Trouble
every Day
AKA: Gargoyle
Frankreich, 2001, Farbe, 101 min |
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Regie:
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Claire
Denis |
Produzenten:
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Jean-Michel
Rey, Philippe Liégois, Georges Benayoun |
Drehbuch |
Claire
Denis, Jean-Pol Fargeau |
Musik: |
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Kamera: |
Agnès
Godard |
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Vincent
Gallo |
Shane |
Béatrice
Dalle |
Coré
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Tricia
Vessey |
June |
Alex
Descas |
Léo |
Florence
Loiret-Caille |
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Nicolas
Duvauchelle |
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Shane,
ein amerikanischer Wissenschaftler, und seine frischgebackene Ehefrau
June verbringen ihre Flitterwochen in Paris, der Stadt der Verliebten.
Doch etwas scheint nicht zu stimmen, denn das wohlige Gefühl
der Zweisamkeit will sich nicht so recht finden lassen. Wir ahnen
recht rasch, der junge introvertiert wirkende Forscher hat ein größeres
Problem mit seiner Libido.
In Wahrheit begab sich Shane auf den Trip an die Seine hauptsächlich,
um seinen alten Kollegen, den Arzt Léo Sémeneau zu
finden, mit dem und dessen Frau Coré er einst an einem Forschungsprojekt
in Südamerika arbeitete, und das offenbar nicht nur sein Leben
grundsätzlich veränderte, wie wir noch erfahren werden.
Léo veröffentlichte nach ihrer gemeinsamen Zeit einen
aufsehenerregenden Artikel, welcher in den Zirkeln der wissenschaftlichen
Eliten nur zu Unverständnis führte, bei Shane aber, der
ja zum Kreis der "Eingeweihten" gehört, Hoffnung
auf Linderung, gar Heilung seines "Leidens" weckt. Doch
Léos Reputation als ernstzunehmender Forscher ist dank der
Publikation ruiniert. Folge: er zog sich zurück, und nun weiß
niemand, wo er zu finden ist.
Der gute Léo hat sich nun, was Shane nicht weiß, am
Stadtrand als Arzt niedergelassen, und führt da die bittere
Existenz eines Doppellebens.
Er ist eigentlich ein freundlicher, sanfter Mann. Bei seinen finanzschwachen
Patienten drückt er gern mal ein Auge zu, wenn diese kein Geld
haben um seine Rechnungen zu bezahlen, er liebt Coré, seine
Frau, über alles, doch er muß sie tagtäglich, wenn
er aus dem Haus geht, einsperren, denn sie hat ein schreckliches
Problem: sie ist auf pathologische Weise auf Blut fixiert. Wenn
ihr Verlangen übergroß wird, tötet sie. Léo
lässt dann die Leichen verschwinden, doch so kann das nicht
weitergehen! Ihr Fegefeuer droht zur Hölle zu werden, immer
häufiger äußert Coré den Wunsch, sterben
zu wollen, doch der Trieb, das Verlangen nach Blut, ist übermächtig.
Und wiederum ahnt der Zuschauer, Shane plagt ein ähnliches
Ungemach. June jedoch ahnt nichts von alledem und versteht das abweisende
Verhalten ihres Gatten nicht, kann seine Zerüttetheit nicht
nachvollziehen und fühlt sich verletzt, missachtet.
Da erhält Shane einen Hinweis von einer Krankenschwester, die
zuletzt mit Léo arbeitete, auf dessen Aufenthaltsort.
Als er Léo und Corés Haus aufsucht, findet er die
verstörte Frau blutüberströmt vor, sie hat kurz zuvor
ein neues Opfer getötet.
Als symbolischen Akt legt Shane Feuer, Coré kommt in den
Flammen um, doch der seinerseits Besessene muß sich nun seinen
eigenen Dämonen stellen.
Zurück im Hotel bedrängt er ein Zimmermädchen, verführt
sie, tötet sie schließlich und trinkt ihr Blut.
Als June zurückkehrt, steht Shane unter der Dusche und wirkt
erstaunlich entspannt. Er sagt, es gehe ihm nun gut und er möchte
heim, zurück in die Staaten.
Ist Shanes Blutdurst nun befriedigt?
Wir
wissen es nicht, wie so vieles von dem, was in Claire Denis Film
geschieht oder auch nicht!
Offen gestanden können wir uns auch nicht für den tatsächlichen
Varlauf der Geschichte, wie er hier wiedergegeben wurde, verbürgen,
doch so haben wir es verstanden und interpretiert. Im Grunde ist
die Geschichte, das Warum und Wie, gar nicht wichtig, wird von Regiesseurin
Denis auch nur sehr fragmentarisch dargestellt, quasi angedeutet.
Sex, Liebe, Kannibalismus / Vampirismus sind die Eckpfeiler dieses
Horrordramas, das in seiner Machart sicher der ungewöhnlichsten
eines ist.
Die Wirkung der Bilder, die, schockierend und faszinierend zugleich,
meisterhaft von Kamerafrau Agnés Godard eingefangen worden
sind, sind zunächst erst mal der überwältigendste
Eindruck, den uns dieser Film vermittelt. Und was für Bilder
liefern uns Denis und Godard (ein Name, der verpflichtet?) hier.
