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28 Weeks later

UK/Spanien 2007, Farbe, 99 Minuten
 
Regie: Juan Carlos Fresnadillos

Produzenten: Andrew MacDonald, Allon Reich, Danny Boyle, Alex Garland
Drehbuch Juan Carlos Fresnadillos, Rowan Joffe, E. L. Lavigne, Jesus Olmo
Musik: John Murphy
Kamera: Enrique Chediak
Robert Carlyle Don
Catherine McCormack Alice
Rose Byrne Scarlet
Mackintosh Muggleton Andy
Jeremy Renner Doyle
Harold Perrineau Flynn
Idris Elba Stone

Wir erinnern uns an 28 Days later:
Das Rage-Virus hat das UK entvölkert. Die Untertanen ihrer Majestät Lisbeth sind samt und sonders zu tollwütigen, kanibalistischen Untoten mutiert. Da das menschliche Leben, wie es mal war, von den "Zombies" aber komplett vernichtet wurde, gab es ergo irgendwann nix mehr zu futtern für diese, so sind sie inzwischen dahin, fatale Nulldiät für Untote! So was hatten wir auch noch nicht!
Nun, 28 Wochen nach den schrecklichen Ereignissen, wird die Möglichkeit für ein Leben in Groß Britannien wieder als gegeben erachtet. Der Erreger gilt als ausgelöscht, die Leichen sind weggeräumt, und US Truppen sollen die Wiederbevölkerung des ehemaligen Königreiches sichern. Unter den Wiederkehrern sind auch der junge Andy Harris und seine Schwester Tammy. Sie werden von ihrem Vater Don empfangen, einem Verwalter der neuen Ordnung, der einst auf der Flucht vor den Infizierten seine Frau Alice im Stich ließ, die er tot glaubt. Allzu lange soll das heile Familienidyll im New England nicht Bestand haben, denn die beiden Teenager büxen aus dem gesicherten Stadtkern aus, um ihrem alten Haus, welches in einer Sperrzone liegt, einen Besuch abzustatten und sich von dort, sentimental wie Mensch nun mal ist, lieb gewonnenen Nippes aus der Vergangenheit abzugreifen. Auf dem Dachboden machen die beiden eine erschreckende Entdeckung: ihre vermeintlich tote Mutter Alice hockt dort in einer Ecke, heruntergekommen und apathisch, ein Schock für die Kinder!

Längst hat der gut geschmierte Überwachungsapparat der Militärs das Eindringen der Kids in die Sperrzone bemerkt, sie werden wieder ihrem Vater zugeführt, der nun in arge Erklärungsnot gerät, hatte er doch seinen Kindern erzählt, er habe gesehen, wie Alice gestorben sei. Alice selber, die ganz offensichtlich Infiziert ist, aber nicht an den Folgen der Krankheit leidet, also nicht zu einem rasenden Kannibalen mutiert ist, wird in eine hermetisch abgeriegelte Quarantänestation verfrachtet. Offenkundig besitzt sie eine genetische Immunität dem Virus gegenüber. Don, getrieben von seinem schlechten Gewissen, verschafft sich Dank seiner Schlüsselkarte, die er als Verwalter besitzt, Zugang zu der Quarantänestation und bittet Alice um Verzeihung für sein Verhalten. Sie küssen sich, dabei wird das Virus auf Don übertragen, der sogleich zu einer rasenden Bestie mutiert. Er tötet Alice, flieht und fällt mehrere Zivilisten und Soldaten an, die nun ihrerseits ebenfalls infiziert sind. Die Situation droht außer Kontrolle zu geraten, schnell setzt die Militärführung ihren Plan B in Kraft: auf alles schießen, was sich bewegt!

Der Sniper Doyle und die Militärärztin Scarlet schlagen sich auf die Seite der Flüchtenden. Sie versuchen Tammy und Andy zu retten, doch inzwischen wimmelt London wieder von den Rage-Infizierten. Zudem beginnt das Militär, die Stadt systematisch unter Brandbombenbeschuss zu nehmen. In einem abseitigen Park kommen die Flüchtenden zunächst zur Ruhe. Scarlet offenbart Doyle, dass die Kinder der Schlüssel zur Heilung des Virus sein könnten, da ihre Mutter zwar infiziert war, doch die Krankheit bei ihr nicht zum Ausbruch kam. Ein verzweifelter Überlebenskampf beginnt…


