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Blutdurst    (OT: The World on Blood)

Untertitel  
Autor Jonathan Nasaw
Kategorie Roman
Seitenzahl 556
Format Paperback
deutsche Übersetzung Uschi Gnade
Erstveröffentlichung 1996
Verlag Wilhelm Heyne Verlag, München
ISBN-Nummer 3-453-67501-0

Nick und Whistler sind Vampire, für die But die stärkste Droge ist. Doch während Nick versucht, Herr über seine Sucht zu werden, zelebriert Whistler bizarre, bluttriefende Orgien. Gemeinsam mit seiner Geflolgschaft aus anderen Vampiren, Hexen und Kultisten macht sich Whisler auf die Suche nach einer Substanz, die ihnen den ultimativen Kick gibt.

Jonathan Nasaw wirft ein neues, provokantes Licht auf das Vampirgenre. Diese Welt, bevölkert von verlorenen Gestalten, die sich dem Blutrausch und bedingungslosem Sex hingeben, bildet die Bühne für einen fesselnden, abgründigen und erotischen Vampirthriller der neuen Generation.

Vampire sind keine übernatürlichen, mystischen Schauergestalten, sondern lediglich Typen wie du und ich (oder nee, doch lieber nicht wie ich…), die sich aufgrund irgendeiner genetischen Besonderheit mit Blut den ultimativen Kick holen. Sie sind Blutjunkies, zumindest in Jonathan Nasaws Buch. Wenn sie auf Blut sind, sind sie zwar stärker, schneller und von vielfach geschärfterer Sinneswahrnehmung als gewöhnliche Zeitgenossen, auch das Sonnenlicht behagt ihnen nicht besonders, dennoch sind sie letztlich sterbliche Menschen. Nick Santos, ein erfolgreicher Autor und Computerspezialist, und Jamey Whistler, extrem reicher Lebemann, sind Vampire, doch während Nick versucht von seiner Sucht loszukommen, indem er eine Selbsthilfegruppe ins Leben ruft, die "Anonymen Vampire" (kein Witz!), denkt Whistler gar nicht daran, seinem geliebten Laster abzuschwören. Gemeinsam mit der aufregenden und skrupellosen Lourdes versucht er den Rest der Gruppe gegen Santos auszuspielen.

Der hingegen sieht sich plötzlich einer seltsamen Situation ausgesetzt: Betty, die Pastorin der Kirche der höheren Macht, in deren Räumlichkeiten die Treffen der "Anonymen Vampire" stattfinden, bittet ihn um eine Samenspende, möchte sie doch mit Anfang vierzig gern noch Mutterfreuden entgegen sehen, und der charmante Nick scheint ihr genau der richtige Spender zu sein. Freilich ahnt sie nichts von seinem Doppelleben. Als sie jedoch Dank Whistlers Intrige die Wahrheit über Nick erfährt, der sich in seiner Vorstellung bereits eine heile Familie einrichtet (obschon er doch eigentlich schwul ist), wirft sie ihn hinaus. Schließlich verliert dieser den Boden unter den Füßen, als plötzlich eines nach dem anderen der Mitglieder aus der Selbsthilfegruppe rückfällig und erneut süchtig nach Blut wird. Kein Zweifel, sein alter Freund und Widerpart Whistler schmiedet finstere Ränke.

Dennoch meint das Schicksal es so weit so gut mit Nick und es gelingt ihm, sich mit Betty auszusöhnen. Das Baby erblickt das Licht der Welt und das seltsame Paar ist glücklich, bis plötzlich ein vergessen geglaubtes Phantom aus Nicks folgenschwerer Vergangenheit auftaucht und ein heilloses Chaos anrichtet. Als das Baby in tödliche Gefahr gerät, sieht er ein, er muss sich wohl oder weh noch einmal mit Jamey Whistler zusammenraufen, denn der ist der einzige, der ihm noch helfen kann…


Der werte Leser ahnt es vielleicht schon aufgrund der Zusammenfassung, so recht mag Jonathan Nasaws "Vampirthriller" nicht in die Pötte kommen, und wenn er dann doch noch nach vielleicht dreihundert Seiten mal ein wenig Fahrt aufnimmt, scheint ihm die Richtung nicht mehr so recht klar zu sein. Nasaw wollte offensichtlich auf zu vielen Hochzeiten tanzen. Er wollte a) einen "anderen", modernen Vampirthriller schreiben, der nicht den genreüblichen Gesetzen gehorcht, dafür stattdessen b) so richtig doll "dreckig" ist und ordentlich provoziert und c) auch noch voller knackiger Erotik steckt. Klingt nach einem kalkulierten Erfolg, möchte man meinen, doch halt, so recht gelungen ist ihm nichts von alledem.

