BloodRayne
Neulich,
in einer nicht genau zu bestimmenden Zeit an einem eben solchen
Ort:
Die junge Rayne, ein Zwitterwesen aus Mensch und Vampir (ein hier
so genannter Dhampir) wird als Attraktion dem staunenden Publikum
eines Wanderzirkus vorgeführt. Klares Wasser verbrennt aus
unerfindlichen Gründen ihre Haut, ihre Arme werden mit Messerschnitten
traktiert. Als ihre Peiniger - B-Film Klischeesadisten aus dem Handbuch
für solche Szenen, möchte man sagen - ihr das Blut eines
geschlachteten Schafes zu trinken geben, heilen ihre Wunden binnen
Sekunden. Oh du Wunder der Natur
Als später eines der abartigen Sackgesichter zu Rayne in den
Käfig klettert um zu tun, was solche Gestalten in Filmen wie
diesem üblicherweise mit schönen Frauen machen, gelingt
Rayne die finale Rettungstat wie die Flucht. Doch zuvor gönnt
sie sich noch ein ordentliches (von Olaf Ittenbach inszeniertes)
Blutbad, das sie unter den Jahrmarkts-Perversos anrichtet. Nun hat
sie das dunkle Wesen in sich erkannt, das sich Dank Menschenblut
zur Raserei Bahn bricht.
Fortan kennt
sie nur noch ein Ziel: Rache an Kagan, ihrem Vater und König
der Vampire, der einst ihre Mutter vor ihren Augen vergewaltigte
und tötete und nicht zuletzt auch dafür zuständig
ist, dass Raynilein das Schnitzel nur blutig schmeckt! Von einer
alten Wahrsagerin erfährt sie, dass Kagan es auf drei vampirische
Artefakte abgesehen hat, die ihn gegen die drei ärgsten Hindernisse
eines freien vampirischen Treibens - nämlich klares Wasser,
Tageslicht und die berühmte Pinne durch die Pumpe - immun machen
sollen: eine Rippe, ein Herz und ein Auge irgendeines uralten Hokuspokusmeisters.
Schon macht sich Rayne auf zu dem Kloster, indem besagtes Auge von
einer Schar todesmutiger Kampfmönche (unter anderem uns Udo
Kier in einer viel zu winzigen Minirolle) bewacht wird. Just
in dem Augenblick, als sie es stibitzen will, überfallen Kagans
Truppen unter Führung seines menschlichen Feldherren Domastir
das Kloster und metzeln sich durch die frommen Männer. Zwar
erscheint auch das heldenhafte Vampirjägertrio Vladimir, Sebastian
und Katarin, die Elite der Brimstone Society - einem Geheimbund,
der sich na welcher Aufgabe wohl verschrieben hat? - auf der Szenerie,
das zwar noch schön effekthascherisch in die Kampfhandlungen
eingreifen, letztlich aber nicht verhindern kann, das Domastir Rayne
samt Artefakt in seine Gewalt bringt und mit ihr zu dem fetten Vampirekelpaket
Leonid flieht. Dieser giert nun seinerseits selber nach dem Auge
- und nach Rayne, was ihn aber alsbald teuer zu stehen kommt.
Natürlich
gelingt die Befreiung Raynes durch Vlad und den Basti, anschließend
nehmen diese sie mit in das Hauptquartier der Brimstones, wo man
ihr zunächst allerdings mit großem Misstrauen begegnet.
Doch bald betrachtet man sie als eine der Ihren, und schließlich
schmeißt sie sich sogar noch dem schmucken Krieger Sebastian
an den Hals. Alles könnte so schön sein, doch da fallen
die Truppen Domastirs über das Brimstone Lager her und machen
mit Mann und Maus alles nieder. Wenn da mal nicht Verrat im Spiel
war, denken sich Vladimir, Sebastian und Rayne, die natürlich
zum Massaker nicht vor Ort waren und somit nun die letzten Überlebenden
der Brimstone sind.
Nun drängt
sie Zeit, denn Kagan hat inzwischen die Rippe in seinen Besitz bringen
können. Rayne macht sich auf, das Herz zu finden und mit dem
Verräter abzurechnen, während Sebastian und Vladimir dem
Raffzahn in die Hände fallen. Zum großen Finale versammeln
sich endlich Freund und Feind in Kagans Palast zur großen
Sause.