Man wusste ja im Vorfeld nicht so recht, ob man sich nun freuen oder es eher schei… schade finden sollte, dass Danny Boyles/Alex Garlands genialer moderner Klassiker "28 Days later" fortgesetzt werden sollte, zumal relativ bald klar, Garland wird nicht das Drehbuch schreiben und Boyle nicht auf dem Regiestuhl sitzen. Stattdessen würde Boyle nur als Executive Producer fungieren, was letztlich nicht viel mehr bedeutet, als das er das Projekt mit seinem guten Namen unterstützt. Warum dies so ist, lässt sich ganz leicht erklären: es handelt sich nicht etwa um die berühmten künstlerischen Differenzen mit den Geldgebern, die zu melken gedenken so lange die Kuh Eier legt (oder so) oder daran, dass Boyle mit dem Kommerzialismus, der oft einen schalen und abgestandenen Geruch auf Fortsetzungen erfolgreicher Formate, gerade im Bereich der Phantastik, hinterlässt (schade eigentlich, man hätte sich das doch gewünscht, aber, oh, Gott Mammon…), so seine Probleme gehabt hätte, das offenbar nicht! Es lag schlicht an der Tatsache begründet, dass Mr. Boyle mit der Produktion seines SciFi Projekts "Sunshine" beschäftigt war. Okay, kann ich auch mit leben, immerhin hat er diese neue Herausforderung vorgezogen, zudem ist's ein guter Film geworden, aber das ist sowieso eine andere Geschichte!

Wie auch immer, der Rezensent fürchtete ehrlich eigentlich zunächst ein Fiasko! Erste Hoffnungen jedoch auf einen möglicherweise doch noch gelungenen zweiten Teil mit einer eigenen Handschrift nährte der Umstand, dass der talentierte junge spanische Regisseur Juan Carlos Fresnadillo, der auch am Drehbuch mitarbeitete, sich des Projektes annahm. Bald erfuhr ich, der große Robert Carlyle werde eine der Hauptrollen übernehmen, und hey, einen richtig schlechten Film unter Mitwirkung von Herrn Carlyle habe ich noch nicht gesehen. Sollte also doch noch was Ordentliches bei der ganzen Sache aus dem Kraut schießen? Als schließlich erste Trailer im Netz auftauchten war ich halbwegs beruhigt, da ging also doch was! Und was?

Na ja, sagen wir es mal so:
Gewiss hat weder meine Wenigkeit noch vermutlich sonst ein Fan "28 Days laters" erwartet, dass Fresnadillos Sequel Boyles Original würde toppen können, und das ist ihm freilich auch nicht gelungen! Aber, und schon allein für den ersten Punkt gebührt dem Mann Respekt, er hat den Karren nicht nur nicht vor die Wand gesetzt, wie so viele angenommen hatten, sondern darüber hinaus auch seine Vision unheimlich mitreißend, knallhart und gleichermaßen engagiert inszeniert. Zwar ist die Story nicht unbedingt ein Ausbund an Originalität wie Kreativität, doch sie transportiert, wie schon das Original, durchaus den Geist des geistigen Vorbilds, nämlich der guten alten Romero Trilogie (und da soll jetzt keiner kommen und behaupten, das sei nicht so!), die zwar inzwischen zu einer Tetralogie angewachsen ist mit Land of the Dead, doch letzteren Streifen möchte ich eigentlich gern ausklammern. Überhaupt, Romero, man halte sich mal vor Augen wie Day of the Dead sich im Vergleich zu Dawn of the Dead verhält bzw. funktioniert. Ähnlich darf man das Verhältnis von "Weeks" zu "Days" beschreiben. Auf der einen Seite hat man den Ehrfurcht gebietenden, innovativen und radikalen Vorgängerfilm, auf den eine ganze Zeit später eine quasi Fortsetzung folgte, welche im Falle Romero aufgrund verschiedener, nicht nur von ihm selbst verschuldeten Umstände er nicht so zu gestalten vermochte, wie er sich das ursprünglich gewünscht hatte. Bei Fresnadillo war sogar ein komplett anderes Team am Start. Auf der anderen Seite hat man sowohl bei "Day of the Dead" wie bei "28 Weeks later" Filme, die für die geneigten Freunde der Südsee völlig okay gehen sollten, die sich aber am Klassiker/Kultstatus ihrer Vorgänger messen lassen müssen, ganz klar! Ich will nicht sagen, da kann man als Filmemacher nur verlieren, aber zumindest lässt sich schwer siegen!

