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Schöne Unsterblichkeit - Chronik der Legenden Band 1

Untertitel
Autor Patrizia Schneider
Kategorie Roman
Seitenzahl 388
Format Paperback
deutsche Übersetzung
Erstveröffentlichung 2007
Verlag Novum Verlag
ISBN-Nummer 978390253630-3

Auf der Suche nach seiner Abstammung reist der in Deutschland aufgewachsene Giorgio de Visconti nach Venedig. Die anzutretende Erbschaft eines Namensvetters ist zunächst der einzige Anhaltspunkt für den 21-jährigen. Zunehmend wird er von längst verdrängten Erinnerungen an seine Kindheit heimgesucht, die sich jedoch nur in Gedankensplittern offenbaren. Das Testament des Verstorbenen verspricht Aufschluss über die Vergangenheit Giorgios zu geben. Doch nach einer nächtlichen Begegnung mit dunklen und übermachtigen Wesen überschlagen sich die Ereignisse und die Informationen, die Giorgio über seine Identität erhält.

Der junge Giorgio de Visconti, ein Steuerberater aus München, ist auf der Suche nach der eigenen Identität, wuchs er doch in einem Waisenhaus auf. Eine unerwartete Erbschaft von einem verstorbenen Namensvetter führt ihn in die Lagunenstadt Venedig, wo er sich erhofft, endlich den Schlüssel zu seiner Herkunft finden zu können. Zunächst aber läuft ihm die schöne Piccina über den Weg, in die er sich Holterdipolter bis über beide Lauschlappen verguckt. Zwar ist die holde Maid bereits einem schmierigen Möpp versprochen, doch der schnieke junge Mann aus Deutschland gefällt ihr so gut, dass sie schon bald bereit ist, mit ihm durchzubrennen. Hach, wahre Liebe…

Aber wie das halt so ist, immer wenn's am Schönsten ist, bläst einem auch schon bald wieder der kalte Wind ins schmucke Antlitz, und so werden Piccina und Giorgio auf einem venezianischen Fest Opfer eines seltsamen Angriffs durch scheinbar übermächtige Wesen. Doch auch neue Freunde gesellen sich zu ihnen, und endlich wird unserem Helden gewahr, was das Schicksal für ihn bereithält:
Er entstammt einem uralten Vampirgeschlecht, dessen Oberhaupt sein Vorfahr Vincenco war, welcher sich dazu entschieden hatte, die Menschen zu verteidigen und sie nicht nur als Nahrung zu betrachten. Aus einem von Vincenco verfassten Dokument erfährt Giorgio alles über dessen bewegtes Leben, seinen Untod und den schließlichen Kampf gegen Cogardh, den dunklen Prinzen der Vampire, der, sollte er erstmal in den Besitz zweier mächtiger Artefakte gelangen, unglaubliche Macht erlangen, was sicher kein großer Spaß für die Bewohner des Erdenrunds - seien es nun Menschen oder Vampire oppositioneller Gesinnung - wäre.

Giorgio erkennt, dass es nur einen Weg gibt Cogardh aufzuhalten: Er muss seinem vorbestimmten Schicksal folgen und sich der Bluttaufe unterziehen, die auch aus ihm einen Vampirkrieger machen wird. Doch erstens kommt es anders als man meistens zweitens… na ja, sie wissen schon….