Wird Rayne ihre Rache nehmen und Kagan besiegen? Wird sich am Ende
gar ihre dunkle Seite durchsetzen und sie selbst nach der Krone
der Vampire greifen lassen
?
Früher
einmal war es ja so: hatte irgendetwas für den Spielemarkt
verwertbares Erfolg, etwa ein Aufsehen erregender Film, so machte
man ein Game daraus um auch auf diesem Sektor fleißig abzukassieren.
Als Paradebeispiel hierfür darf man wohl die Geschäftspraxis
der Firma Lucas ansehen, die seinerzeit mit den "Star Wars"
und "Indiana Jones" Spielen zwar echte Innovationen auf
den Markt warfen und somit einiges ins Rollen brachten, sich aber
andererseits immer wieder den Vorwurf anhören mussten, die
Filme ohnehin nur hergestellt zu haben, um anschließend den
ganz großen Reibach mit dem Merchandise zu machen. Natürlich
verfährt inzwischen jeder potenzielle Blockbuster-Lieferant
von "Findet Nemo" bis hin zum "Fluch der Karibik"
nach diesem Prinzip, auch wenn sich dieses langsam erschöpft
hat und immer mehr teure Riesenproduktionen finster absaufen. Wie
aber kann man nun verhindern, dass die tapferen, hart arbeitenden
(hüstel) Filmproduzenten Millionen von kleinen bedruckten Scheinchen
verlieren? Ganz einfach, man geht den umgekehrten Weg und setzt
auf eine Attraktion, die bereits bekannt ist, etwa auf ein bekanntes
und erfolgreiches Computerspiel, denn so kann man sich teure Marktanalysen
und das lästige Rumgrübeln nach neuen Ideen fast vollkommen
schenken und im Idealfall direkt auf die Gewinnspur gehen, zumal
das PC und Konsolenfutter inzwischen schon lange popkulturell zu
den "Produkten" (sag ich jetzt mal ganz böse!) Musik,
Film und Fernsehen hat aufschließen, gar manches Mal im Ansehen
der Zielgruppe die Altvorderen sogar übertrumpfen können.
Was also läge näher, als den allseits beliebten Synergieeffekt
von der anderen Seite aus anzugehen und weiterhin fröhlich
abzusahnen?
"Doom",
"Resident Evil", "Final Fantasy", "Mortal
Kombat", die Liste der filmgewordenen Daddel-Plaisirs ist inzwischen
recht lang, und sogar die guten alten "Super Mario Bros"
haben irgendwann mal das Licht der Spielhäuser erblickt. So
lag es nur nahe, dass irgendwann mal jemand auf die Idee kommen
musste, das erfolgreiche (und auch in unserem Forum durchaus eifrig
diskutierte und nicht selten gelobte) Vampirspiel "BloodRayne"
zu einem abendfüllenden Filmevent zu verwur
Pardon, zu
verarbeiten. Na ja, im Prinzip ist ja dagegen eigentlich nichts
zu sagen, lassen wir uns also überraschen, sagte sich der Rezensent
ließ den Silberling in den Player gleiten.
Und der Vorspann verhieß sogar einiges. Finstere Bildausschnitte
apokalyptischer Gemälde waren zu sehen, Breughel, Bosch, in
der Art, das hatte tatsächlich Klasse, dazu Namen von Mitwirkenden
wie Michael Madsen, Kristanna Loken, Ben Kingsley, Geraldine Chaplin,
Michelle Rodriguez, Billy Zane oder Meat Loaf, für einen B-Film
also durchaus eine ganz veritable Starpower. Dummerweise war aber
auch bald noch ein anderer Name zu lesen, der irgendwie dafür
sorgte, dass man sich auf dem bequemen Sessel gar nicht mal mehr
so wohl fühlen mochte, und zwar
Uwe Boll!