Was zudem ein wenig stört, ist der politische Rundumschlag, den der scheinbar recht zornige junge Fresnadillo etwas überambitioniert in ähnlicher Weise mit der derben Holzkelle unter sein Publikum prügelt wie Meister Romero selbst es in "Land of the Dead" tat, wenngleich der Spanier doch etwas subtiler zu Werke ging als der Altmeister des Politsplatters es in seinem arg enttäuschenden "Land" tat.
Wenn bei Fresnadillo die US Truppen zum gnadenlosen Halali blasen und alles niedermähen, was sich bewegt, dann denken wir unwillkürlich an die Kriegsschauplätze in Irak, Vietnam und Afghanistan. Das macht Sinn, und das funktioniert auch und lässt den Zuschauer Zorn empfinden. New London ist nichts anderes als die schöne neue Welt des perfekten Überwachungsstaates. Auch hier kann/muss man im Prinzip wieder eher Parallelen zu "Day of the Dead" ziehen, der natürlich noch dem Geist einer anderen Zeit entstammt, aber ähnlich funktioniert, doch das haben Fresnadillo und sein Team gut in die Gegenwart transponiert. Die aktuelle Situation des "War against Terrorism" drängt sich förmlich auf. Die böse Staatsmacht zeigt ihre hässliche Fratze im vermeintlichen Sinne der allgemeinen Sicherheit. Es ist aber letztlich dennoch ein wenig zu simpel und abgeschmackt, all dies wie immer der bösen, bösen Staatsmacht zuzuschreiben. Verschwörung, ick hör dir tappsen! Kann man tun, ist aber doch irgendwie zu simpel. Außerdem vermag Fresnadillo nicht in gleicher Weise wie seinerzeit Danny Boyle und sein genialer Kameramann Anthony Dod Mantle den Bildern einen ähnlichen "Realitätslook" zu verpassen, der eben "Days" so beängstigend machte, genau weil er manchmal so aussah, als sehe man die Filmbilder tatsächlich in einem ARD "Brennpunkt" oder dem "Heute-Journal". Fresnadillo arbeitet hier stattdessen häufig mit hipper Wackelkamera und zum Teil so schnellen Schnitten, das man dem Gezeigten mitunter nur schwer folgen kann. Da wollte er wohl etwas viel eigene Handschrift einfließen lassen, allerdings wäre weniger in dem Fall doch mehr gewesen.

Aber genug gemeckert, ansonsten hat Fresnadillo alles richtig gemacht. Vor allem gelungen ist die Tatsache, dass sich kein großer Bruch zum ersten Teil auftut. Die Handlung knüpft sich an und wird klug weitererzählt. Einzig verwirrend ist hierbei vielleicht der Umstand, dass sich die Untoten. oder meinethalben die Infizierten, plötzlich bei Tageslicht bewegen können, dies war im ersten Film nicht der Fall. Ist dies wichtig? Nun, zumindest führte dies im ersten Teil dazu, dass wie wir die Rage Zombies "vampirisierten". Andererseits wird die tödliche Gefahr durch die Rage-Infizierten nun so noch dramatischer. Es gibt keine trügerische Sicherheit mehr. Dieser Punkt geht also für mich vollkommen okay.

Noch ein Wort zu den Schauspielern. Robert Carlyle, meiner Meinung nach einer der besten britischen Schauspieler seiner Generation, hat hier einmal mehr einen sehr mutigen und gleichermaßen gelungenen Auftritt als Don, der zunächst feige seine Frau zurücklässt und sein eigenes Heil in der Flucht sucht und später für den erneuten Ausbruch der Seuche verantwortlich ist. Carlyle gibt einen unheimlich überzeugenden rasenden Zombie, den er mit unglaublicher Intensität spielt. Carlyle ist allerdings auch ein Schauspieler, der stets nach Herausforderungen sucht, exemplarisch seien seine Rollen als Begbie in "Trainspotting", als Male Stripper in "The Full Monthy" oder sogar als Adolf Hitler im TV Zweiteiler "Der Aufstieg des Bösen" genannt. Der traut sich was, der Carlyle! Rose Byrne als Scarlet wirkt etwas stoisch, kommt aber nicht schlecht, da sie ihre Rolle eben so anlegt. Jeremy Renner überzeugt als tough Guy mit Herz am rechten Fleck. Harold Perinneaus Rolle als Pilot Flynn ist ein wenig zu klein geraten um wirklich Akzente zu setzen, dafür machen die beiden jungen Darsteller Imogen Poots und Mackintosh Muggleton als Dons Kinder eine wirklich gute Figur.

Machen wir einen Strich und schauen was drunter bleibt: Juan Carlos Fresnadillos Vision der "28" Saga, für die nun Danny Boyle ankündigte wieder selber einen dritten Film drehen zu wollen um die Trilogie rund zu machen, ist ein rasanter, sehr dramatischer und in weiten Teilen überaus gelungener Film, der zwar manchmal etwas überambitioniert daherkommt und nicht ganz die Klasse des Vorgängers erreicht, dennoch als intelligent bezeichnet werden muss, und doch auf alle Fälle den dem Genre Geneigten begeistern dürfte. Was mehr kann man einem Film abtrotzen, der ursprünglich von den Fans als rein kommerzielles Abklatschkino belächelt worden ist, als schale Geldmaschine? Eben, guten Job gemacht, nur ganz knapp am Kultstatus vorbei, den Boyles Erstling innehat. Mal schauen, wie der Grandsigneur Boyle sich beim dritten Streich schlagen wird und ob er noch eine Kelle mehr aus dem Zylinder zaubern wird. Wäre ja klasse…

       



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