HR
Giger's Vampirric (3) - Das Grabmal auf dem Père Lachaise
Buch
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Karl
Hans Strobl |
|
Produktion
und Regie |
Lars Peter
Lueg
|
Kategorie |
Hörbuch |
Länge |
78
Minuten |
Produktionsjahr |
2004 |
Studio |
LPL
Records |
ISBN-Nummer |
3-86552-002-2 |
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Erzähler |
David
Nathan |
Vorwort |
HR
Giger |
Ansage |
Thorsten
Michaelis & Helmut Krauss |
Jingle |
David
Nathan |
Grandiose
Vampir-Stories, ausgewählt und mit einem Vorwort von Oscar-Preisträger
und Alien-Schöpfer HR Giger höchstpersönlich. Ein
Genuss für Freunde surrealer Klangwelten. Gelesen von den besten
Sprechern Deutschlands. Einzigartig: HR Giger spricht das Vorwort
selbst!
In dieser Folge
finden Sie die Vampir-Geschichte:
KARL HANS STROBL:
DAS GRABMAL AUF DEM PERE LACHAISE
Gelesen von
David Nathan
David Nathan gilt als einer der besten Synchron-Sprecher Deutschlands.
Seine herausragende Erzählkunst erweckt den Horror zum Leben.
Im deutschsprachigen Kino erlebt man ihn als Stimmband-Vertretung
von Johnny Depp. .
Ernest, ein
junger, brillanter, aber auch an chronischem Geldmangel leidender
Naturwissenschaftler, lässt sich zu Anfang des 20. Jahrhunderts
auf ein bizarres Abenteuer ein: die dahingeschiedene russische Adelige
Anna Feodorowna Wassilska hat in ihrem Testament verfügt, demjenigen,
der ein Jahr lang in ihrem Grabmal auf dem berühmten Pariser
Friedhof Pere Lachaise zubringt, dort lebt und schläft, es
nicht verlässt und binnen dieses Zeitraumes einzig Kontakt
zu ihrem getreuen Diener Iwan hält, zwei mal 100.000 Franc
auszahlen zu lassen.
Leicht verdientes
Geld, denkt sich Ernest, den als nüchternen und aufgeklärten
Gelehrten die Atmosphäre des Gottesackers nicht abschrecken
zu vermag. Zudem will er sich die Ruhe des Ortes zunutze machen,
um sich ganz seinem Opus Magnum, dem Verfassen seiner eigenen wissenschaftlichen
Anschauungen und Thesen, zu widmen, von denen er sich Ruhm und Ehre
erhofft. Mit dem Geld, welches er aus dem Nachlass der Wassilska
erhalten wird, will er seine Arbeiten drucken lassen und seiner
angebeteten Verlobten Margot ein sorgenfreies Leben ermöglichen.
Zwar macht er sich sehr wohl Gedanken, weswegen die exzentrische
Russin, die für ihren ausschweifenden und nicht immer ganz
unabseitigen Lebensstil bekannt war, überhaupt jenen doch leicht
morbiden letzten Willen hegte, doch vermutet er, es habe der, heute
sagt man wohl Schlampe, ein perverses Vergnügen bereitet, sich
noch zu Lebzeiten vorzustellen, wie ein armer Teufel auf dem Pere
Lachaise für gutes Geld seine Seele verkauft und langsam in
den Wahnsinn abdriftet ob der Vorstellung, an einem Ort der Toten
eingesperrt zu sein. Doch Ernest hat beschlossen, der Wassilska
diesen Gefallen ganz gewiss nicht zu tun. Ihn schreckt hier nichts.
So ist Ernest
auch zunächst recht guter Dinge. Begeistert verschlingt er
die erlesenen Mahlzeiten, die Iwan ihm bringt und kommt gut mit
seiner Arbeit voran. Doch des Nachts scheinen sich tatsächlich
seltsame und unerklärliche Dinge zu ereignen: alles beginnt
damit, das Ernest jeweils in den Morgenstunden seine am Abend zuvor
sorgsam abgelegten Notizzettel auf dem Boden verstreut wiederfindet,
worauf er sich keinen Reim machen kann. Dann entdeckt er bald darauf,
das der Marmorstein, aus dem das Grabmal auf dem Pere Lachaise errichtet
wurde, nächtens in einem seltsamen grünen, phosphorszierenden
Licht zu leuchten beginnt und unerklärlicherweise seine Dichte
zu verlieren scheint, ja sich geradezu weich anzufühlen scheint.