Tja, der Herr
Boll! So gern wäre er ein deutsches Wunderkind im Lande des
Big Business, ein Quotenbringer vom Schlage eines Roland Emmerich
oder eines Wolfgang Petersen, einen, den man dort künstlerisch
so ernst nimmt wie einen Wim Wenders, einen Volker Schlöndorff
oder auch einen Tom Tykwer. Es mangelt dem Herrn Boll auch gar nicht
an Selbstvertrauen, allein sein Unvermögen steht dem Mann im
Weg. So inszeniert er Flop um Flop um Flop und bringt die Filmwelt
doch immer wieder zum Staunen dadurch, dass es ihm auf überhaupt
nicht nachvollziehbare Weise immer wieder gelingt, sich für
jedes neue Projekt größere Budgets zu beschaffen, wo
auch immer. Im Fall "Bloodrayne" sollen ihm sogar rund
20.000.00 $ zur Verfügung gestanden haben, von denen - da würde
ich mal wetten - ein nicht unerheblicher Teil mit Sicherheit in
die Taschen der Stars gewandert sein dürften, bei denen man
sich ohnehin fragt, wie zum Teufel sie nur in dieses Projekt herein
geraten konnten. Loch im Terminkalender? Oder im Geldbeutel?
Jedenfalls hat
Boll mit der Knete überhaupt nichts anzufangen gewusst. Die
Kostüme und Sets wirken zum Teil wie der Restfundus eines wegen
chronischer Erfolglosigkeit aufgelösten Bauerntheaters. Die
Außenaufnahmen hingegen - es wurde in Rumänien gedreht
- gehen allerdings in Ordnung, da kann man kaum meckern. Allerdings
wird sehr schnell ziemlich offensichtlich, dass Peter Jacksons Ring-Trilogie
Uns Uwe maßlos beeindruckt haben muss, denn er nutzt jede
sich bietende Gelegenheit, seine Hauptdarsteller durch die Karpatenlandschaft
galoppieren zu lassen wie einst Jackson die Gefährten durch
Neuseeland, und sie dabei mittels Helikopterkamera ganz toll heldenhaft
aussehen zu lassen, dramatische musikalische Untermalung inklusive.
Na gut, schön sieht das ja aus, aber irgendwann ist auch das
Stilmittel abgedroschen, und was bleibt dann noch? Im Grunde überhaupt
nichts.
Boll hat überhaupt
keinen Sinn für Timing oder Dramaturgie. Die ohnehin schon
ziemlich flache Geschichte geht bei seiner Erzählweise gänzlich
verloren, oder vielmehr, sie fällt gar nicht mehr ins Gewicht.
Theoretisch könnte man den gesamten Film Szene für Szene
auseinander nehmen und einfach in beliebiger Abfolge neu aneinander
montieren, dem Erzählfluss täte es keinen Abbruch. Immer
wieder fügt Boll nervende und unpassende (und zudem mangelhaft
ausgeleuchtete und unfassbar schlecht geschnittene) Rückblenden
in die Handlung ein und bremst sie aus. Wichtige Ereignisse wie
der Überfall auf das Brimstone-Hauptquartier werden gänzlich
unterschlagen, dafür gibt es ein völlig unpassendes oben
ohne Sexszenchen, in dem Matthew Davis der Loken die Bluse zerreißen
und mit ihrer Oberweite spielen darf. Ob das erotisch ist? Nein,
es ist einfach nur
unpassend, irgendwie! Genau so unpassend
wirken die übertrieben drastischen Splatterszenen, die wie
bereits erwähnt in der Verantwortung Olaf Ittenbachs lagen,
und die sich so gar nicht in den ansonsten eher mainstreamig angelegten
Film einfügen wollen. Einen krassen Gegensatz dazu bilden die
völlig lahm choreografierten Kampfszenen, in denen die Schauspieler
hilflos mit ihren Schwertern herumfuchteln und nicht mal den Anschein
erwecken, als verstünden sie was vom Kampf. Wie wir sehen,
filmische Homogenität geht mit Sicherheit anders.
