getier existiert aber eigentlich nur in Mittel- und Südamerika und in einigen wenigen Regionen Asiens), verdammte und sie zu dämonischen Wesen verklärte.

Wir wollen aber auch nicht darüber hinweg sehen, dass das Buch dennoch seine Schwachstellen hat. Zum einen fand ich es fast ein wenig kurz geraten, denn auf 182 bleibt nicht wirklich genügend Raum, die Geschichte ordentlich in Schwung zu bringen und gleichzeitig die Charaktere auch noch interessant und glaubwürdig zu gestalten. So bleiben denn auch die meisten Figuren eher blass und schablonenhaft und ihre Handlungen zum Teil nur schwer nachvollziehbar. Sichtlich vernarrt ist Mainardi in seinen Helden Marzio, den er möglicherweise, wer weiß?, als Alter Ego anlegte. Marzio ist ein wenig selbstverliebt, eitel und geschwätzig, aber überaus kompetent und sympathisch, man könnte sagen, patent! Doch alle weiteren Figuren inklusive der schönen Agnese wirken leider farblos und zweidimensional. Sheriff Janvier ist in seiner knarzigen Herzlichkeit ganz und gar unrealistisch und überzogen dargestellt und die Kollegenriege der Uni-Professoren bleibt einem bis zum Schluss rätselhaft, auch wenn recht bald klar ist, das der Mörder nur aus ihren Reihen stammen kann.

Teilweise hat man fast das Gefühl, das Buch liege in deutscher Sprache nur in gekürzter Fassung vor, doch darauf konnte ich nirgendwo einen Hinweis finden, alles scheint original und eins zu eins zu sein. In Italien geriet "Fledermäuse küssen nicht" zu einem gewaltigen Bestseller, der monatelang die Verkaufslisten anführte und darüber hinaus noch massenhaft gute Kritik erntete. Die Zeitung "Il Tirreno" verglich Mainardis Buch gar mit den Arbeiten Umberto Ecos, was aber nicht nur aufgrund der besagten Minuspunkte des Buches großer Unsinn ist, es fehlt auch einfach die Schönheit der Sprache, die ein Roman Ecos inne hat. Mainardis Buch merkt man sehr wohl an, dass es sich um ein Romandebüt handelt, vermutlich ist der Wissenschaftler literarisch ansonsten eher auf dokumentarischen Pfaden unterwegs.

Trotzdem, man sollte dieses Buch gelesen haben, denn es bleibt ausreichend Lesespaß übrig, da die Geschichte letztlich vor feiner hintergründiger Ironie und guter Laune nur so überschäumt. Man merkt dem Autoren den Spaß an, denn er offensichtlich beim Verfassen seiner "Vampirischen" Detektivgeschichte hatte, auch und gerade weil der Schuster bei seinen Leisten blieb.

"Fledermäuse küssen nicht" eignet sich hervorragend dazu, im Urlaub gelesen zu werden, und das nicht nur in Florida oder Italien. Nächstes mal wenden wir uns dann aber wieder den wirklich bösen Kreaturen der Nacht zu!


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