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HR Giger's Vampirric (1) - Die verloren gegangene Kunst des Zwielichts

Buch Thomas LIgotti, Horacio Quiroga
Produktion und Regie

Lars Peter Lueg

Kategorie Hörbuch
Länge 73 Minuten
Produktionsjahr 2004
Studio LPL Records
ISBN-Nummer 3-86552-000-6
Erzähler Lutz Riedel
Vorwort: HR Giger
Ansage Torsten Michaelis
Jingle David Nathan

Grandiose Vampir-Stories, ausgewählt und mit einem Vorwort von Oscar-Preisträger und Alien-Schöpfer HR Giger höchstpersönlich. Ein Genuss für Freunde surrealer Klangwelten. Gelesen von den besten Sprechern Deutschlands. Einzigartig: HR Giger spricht das Vorwort selbst!

In dieser Folge finden Sie die Vampir-Geschichten:

THOMAS LIGOTTI: DIE VERLOREN GEGANGENE KUNST DES ZWIELICHTS
HORACIO QUIROGA: DAS FEDERKISSEN

Gelesen von Lutz Riedel
Lutz Riedel ist ein hochkarätiger Synchron-Regisseur und die deutsche Stimme von Timothy Dalton. Er zeigt hier seine herausragenden Sprecher-Qualitäten, die den Hörer mit schauriger Gänsehaut verzaubern. Er war auch "Jan Tenner" in der gleichnamigen Hörspiel-Serie.


Ähnlich wie bei Vampirric 2 gibt uns LPL auch hier bei Ausgabe 1 (tatsächlich haben wir die einzelnen Episoden chronologisch nahezu rückwärts besprochen, angefangen bei Vampirric 3 - Das Grabmal auf dem Pere Lachaise bis hin zur vorliegenden CD, was aber keine Absicht, sondern schlichter Zufall und im übrigen auch recht egal war, denn die vier [hoffentlich ersten und nicht einzigen] Teile dieser wirklich guten Reihe sind ohnehin zeitgleich erschienen und bilden keine zeitliche Reihenfolge, schließlich haben wir es ja jeweils mit Werken völlig verschiedener Künstler zu tun) wieder zwei Geschichten auf die Ohren, und zwar "Die verloren gegangene Kunst des Zwielichts" von Thomas Ligotti und "Das Federkissen" von Horacio Quiroga.

1) Die verloren gegangene Kunst des Zwielichts

Hier begegnen wir Andre, einem jungen Maler, der zusammen mit seiner "Tante" in einem Herrenhaus an einem ungenannten See irgendwo in Amerika lebt. Es scheint ihm gut zu gehen, er kann seinen Interessen, der Kunst, nachgehen, finanzielle Sorgen scheinen ihn nicht zu plagen, für die niederen Dinge des Lebens gibt es die Dienerschaft. Perfekt, sollte man meinen.

Aber Andre plagen zwei Probleme:
Zum einen hat sich die Verwandtschaft aus Frankreich zu Besuch angekündigt, und jeder, der entfernte Verwandte hat, die so dann und wann mal auf ein paar Wochen vorbeischauen, weiß, das dies allein schon der pure Horror sein kann, doch für Andre bedeutet dies eine besondere Prüfung, die mit seinem zweiten Problem, nämlich seiner Herkunft, zu tun hat. Dies hat folgende Bewandtnis: er vermutet, die Duvals, so der Name der französischen Verwandten, seien für den Tod seiner Mutter verantwortlich, die sie für eine Vampirin hielten und pfählten. Die Kammerzofe der Mutter, niemand sonst als seine "Tante" Therese, holte das ungeborene Kind aus der Gebärmutter der Gepfählten und floh mit ihm nach Amerika, wo es ihr trickreich gelang, zum Treuhänder des Familienvermögens bestimmt zu werden, gab sie sich doch als Schwester der Toten aus, als Andres "Tante", die ihn nun großzog. Die Duvals, so vermutet Andre, wollen sich nun selber davon überzeugen, ob Andre nun zu einem gewöhnlichen Mann geraten ist, oder aber zu einem Monster.

Nun, ein gewöhnlicher Mann ist Andre sicher nicht, doch es wird sich erweisen, wer denn hier nun wahrlich Monster und wer das Opfer ist, und wem am Ende die Kunst des geliebten Zwielichts abhanden kommt weil es zu einer verhaßten Farce gerät...

2) Das Federkissen

Die zweite Geschichte ist von gänzlich anderer Art und erzählt vom jungen und schwer verliebten Brautpaar Alicia und Jordan, deren Glück allerdings nicht lange anhalten soll, denn nach drei Monaten trauter Zweisamkeit erkrankt Alicia an einer seltsamen Grippe. Statt im Laufe der Zeit zu genesen, wird ihr Zustand immer kritischer und bedrohlicher. Wegen zunehmender Schwäche muss sie fortan das Bett hüten, dennoch steht es immer schlechter um sie. Auch der herbeigerufene Arzt steht vor einem Rätsel und kann nur eine seltsame Anämie diagnostizieren.