Tags darauf ist wieder alles beim Alten.
Ernest beginnt
Briefe an Kollegen und die Pariser Universität über seine
Beobachtungen zu verfassen, von denen unter anderem auch die Presse
erfährt, für die Ernests Friedhofseinsiedelei ohnehin
ein gefundenes Fressen ist: Der Mann vom Pere Lachaise verliert
allmählich die Bodenhaftung!
Immer häufiger
erscheint nun Margot bei der Krypta der Wassilska um Ernest zur
Aufgabe des Vorhabens zu überreden. Er möge doch bitte
den ganzen bizarren Alptraum abbrechen und zu ihr zurück nach
hause kommen, doch Ernest, inzwischen beinahe im Fieberwahn, verweigert
ihr den Gefallen. Er ist nun gänzlich besessen von dem Gedanken,
herauszufinden was hier vor sich geht. Als er eines Morgens einen
Zettel findet, auf dem in seiner eigenen Handschrift der Satz "Es
ist der Atem der Katechana" geschrieben steht, beginnt er Iwan,
der ihm mal wieder ein feines Fresschen bringt (wird hier etwa jemand
gemästet?), mit Fragen zu bombardieren. Und bereitwillig gibt
der ihm schließlich schreckliche Auskunft.
Nun weiß
Ernest, was Nacht für Nacht auf dem einsamen Friedhof geschieht:
Er ist das Opfer der Madame Wassilska, die jede Nacht aus ihrem
Sarg aufersteht um ihm den Vampirkuss zu geben.
Als er endlich
und halb von Sinnen beschließt, den Vampir zu vernichten,
erwacht Ernest aus einem letzten furchtbaren Alptraum, schlimmer
als alle Schrecknisse zuvor...
Die Schlusspointe
allerdings wird hier auf keinen Fall verraten!!
Hörbücher...über
Hörbücher kann man ja verschiedenerlei Ansicht sein. Der
Rezensent stand diesem eigentlich zumindest in dieser Form der Verbreitung
ja noch recht jungem Medium stets ein wenig skeptisch gegenüber,
war er doch bislang der Auffassung, sich die Ergüsse eines
Autoren doch lieber lesenderweise zu erarbeiten. Das ist im Prinzip
nach wie vor der Fall, allerdings muss er zugeben, sich zuvor nie
ernsthaft einer solchen Lesung gewidmet zu haben. Bestimmt gibt's
da tolle Sachen auf dem Markt. Selbst eingeschworene Harry Potter
Hasser beispielsweise haben schon fingernagelkauend den dem Vernehmen
nach unglaublich genialen Interpretationen von Rufus Beck gelauscht
(wir sprechen hier von real existierenden Personen, die dem Rezensenten
bekannt sind), und manch einer lässt sich auch gern auf einer
langen Autofahrt was vorlesen, was, zugegeben, sehr entspannend
sein kann. Meine Wenigkeit hingegen fand ja erst unlängst,
will sagen, seit vielleicht einem guten Jahr, wieder zurück
zu den guten alten Hörspielen, und ob all der vielen brillanten
Sachen, die es da inzwischen gibt, tanzt die Begeisterung für
dieses neu entdeckte Medium Tango. Das Hörbuch aber behandelte
man weiter stiefmütterlich...obschon, ein wenig neugierig war
man inzwischen doch, auch wegen der Begeisterung lieber Freunde.
Da begab es
sich also, das das Unternhemen LPL Records in Zusammenarbeit mit
dem Festa bzw. dem Bastei Lübbe Verlag das Projekt "Gänsehaut
für die Ohren" startete und hierbei auch den vampirgeschichtlichen
Anthologien des Schweizer Künstlers HR Giger Tribut zollten,
in dem sie eine Hörbuchreihe mit bislang vier Titeln unter
dem Seriennamen "HR Giger's Vampirric" veröffentlichten.
