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Draculin   (OT: El Pobrecito Draculin)

Spanien, 1976, Farbe, 83 min
 
Regie: Juan Fortuny
Drehbuch: Luis G. de Blain / Juan Fortuny
Produzent: Producciones Mezquiriz
Musik: Southern Library
Kamera: Juan Fortuny
 
Joe Rigoli Draculin
Diana Polakov  
Carlos Otero Bibinsky
Josele Roman Ludgarda
Lita Claver Agatha
Sitta Schvre  
Victor Israel Vladimir

Die tolldreisten Abenteuer des liebestollen Sohnes des Grafen Dracula.
Draculin erwacht nach langem Schlaf in seiner Kiste in der heutigen Zeit. Urkomisch und freizügig zeigt dieser Film, welche Probleme man als Vampir heutzutage hat.
Ein Feuerwerk mit Gags und tollen Miezen.

"Potzblitz, diese Musik weckt ja Tote auf", herrscht der Discobesitzer seinen DJ an, und tatsächlich, genau das passiert in dem Moment! Draculin, der jüngste Spross des verblichenen Grafen Dracula, erwacht entnervt ob des tosenden Lärmes aus einem rund 70 Jahre währenden Schlaf. Da hat sich doch tatsächlich ein neumodisches Tanzlokal im altehrwürdigen Familiensitz angesiedelt. Das ist zu viel für Draculin, entsetzt sucht er das Weite. Doch da ereilt ihn schon der nächste Schock, denn draußen in der Großstadt herrscht nun ein dermaßen hektisches Treiben, wie es der Vampir noch nie zuvor sah. Und diese furchtbaren Autoabgase...

Draculin landet im Krankenhaus, ist aber nach einer ordentlichen Stärkung durch eine Blutkonserve und eine zarte Krankenschwester schon wieder recht fit, so sucht er den Notar der Familie auf. Dieser erzählt Draculin von einem weiteren Familienschloss, schön abgelegen weit draußen in den Karpaten, ringsum nur Wälder, gute Luft, und das nahegelegene Dorf hat hübsche Töchter - genau das Richtige für den Juniorgrafen.

Allerdings bekommt er es vor Ort mit allerlei unliebsamen Besuchern zu tun: einem Schmugglerring, welcher von Burg Dracula aus mittels Brieftauben Diamanten verschiebt, verirrten Spaziergängern, die auch schon mal recht liebestoll reagieren, und dem trotteligen und versoffenen Faktotum des Schlosses. Bald herrschen die typischen Irrungen und Wirrungen vor, die eine "Komödie" jener Jahre üblicherweise für seine Zuschauer bereit hält, die Gangster versuchen sich der lästigen Mitwisser zu entledigen, sind aber komplette Vollspacken, der dauernotgeile Klischeeschwule bedrängt unentwegt unseren armen leidgeplagten Vampir, der es zudem, so sehr er sich auch bemüht, einfach nicht zuwege bringt, seine Hauer endlich in einen duftenden Damenhals zu schlagen, denn die sind entweder fernöstlicher Kampfkünste kundig, zicken rum, oder sind sternhagelblau, und mit dem berühmten hypnotischen Blick seines Herrn Papa will es bei Draculin auch nicht so recht funktionieren. Wie gut, das sich da wenigstens noch an den Brieftauben der Schmuggler naschen lässt...


Lange lange hatten wir nach diesem Film gesucht, ist er doch ziemlich rar und somit zumeist nur zu Fantasiepreisen zu haben. Zudem wird er nicht nur von Sammlern vampirischer Filmerzeugnisse begehrt, sondern auch von den für ihre Artefakte Unsummen bezahlenden VMP Glasboxjägern, denn bei VMP erschien der Film ja seinerzeit in deutschen Landen. Jedenfalls war die Vorfreude darauf, den Film endlich zu sehen, entsprechend hoch, wenngleich die Messlatte der Hoffnung auf ein gelungenes Filmerlebnis doch etliche Zentimeter tiefer angesetzt war.

Das Ergebnis entsprach dann in etwa den Erwartungen. Natürlich haben wir es hier mit einem absolut typischen Kind seiner Zeit zu tun (der Film ist von 1976, wirkt aber noch ein wenig älter, so etwa um 1972), einer albernen, harmlos frivolen Klamotte mit viel Haudrauf Humor, die kaum ein Klischee auslässt. Wenn man sich die Schnittmenge aus einer Episode "Klimbim" (ohne...na ja, die Anarchie) und / oder "Nonstop Nonsens" (ohne Dieter Hallervorden), einem Louis de Funés Film (ohne das Budget und freilich ohne den großen Louis) und einem "Paukerschreck Pepe"-Film (ohne Theo Lingen) vorstellt, dann hat man eine ganz gute Idee davon, wie der Film geriet. Abzüglich all der erwähnten guten Komponenten aber steht er der Originalität der bekannten Beispiele um einiges nach. Richtig lustig ist er kaum, zumal nicht aus heutiger Sicht, von wo aus er hoffnungslos angestaubt wirkt. Unterhaltsam ist der Film aber dennoch einigermaßen, denn der Rezensent ist ja ein Kind der 70'er Jahre, eben ein Vertreter jener Generation, die damals vor der Glotze groß geworden ist und entsprechend nostalgische Erinnerungen an das cineastische wie das televisionäre Entertainment jener Jahre hegt. Glücklicherweise wird ja heuer viel von dem alten Kram wieder auf DVD veröffentlicht...ach ja...

Wer also auf die 70'er steht, wird hier einigermaßen bedient, allerdings ist so mancher Gag doch mitunter hart an der Schmerzgrenze. Aber auch das war ja ein Zeichen der damaligen Zeit. Bei "Draculin" allerdings kam noch eine gehörige Portion Dilettantismus hinzu, die, wie so oft, eigentlich für den unterhaltsamsten Aspekt der ganzen Sache sorgt.

Hierfür sind in der Hauptsache freilich zwei Gestalten zuständig, und über nämliche, weder also über den Regisseur Juan Fortuny noch über den Hauptdarsteller Joe Rigoli, ließ sich auch nach einigermaßen zeitintensiver Recherche im Netz allzu viel zusammentragen. Fortuny hat demnach zwei weitere Filme gedreht, die in Deutschland veröffentlicht worden sind. Der eine heißt "Karawane der nackten Frauen", der andere "Crimson", in letzterem wirkt immerhin der legendäre Paul Nashy mit, keine Ahnung allerdings, ob als Werwolf oder in einer anderen Rolle. Rigoli, optisch ein echt schräger Typ irgendwo zwischen Herbert Fux und dem noch jungen Dieter Krebs, scheint ein argentinischer Landsmann zu sein, der 1967 in einem völlig unbekannten Film namens "The invisible Man attacks" mitwirkte (oder auch nicht, so fern er den Titelcharakter gab.)

Ob die beiden Herren noch im Gewerbe tätig sind, ob sie überhaupt noch unter den Lebenden weilen (was wir ihnen natürlich von Herzen wünschen), ist leider nicht überliefert. Vielleicht schlafen sie ja auch nur 70 Jahre lang, bis sie ihr nächstes Filmprojekt angehen. Rund 30 davon hätten sie dann ja inzwischen schon hinter sich gebracht, ob ich dann allerdings in 40 Jahren noch über Filme schreibe, weiß ich nicht.
Bis dahin müssen sie sich jedenfalls mir einer Fledermaus begnügen.



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