Es kommt wie es kommen muss und Alicia segnet das Zeitliche. Als anschließend das Totenbett abgezogen und die Kissen aufgeschüttelt werden sollen, weist das Kopfkissen ein unerklärlich hohes Gewicht auf. Es zeigt sich auf schockierende Weise einmal mehr, dass es viele Formen von Vampirismus gibt...


Um es gleich vorweg zu nehmen, jede noch so gute und qualitativ hochwertige Reihe hat neben mindestens einem Highlight auch einen, nun ja, Tiefpunkt? Das trifft es zwar nicht ganz, und vor allen Dingen, es mag auch Geschmacksache sein, ich persönlich aber empfand diesen Teil der vampirischen Giger Anthologie als ein wenig schwächer als die anderen drei Ausgaben. Doch man möge mich nicht falsch verstehen, keinesfalls haben wir es hier mit etwas "schlechtem" oder "unterdurchschnittlichem" zu tun, das Gegenteil ist der Fall! Dieser subjektive Eindruck entstand vermutlich nur dadurch, das gerade die Episoden Das Grabmal... und Der Horla so brillant gerieten, da konnten die beiden anderen Teile einfach nicht mithalten. Bestimmt liegt das auch nicht an den beiden Sprechern Helmut Krauss und, in vorliegendem Falle, an Lutz Riedel, den ich gerade unlängst auf einer Lesung noch als sehr charmanten, erfahrenen und beeindruckenden Interpreten unheimlicher Literatur erleben durfte (und er kann und macht ja noch so viel mehr, aber eben jener Bereich seiner Arbeit ist es, der hier der relevante ist), sondern an den Stories der Herren Maupassant und gerade Strobel, die den Rezensenten einfach mehr zu begeistern wussten.

Mag's daran liegen, dass Ligotti doch eher ein zeitgenössischer Autor ist und sich somit gar nicht recht in die Serie einfügen lassen will? Mmh, vermutlich eher nicht, denn er schreibt nicht so und scheint im übrigen sehr von den expressionistischen deutschen Phantasten des frühen 20. Jahrhunderts beeinflusst zu sein, gepaart mit einem gotischen Schuss Spätromantik und ein wenig surrealistischer Erzählkunst, also eigentlich eine perfekte Mischung. Dennoch will seine Erzählung nicht so recht in die Hufe kommen. Zwar hat die Geschichte neben dem sehr schönen und sehr zutreffenden Titel auch noch ein brillant mörderisches Finale zu bieten, allein, es dauert ein wenig zu lang, bis hier die Fetzen fliegen. Riedel weiß dies aber mit seiner hypnotischen Vorlesekunst recht gut zu kaschieren, denn unheilschwanger lässt sein Vortrag keinen Zweifel daran, dass es zu keinem guten Ende kommen wird, was letztlich doch noch zu knisternder Spannung führt.

Horacio Quiroga hingegen darf man zweifelsohne zu den Klassikern der phantastischen Literatur zählen, auch wenn der Mann hierzulande und überhaupt in Europa, ausgenommen auf der iberischen Halbinsel, nahezu unbekannt ist. Quiroga gilt als der Poe Südamerikas, was zwar auf seine tragische Lebenssituation zutreffen mag, die ähnlich drastisch wie die seines nordamerikanischen literarischen Vorbildes verlief - einige Bekannte von ihm verübten Selbstmord und er selber soll am Unfalltod seine besten Freundes durch Unachtsamkeit eine Teilschuld getragen haben, was zum dauerhaft überhöhtem Alkoholkonsum des Autoren beigetragen haben mag - nicht aber auf sein Werk.

Quiroga stammte aus Uruguay und hat weit über 200 Kurzgeschichten verfasst bevor er 1913 im Alter von nur 35 Jahren verstarb. Die vorliegende Geschichte "Das Federkissen" ist eine seiner bekanntesten und ist in der Sammlung "Geschichten von Liebe, Irrsinn und Tod" 1985 erstmals in Deutschland erschienen (bei Suhrkamp.)
Alles läuft in dieser echt gruseligen Geschichte auf die gräßliche (was ich jetzt positiv meine) und äußerst gelungene Schlusspointe hinaus, die natürlich hier nicht verraten wird. Bis dahin erscheint die Geschichte eher als Fragment denn als fertige Story, aber wer weiß, den Autoren kann man ja nicht mehr fragen. Die Geschichte wurde erstmals 1917 veröffentlicht, posthum!

In meinem Augen (Ohren) übertrifft Quirogas Geschichte die Ligottis, auch wenn dieser literarischer zu Werke ging. Quiroga hielt es kurz und knackig und den gewissen Oh!....Effekt in seine Erzählung eimngebaut, der manchmal dazu führt, dass man eine Geschichte nie wieder vergisst, ein kleines makabres Märchen...

Ich möchte noch einmal einem jeden von Euch, der sich in irgendeiner Form für Literatur interessiert, diese tolle Ausnahmeserie von LPL Records ans Herz legen und alle Folgen uneingeschränkt empfehlen. Es mag ja jeder selber wissen und für sich beurteilen, was ihm mehr zusagt, aber lohnen wird es sich, auch wenn der Rezensent in diesem Falle "nur" eine 3 wertet. Aber das ist eben nur der persönliche Geschmack.



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