Uiuiui, bitte nicht noch eine Fortsetzungsgeschichte, das war mein erster Gedanke als ich Patrizia Schneiders Romandebüt in Händen hielt. Tatsächlich ist so eine Saga (das Wort ‚Chronik' wurde wohl in diesem Zusammenhang eher nicht zufällig ausgewählt, wie sich vermuten lässt, weckt es doch mutmaßlich verkaufsfördernde Erinnerungen an ähnlich angelegte Werke solch prominenter Zeitgenossen wie Wolfgang Hohlbein und Anne Rice) ja ein zweischneidiges Schwert, und das nicht nur für den Leser, der zwar einerseits immer wieder neues Lesefutter von ihm vielleicht lieb gewonnenen Figuren erhält und sich darüber freuen kann, andererseits lässt sich ein Verlag diese Freude auch gern in klingende Münze umsetzen, bestes Beispiel hierfür ist die Veröffentlichungspolitik des Festa-Verlags in Sachen Necroscope, die wir ja schon mehrfach angeprangert haben, und bei einem Preis von 19,40 € in Deutschland bzw. 19,90 € in Österreich, den der Novum-Verlag für den ersten Band der "Chronik der Legenden" einfordert, könnte auch hier je nach Umfang der künftigen Erscheinungen ein ganz hübsches Sümmchen zusammen kommen. Doch auch der Autor begibt sich mit einer Fortsetzungsgeschichte auf einen Pfad, der ihm nicht immer nur behagen muss. Klar, aus finanzieller Sicht kann sich das für den Schreiber durchaus lohnen, wie wir ja nicht erst seit den Büchern um den Zauberadepten aus dem Schlossinternat wissen, doch begann schon manch ein Schriftsteller seiner Schöpfungen überdrüssig zu werden und trachtete danach, sie sich endlich aus dem Werk zu schreiben, was der Leser oft mit heftigen Protesten quittierte, es musste ja nicht immer gleich enden wie in Stephen Kings "Sie"…
Doch auch Frau Rice musste die Erfahrung machen, dass ihre Leserschaft sich nicht so recht mit den Büchern außerhalb des Lestat-Universums anfreunden mochte, und sogar ein Conan Doyle musste den ihm lästig gewordenen Meisterdetektiv Sherlock Holmes wieder aus dem literarischen Nirwana zurückholen, weil dies dem Schmökerer so gefiel.
Doch sei es drum, wir wissen nicht um die Motivation Schneiders betreffs der Chronik, harren wir einfach mal den Dingen, die da kommen, und gestatten uns einen tieferen Blick in das vorliegende Werk.
Was wird uns dort gewahr?

"Einst geschah es, das ein junger Mann sich auf die Suche nach seiner Vergangenheit machte und mehr fand als er sich erhoffte…."
So beginnt das Buch. Legenden, so weiht uns Frau Schneider vorab ein, lassen uns nach solchem Anfang Heldentaten längst vergangener Epochen erleben, und was sind Legenden anders als Märchen für Erwachsene?
Tja, eigentlich sind sie ganz etwas anderes, mal streng stilistisch betrachtet, aber wenn ich es richtig verstehe beginnt die Geschichte um de Visconti doch im Hier und Jetzt, oder? Vergangene Zeiten? Ich gebe zu, ich habe ein Weilchen gebraucht um zu verstehen, dass die Geschichte in der Gegenwart spielen soll, aber wahrscheinlich will Schneider das Wort Legende ja auch viel weiter ausgeholt wissen und weist auf die Legende der Vampire als solche hin, will das berühmte Woher? Wohin? Warum? beantworten. Und hierzu bietet sie uns im Buch eine ziemlich blöde und wenig phantasievolle Blutsauger-Genesis an, die sich um einen keltischen König rankt, welcher mit einer Mondgöttin einen faustischen Pakt eingeht, aber nachher - typisch Mann! - von nix gewusst haben will. Es geht um den Stammhalter, der dem schon recht betagten König trotz junger gesunder Partnerin bislang versagt blieb. Also flugs den Deal mit La Luna gemacht und siehe da, schon entsprangen Zwillinge dem königlichen Schoß! Doch der weichherzige König bringt es nicht über die Pumpe, einen der beiden dem Fräulein Erdtrabant zu opfern, woraufhin diese die ganze Sippe mit dem Fluch des Vampirismus belegt. Natürlich ist der eine Sohn feinsinnig und schöngeistig, liebt den Frieden und die Harmonie mit uns Sterblichen, der andere, Cogardh, ist ein rabaukiger Tunichtgut. Vincenco und die Seinen folgen nach jahrzehntelanger Odyssee schließlich dem Pfad der Gerechten und so weiter und so weiter.