Giger selbst, der die Geschichten angeblich ausgewählt hat
(vermutlich aber hat er tatsächlich nur gegen ein gewisses
Entgeld seinen Namen für die Sache hergegeben) spricht jeweils
ein kurzes Vorwort, das man sich eigentlich auch hätte schenken
können, aber nun gut, wenn es in irgendeiner Form verkaufsfördernd
wirkt, scheint mir dies legitim, denn der Ansatz als solcher, der
dem gesamten Unterfangen zugrunde liegt, ist toll und aufregend.
Der Hörer
/ Leser bekommt Geschichten geboten, die zwar zum Teil unbedingt
den Klassikern des Genres beizuordnen sind, wie beispielsweise Der
Horla von Guy de Maupassant (Vampirric # 4), er wird aber auch an
beinahe vergessene Meisterwerke wie dem vorliegenden Titel "Das
Grabmal auf dem Pere Lachaise" von Karl Hans Strobl herangeführt,
was hoffentlich dazu führt, das Autoren wie eben Strobl wieder
gelesen werden.
Karl Hans Strobl
war durchaus ein bedeutender, wenn nicht vielleicht der bedeutendste
deutschsprachige Autor der Phantastik seiner Zeit neben dem Prager
Gustav Meyrink ("Der Golem", "Meister Leonhard".)
"Das Grabmal..." stammt aus dem Jahre 1913 und ist nicht
die einzige Beschäftigung des Autoren mit dem Thema Vampirismus,
auch die Geschichte "Das Aderlassmännchen" sei hier
empfohlen, doch diese ist nicht bei Vampirric erschienen und soll
nun auch gar nicht Gegenstand dieses Reviews sein.
Strobl versteht
es meisterhaft, den Spannungsbogen bis zum Schluss immer weiter
zu spannen, doch bleiben wir am Ende so ratlos zurück wie der
bedauernswerte Ernest in seinem Marmorgefängnis auf dem Friedhof.
Treibt denn hier wirklich ein Vampir sein Unwesen oder bildet sich
der zum Irren mutierte Forscher all das nur ein? Und wenn ihn tatsächlich
Vampirspuk narrt, bringt er dann am Ende den Vampir um oder doch...halt,
wir verraten es nicht!
Genau so meisterlich liest uns, nein, spielt uns David Nathan, der
wohl den meisten deutschsprachigen Kinogängern als deutsche
Stimme von Megastar Johnny Depp bekannt sein dürfte, die Geschichte
vor. Am Anfang ist er ganz der sachliche Analytiker, der weiß
was er will, der weiß, warum er dieses absonderliche Abenteuer
auf sich nimmt und den nichts erschüttern kann. Nach und nach
kommen hörbar Zweifel auf. Das dem forschen Forscher immer
unheimlicher wird, ist schließlich nicht mehr zu verhehlen
bis er sich am Ende zu einem respektablen Durchgeknallten steigert,
der einen tatsächlich mit einem gewaltigen "Uff!!!"
zurücklässt. Eine formidabel reife Leistung, eine tolle
Interpretation liefert uns David Nathan hier und macht so ganz nebenher
plötzlich dieses gesamte Hörbuchding als eben solches
für den Verfasser dieser Zeilen gar zu einem aufregenden Erlebnis....
Da habe ich
aber wirklich Glück gehabt, so ein Prachtexemplar von einem
Hörbuch quasi als Premiere erlebt zu haben, denn es hätte
ja auch anders kommen können.
Strobls Geschichte, die mir im übrigen bereits bekannt war
(denn ich bin ja ein großer Freund der phantastischen Literatur
jener Jahre), die ich aber zum letzten mal vor glaube ich acht Jahren
gelesen habe und gar nicht mehr wusste, wie verdammt gut sie ist,
auch noch in einer solch hinreißenden Interpretation von einem
großen Könner dargeboten zu bekommen...da muss ich schon
sagen, Höchstwertung!
Nach wie vor
finde ich ein Hörspiel im Prinzip interessanter, doch, so muss
ich feststellen, weiß ein grandioser Interpret, ein wirklich
guter Sprecher, auch eine Geschichte ohne Effekte und weitere Mitspieler
zu einem wahrhaften Hörspiel zu machen. Respekt!
Nun bin ich gespannt auf die anderen Epsioden dieser doch wohl ganz
und gar gelungenen Serie, und denke mir, sie werden es schon ziemlich
schwer haben, gegen dieses echte Highlight. Doch warten wir es einfach
ab....
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