Es mag vielleicht zunächst gar nicht mal eine schlechte Idee sein, die Vampire zu Junkies mit besonderem Laster zu schreiben, aber irgendwie weiß Nasaw mit dieser Idee nicht wirklich etwas anzufangen. Es gelingt ihm nicht, zu schildern, was das Blut mit den Vampiren macht. Einen Kick, intensiver als Alkohol, Koks, Speed, Dope und LSD zusammen sollen seine Vampire auf Blut erleben - und das vermag Nasaw in keinster Weise glaubhaft zu schildern. Stattdessen stolpern des Autoren Figuren, Charaktere mag man sie gar nicht nennen, denn dazu sind sie viel zu schablonenhaft geraten und strotzen nur so von Klischees (Beispiele: der schöne, edle Nick, ein Therapiefreak und jedermanns Helfer in der Not, schwul noch obendrein, dennoch treusorgender Familienvater; der intrigante reiche Whistler, gierig und geil, aber schließlich versöhnlich, wenn ein alter Kumpel auf ihn zählt; Selene, die Wicca Hexe, eine weise Frau, stets bereit sich den Vampiren in jeglicher Hinsicht zu öffnen; die junge wilde January, ein punkiges Junkiemädchen mit violettem Haar, das Ärger nur so anzieht; etc., etc., und am Ende haben sich doch immer alle lieb und alles ist nur halb so schlimm gewesen), von Orgie zu Orgie, auf denen dann zwar Blut und Sperma reichlich spritzen, der Leser dennoch nichts als fortschreitende Langeweile empfindet. Provokation? Nur wenn man zart besaitet ist und in den letzten 30 Jahren keinen neueren Roman aus den großen Themenfeldern Krimi, Thriller oder Horror mehr gelesen hat. Erotik? Ach was, Nasaw scheint hier einstweilen Angst vor der eigenen Courage gehabt zu haben, denn er gibt zwar immer wieder vor, in pornografische Gefilde abzudriften, ergeht sich dann aber entweder in umständlichen und einstweilen einfach nur lachhaften Umschreibungen (beispielsweise heißt das männliche erigierte Geschlecht bei ihm nur die "Kreatur") oder spricht einfach nur von einem wilden Treiben. Da er solch Treiben zu etwa 70% (zumindest empfunden, nachgerechnet habe ich dies nicht) seines Buches reichlich unanregend schildert, ist klar, wie dünn das Handlungsgebilde als solches am Ende nur ausgefallen sein kann. Zudem kommt hinzu, das die eigentliche Geschichte ohne wirklichen Plot vor sich hindümpelt, keine wirklichen Höhepunkte liefert, keinen Showdown, zu dem alle Handlungsstränge geführt und in dem alle Konflikte aufgeklärt werden.

Nasaws "anderer" Vampirgeschichte fehlt es an Tiefe, an Überzeugung, man liest nicht die Freude heraus, die ein Autor bei dem Verfassen seines Werkes - und gerade eines in der Art, mit dem man doch Genregrenzen sprengen möchte - empfunden haben sollte, oder die Verzweifelung, mit der er gegen selbst erschaffene Widrigkeiten anschrieb, stattdessen hat man das Gefühl, das Herr Nasaw einfach mal drauflos geschrieben hat, ohne zu Wissen, wohin seine Story am Ende mal gehen soll. Ein solches Vorgehen erfordert aber einen Autoren, der mit einem Vielfachen mehr an Talent gesegnet sein sollte als Jonathan Nasaw es zumindest mit diesem Buch hier kundtut (ich muss zugeben, mir bislang noch kein anderes Werk des Schriftstellers zu Gemüte geführt zu haben, weswegen ich solche Aussagen auch nur unter dem Eindruck vorliegenden Titels machen kann, denn möglicherweise sind seine anderen Werke ja allesamt völlige Knaller und mir bislang nur entgangen. Aber ehrlich gesagt, das glaube ich gar nicht!) Stattdessen empfindet man als Leser ein permanentes Gefühl der Oberflächlichkeit, die hier vorherrscht. Man stellt sich beinahe vor, wie der Autor möglichst viel Sex'n'VIolence in sein Buch einzubauen versuchte und auf einen skandalträchtigen kommerziellen Effekt abzielte. Auch wenn ich Jonathan Nasaw derlei nicht unterstellen möchte, des Eindrucks, des Empfindens konnte ich mich nicht erwehren.

Bleibt letztlich die Frage, wieso der Heyne-Verlag so eine lahme Ente in seine ambitionierte "Hardcore" Edition aufnahm, immerhin eine Reihe, die sich nichts weniger zum Ziel genommen hat, als Bücher von einer jüngeren und hierzulande eher unbekannten Garde internationaler Schriftsteller an den deutschsprachigen Leser zu bringen, die einen gewissen Sprengstoff inne haben, Kultpotenzial, wenn man so möchte. Ich bin mir sicher, dass Jonathan Nasaws "moderner" Umgang mit dem Vampirmythos es ganz gewiss nicht zu einem Kultbuchstatus bringen wird, weder unter den Freunden härterer Kost oder der erotischen Literatur, noch und am Ende schon gar nicht bei den Fans des klassischen Vampirgenres. Somit darf man sowohl das Buch selber, wie auch den Versuch, es auf völlig falsche Art auf dem hiesigen Markt zu veräußern, als nicht gelungen bezeichnen.



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