Mondschlösser, holde Maiden, edle Krieger, Luftschiffe, aufopferungsvolle Vampire - die Gebrüder Grimm treffen Anne Rice, möchte man da fast sagen! Allerdings kann Patrizia Schneider es zu keiner Zeit mit einer der beiden Parteien aufnehmen, ist weder ähnlich originell wie die Hanauer Märchenerzähler aus der Epoche der Romantik (die ihre gesammelten Geschichten seinerzeit auch nur bedingt für Kinder niederschrieben), noch können es ihre de Viscontis mit den de Lioncorts und Co. aufnehmen, denn dazu fehlt ihr wiederum die philosophische Tiefe, die durch das Rice'sche Oeuvre weht (und dort mitunter auch schon mal den Erzählfluss gewaltig stört, aber das ist nun wirklich eine andere Geschichte!) Die Figuren Schneiders bleiben vollkommen schablonenhaft, sind überirdisch schön, manchmal auch fast gleichermaßen naiv, ihre Handlungen aber stammen vom Reißbrett und sind nicht nachvollziehbar. Piccina beispielsweise trifft Giorgio und ist sofort dermaßen in Liebe zu ihm entflammt, dass sie alles stehen und liegen lässt und bereit ist, mit ihm nach München abzuhauen.
Der literarische Kniff, die Geschichte auf verschiedenen Ebenen spielen zulassen, ist hingegen im Prinzip wieder ein sehr guter, aber, Sorry, derlei komplizierte Strukturen muss man auch beherrschen können, andernfalls funktionieren sie nicht, verhindern gar, dass es zu einer flüssigen Erzählstruktur kommt, wie hier immer wieder der Fall. So holpert die Geschichte auf ein viel zu knappes Finale zu (mit wirklich schludrig geschriebenen Action- und Kampfszenen, eine der größeren Schwächen der Autorin) um dann in einem absolut kitschigen Happy End zu gipfeln ("..die Liebe, die sie verband, würde sie durch alle schlechten Zeiten tragen und die guten Zeiten erst ermöglichen," brrr…), das Schneider wichtiger zu sein schien als der eigentliche Höhepunkt, jener finale Fight eben, der ja das Schicksal aller Beteiligten und der ganzen Welt bedeutet.

Ein weiterer Schwachpunkt sind die Dialoge, die so wirklichkeitsfremd sind, dass man es manchmal gar nicht fassen kann. Klar, es handelt sich hierbei natürlich um eine "phantastische Geschichte", aber welcher 21jährige Mensch würde Sätze sagen wie "Also, mein Schicksal, würdest du mich nun zum Fest chauffieren? Die Nacht ist noch jung und der Korb für unser Liebesmahl steht gefüllt wieder an seinem Platz." ? Ganz ehrlich, schlimmer geht's nicht! Man möchte es gar nicht niederschreiben, aber stets hatte ich ungewollt bei der Lektüre das garstige Wort "Hausfrauenliteratur" im Kopf, dass sich mir einfach aufgedrängt hat, wobei ich gar nicht einsehen will, warum ausgerechnet Hausfrauen so etwas lesen sollten? Nee nee…

Ganz ehrlich, romantische Vampirliteratur geht ganz anders, dies hier ist purer Kitsch, dessen Lektüre ich eher als anstrengend empfand. Ein gewisser Unterhaltungswert ergab sich aus so wohl nicht gewolltem Lachen und Grinsen an mancher Stelle, aber das ist ja auch schon mal was. Aber Atmosphäre? Grusel? Fehlanzeige!

Wer ein wirklich gelungenes Märchen für Erwachsene lesen möchte, der greife zu Tad Williams Die Stimme der Finsternis, einem eher kurzen Buch, dass aber doch seinem Anspruch voll und ganz entgegen dem vorliegenden Titel gerecht werden kann. Aber Herr Williams ist ja auch schon ein alter Hase im Handwerk, Frau Schneider hat ihre schriftstellerische Karriere erst begonnen. Da noch kein Meister vom Himmel gefallen ist, warten wir einfach mal auf den zweiten Teil und schauen, was uns da wohl erwarten wird, und wer weiß, vielleicht wird es ja doch noch was mit der packenden neuen Vampirsaga.




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