Wir sehen fast orgiastisch wirkende Blutgemetzel, die unversehens
über uns hereinbrechen und in ihrer Krassheit völlig im
Gegensatz zu dem sonst doch eigentlich eher behäbigen Verlauf
des Filmes stehen.
Fast könnte man hier einmal mehr den abgeschmackten Begriff
von der Ästhetik des Ekels bemühen, doch das scheint zu
billig und einfach.
In einem üblichen Vampirfilm setzen wir eine phantastische
Situation voraus, es ist klar, hier gibt es übersinnliche Wesen
namens Vampir, wir begeben uns praktisch in eine Art Märchenland.
In "Trouble every Day" kommt der Horror aus einer ganz
anderen Ecke. Normale Menschen werden zu Bestien und niemand weiß
warum. Das macht den Film tatsächlich unheimlich.
Die Vergangenheit wie die Gegenwart der Figuren, somit die Story
selber, muß sich der Zuchauer erarbeiten, reichlich mühsam
sogar. Man hat sich durch langatmige Strecken zu bemühen, die,
Sorry, die Aufmerksamkeit reichlich strapazieren.
Dabei kapieren wir das Gebahren von Shane und Coré, ähnlich
wie die Figur June, nicht wirklich, müssen uns unseren eigenen
Reim machen und verstehen dennoch eigentlich nichts...oder vielleicht
eben gerade deshalb nicht.
Mitunter erinnert das an David Lynch, doch Denis' Stil, will sagen
ihre persönliche Handschrift, ist zu eigen um da so einen blöden
Gedanken ans Abkupfern zu verschwenden. Man täte ihr doch sehr
unrecht damit. Frau Denis war Regieassistentin bei den Großen
des Independentkinos, bei (vom Rezensenten) überaus geschätzten
Meistern wie Jim Jarmush oder Wim Wenders, doch hat sie, was ihren
persönlichen Stil angeht, jene längst überflügelt,
den Einen weniger, den Anderen mehr.
Doch darum soll es hier jetzt gar nicht gehen.
Claire Denis hat, man muß es leider so sagen, diesmal allerdings
mit ihrem Co-Autoren Jean Paul Fergeau den Bogen etwas überspannt
bzw. ausgereizt. Es sind eben nicht nur Längen entstanden (laaange
Längen...) wir kriegen Shane, Léo und Coré einfach
nicht zu fassen, würden gern mehr über sie und ihr Schicksal
wissen, doch Denis erlaubt es uns nicht
Klar, Independent Superstar Vincent Gallo, Egomane ja auch per excellence,
wie die große Beatrice Dalle, fast 40 und noch immer und gerade
hier, eine echt wunderschöne und unglaublich gefährlich
wirkende Femme Fatale (sie wird wohl niemals ihr Betty Blue Image
los, doch diese Rolle liegt ihr auch wie keiner zweiten), geben
mehr als den vollen Körpereinsatz füt ihren Part und sind
überaus brillant. Besonders die Dalle, die in diesem Fall ja
so gut wie keinen Text hat und nur über ihre Ausstrahlung,
ihre Darstellung, das von ihr verkörperte Wesen gibt, ist zu
loben. Das ist wahre, große Schauspielkunst.
Herr Gallo indes sieht mit Schnauzbart und halblangen Haaren beinahe
aus wie eine 1 zu1 Kopie von Vlad Tepes, gewollt oder nicht, wir
wissen es nicht, aber ein netter Gag am Rande.
Die todtraurige und mitunter recht unheilversprechende Musik zu
dem Film liefern uns die Berufsmelancholiker Tindersticks, die der
Rezensent, auch wenn das gerade vielleicht anders klang, mit Verlaub,
toll findet.
Bei so vielen großen Namen - Denis, Dalle, Gallo, Tindersticks
- will man ja eigentlich nur voll des Lobes sein, und doch, es will
nicht recht gelingen. Der Film ist ein Biest, das man als Kritiker
nur schwer in den Griff kriegt. Tolle Darsteller, gute Musik und
grandiose Bilder entschädigen letztlich nicht das Gefühl
der Langeweile, das sich - leider - irgendwie in den ersten beiden
Dritteln des Films erst schleichend, später beinahe quälend,
einstellt. Wenn es dann doch noch richtig spannend wird, ist es
auch schon wieder vorbei und lässt uns mit mehr Fragen als
Antworten allein.
Gewollt oder nicht, auch eben dies müssen wir uns einmal mehr
fragen.
Ist es nicht üblicherweise so, dass ein Film den Zuschauer
mit einer Geschichte unterhält? Gut, der künstlerische
Ansatz darf natürlich jederzeit darüber hinaus gehen,
ein Film darf Fragen stellen, mahnen, hinweisen, was auch immer,
nur sollte dies nicht zum Selbstzweck werden, hier bleibt mitunter
etwas von diesem Nachgeschmack.
Es ist Claire Denis leider nicht gelungen, eine nachvollziehbare
Geschichte zu erzählen und uns über einen Großteil
des Films zu unterhalten.
Nach langem Ringen müssen wir den Film leider als eher misslungen
betrachten.
Schade...
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