Zumindest die
Stars aber sollten doch sehenswert sein, oder? Nun ja, da hätten
wir also zunächst mal Kristanna Loken, die ja immerhin schon
Schwarzeneggers Gegenspielerin im dritten (und schlechtesten) "Terminator"
geben durfte, die hier aber lediglich durch ihr gutes Aussehen und
ihr knappes Outfit auffällt, ansonsten aber ziemlich fehlbesetzt
wirkt. Auch Michelle Rodriguez, die man vielleicht aus der TV Serie
"Lost" kennen mag oder aus "Resident Evil",
einer weiteren Zweitverwertung eines erfolgreichen Spiels, ist hübsch
anzuschauen, hat aber schauspielerisch nichts zu bieten und wirkt
in etwa wie eine billigere Ausgabe von Asia Argento. Billy Zane,
Udo Kier,
Meat Loaf, Geraldine Chaplin (die sich ziemlich offenkundig aber
so was von deplatziert gefühlt hat) und Michael Paré
absolvieren ohnehin nicht viel mehr als kurze Cameos. Und auch nur
eben das allernötigste hingegen leisten die beiden großen
Mimen Michael Madsen, der unter anderem mit Quentin Tarantino "Reservoir
Dogs" und "Kill Bill" drehte (ursprünglich war
Madsen sogar für die Rolle des Killers Vince Vega in "Pulp
Fiction" vorgesehen, konnte aber aufgrund anderer Verpflichtungen
diese nicht wahrnehmen, weswegen der Part bekanntlich an John Travolta
ging, dem auf diese Weise das wohl coolste Comeback der Filmgeschichte
gelang), für Ridley Scott in "Thelma & Louise"
spielte und neben Pierce Brosnan für den Bond-Film "Die
Another Day" vor der Kamera stand, und Sir Ben Kingsley, ein
Mann, der aufgrund seiner Verdienste für das Schauspiel (und
somit für die Kunst) von der Queen geadelt worden ist, der
Mahatma Gandhi und Moses spielte, der mit Polanski "Der Tod
und das Mädchen" drehte und mit Spielberg "Schindlers
Liste". Die beiden alten Recken agieren so unmotiviert und
lustlos, dass sie wahrscheinlich nur ganz knapp am Vertragsbruch
vorbei geschrammt sind. Boll scheint sich deswegen mit zwei der
furchtbarsten und am schlechtesten sitzenden Perücken der Filmgeschichte
an ihnen gerächt zu haben. Oder gab der Fundus des Bauerntheaters
einfach nichts Besseres her?
Zieht man also
ein Fazit, so kann man durchaus feststellen, dass es eigentlich
absolut keinen Grund gibt, weswegen man sich dieses dilettantische
"Bollwerk" anschauen müsste. Schöne Landschaften
gibt es in anderen Filmen auch zu sehen, Kristannas Brüste
werden die, die es unbedingt brauchen, gewiss schon an anderer Stelle
zu finden gewusst haben, lahme Schwertkämpfe braucht kein Mensch
und das simple Nichts an Geschichte ist es nicht einmal unbedingt
wert, überhaupt erzählt zu werden (hat Boll wohl auch
so gesehen, weshalb er sich wohl auch so viel Mühe gab, die
Geschichte vollends zu versieben.) Bleibt das bisschen Splatter
für die Freunde von der Gedärmeverwertung, das aber bei
weitem nicht ausreicht, einen Film, der sich mitunter gar einen
epischen Anspruch geben möchte, zu tragen. Trashiger Filmspaß
alter Schule? Mitnichten!
Ähnlich
hat es wohl auch das Publikum gesehen, denn der Film floppte in
den Kinos der USA und Kanadas so sehr, dass man sich hierzulande
entschieden hat, ihn als Direct to DVD Premiere auf den Markt zu
werfen. Nach weniger als sechs Wochen landete er dann bereits auch
schon bei den Billigheimern. In den gesamten USA und Kanada wollten
übrigens weniger als 700.000 Leute die DVD kaufen oder ausleihen,
was bedeutet, der Film hat seine Kohle vermutlich nicht einspielen
können. Dennoch macht die Mär die Runde, Boll arbeite
an einer Fortsetzung. Ob Kristanna Loken wieder die Rayne spielen
wird oder dankend abgelehnt hat, das hängt davon ab, welchen
Quellen im www man vertrauen mag.
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