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Jacques de Molay

Um es gleich vorweg zu nehmen: natürlich war Jacques de Molay kein Vampir und ganz sicher wurde er vampirischen Untrieben auch nicht bezichtigt, wenn ihm auch zahlreiche andere Vergehen vorgeworfen wurden, die sich später als völlig haltlos erweisen sollten.

Molay war der letzte Großmeister des berühmt berüchtigten Templerordens, der spätestens seit Umberto Ecos genialem Roman "Das Foucaultsche Pendel angeblicher Ursprung, Dreh- und Angelpunkt für die Lehren von allerlei Geheimbünden und -zirkeln, weltverbessernden wie verschwörenden Logen und esoterischen Spinnern ist. Kaum ein Buch zum Thema Magie, Spiritismus und anderer Geheimlehren, in dem einem die Templer und speziell de Molay nicht schon auf den ersten Seiten begegnet.

Auch in einer ganzen Reihe von Schriften über Vampirismus begegnen wir dem Grandmaster of Mittelalter, so z. B. in Frater Piarus Vampire und Blutrituale, dort gleich im ersten Kapitel auf Seite 12, wo die Rede davon ist, dass er in Kontakt mit Zigeunern, die es auf der Suche nach magischem Wissen in den Osten (wo auch immer das gewesen sein soll) verschlagen haben soll, gestanden und diese unterwiesen hätte.

Der Fluch der Templer ist legendär, kaum einer weiß allerdings was er beinhaltete, doch dazu später mehr. Auch im Kino haben die Templer magische Kräfte, so z. B. in Armando Ossorios famos trashigen "Reitende Leichen" Filmen, in dem die Kreuzritter dank irgendeines Blutrituals, in dessen Verlauf sie den Saft einer jungen Schönen schlürfen und deshalb zu untoten Zombies mutieren, nun als unsterbliche Rachegeister das spanische Hinterland terrorisieren. Auch das war bestimmt eine Idee de Molays, wahrscheinlich stand Ossorio mit dem Geist des toten Templers in Kontakt (Achtung, das war Ironie!)

Selbst wundertätiges Wirken nahezu göttlichen Ausmaßes wird Jakob von Molays nach neueren Theorien nachgesagt. Als sich nämlich vor einigen Jahren herausstellte, dass das legendäre Turiner Grabtuch, welches ja das Antlitz des toten Christus zeigen soll und von der Kirche als Reliquie verehrt wird, gar nicht aus der Zeit stammen könne, in der der berühmte Religionsstifter gen Himmel fuhr, wenn man dem Dauerbrenner der Weltliteratur glauben schenken mag, sonder viel jüngeren Datums sein soll und wohl aus dem Mittelalter stamme, datiert ungefähr auf das Jahr 1200, da waren die Templerfans, die es ja immer schon gewusst hatten, ganz flugs dabei und erklärten, der antike Leichensack zeige keineswegs das Bild des toten Heilands, sondern vielmehr das Gesicht Jacques de Molays!!! Na klar, und Elvis lebt auch, ich sah ihn gestern noch aus einer fliegenden Untertasse schauen, er winkte mir zu!!!

Die nüchternen Fakten im Fall Molays sehen leider viel unspektakulärer aus:

Jacques Bernard de Molay kam um das Jahr 1244 im französischen Molay (im heutigen Franche-Comté) zur Welt. Über seine Kindheit und Jugend ist wenig bekannt, doch bekannt ist, dass sich Molay um 1265 dem Templerorden angeschlossen hatte, denn er tat dies mit 21 Jahren, dem jüngstmöglichem Beitrittsalter hierfür. De Molay machte recht rasch Karriere bei den Rittermönchen, ging schließlich nach Groß Britannien wo ihm das Amt des Generalvisiteurs und später das des obersten britischen Templers angetragen wurde. Als Theobald Gaudin, der 22. Großmeister des Tempels 1298 starb, wurde Jacques zum neuen Großmeister bestimmt. Sofort begab er sich von England nach Zypern, das damals den Templern gehörte und ihr Hauptquartier beherbergte. Das heilige Land, das Königreich von Jerusalem (genannt Outremer) existierte ja gar nicht mehr und war zu der Zeit bereits wieder fest in der Hand des Islam. 1307 wurde deswegen Molay von Papst Clement V. nach Frankreich berufen, angeblich wollte dieser einen neuen Kreuzzug zur Befreiung Jerusalems mit dem Großmeister besprechen. Dieser reiste mit gigantischem Hofstab, dem Ordensarchiv und dem riesigen Templerschatz (dem größten Vermögen der damaligen Welt) an, was die Habgier des französischen Königs Phillips IV., dem "Schönen", wie er genannt wurde, weckte, denn dieser war ein grandioser Geldverschwender und stets von den daraus resultierenden Problemen geplagt. Obschon der Monarch zu für ihn schwierigen Zeiten persönlich unter dem Schutz des Ordens stand, intrigierte er beim Papst, der einzigen Instanz, die den Templern befehlen durfte, gegen Molay und den Orden. Gerüchte von angeblichen ketzerischen Untrieben und Götzenanbetungen der Templer machten die Runde. König und Papst ließen schließlich in der Nacht auf den 12. Oktober 1307 alle französischen Templer, derer sie habhaft werden konnten, verhaften, unter anderem auch Großmeister Molay persönlich, denn dieser hatte den besonderen Zorn Phillips auf sich gezogen als er den Schatzmeister des Ordens kurzerhand rauswarf, weil dieser riesige Geldmengen an den verschwenderischen König verliehen hatte. Das gewaltige Vermögen der Tempelritter beschlagnahmte Phillip kurzerhand und ließ sich im Tempel von Paris, wo der Großteil des Schatzes aufbewahrt wurde, häuslich nieder. Die inhaftierten Ritter machten unter den grausamen Folterungen der Inquisition allerlei Geständnisse, so auch Molay, der dennoch lange Zeit standhaft geblieben sein soll.
1309 wurde Molay erstmals vor Gericht gestellt. Hier beteuerte Molay die Unschuld des Ordens, ihm wurden allmählich die Sympathien des französischen Volkes zuteil. Als um 1310 ein Ritter nach dem anderen die Geständnisse widerrief, ließ der König 60 Templer öffentlich verbrennen. Der entsetze Molay widerrief abermals alle geleisteten Geständnisse, ein vier Jahre andauernder Gerichtsprozess war die Folge. Schließlich fällte ein kirchliches Tribunal 1314 das Urteil: Jacques de Molay sollte öffentlich verbrannt werden. Am 11. März des Jahres wurde das Urteil vollstreckt. De Molay wandte sich in einer beherzten Rede noch einmal vom Scheiterhaufen aus an das französische Volk, als die Flammen schon seine Füße umzündelt haben sollen. Er beteuerte abermals die Unschuld der Templer, kein anderer Orden habe jemals so viel Blut zu Ehren Christi gegeben wie die Tempelritter, das einzige Verbrechen, das er, Molay, begangen hatte, waren seine falschen Geständnisse. Diese widerrief er nochmals. Mit seinen letzten Worten verfluchte er König und Papst, denen er voraussagte, sie werden ihm binnen Jahresfrist ins Grab folgen. Tatsächlich starb Papst Clement einen Monat nach Molay, auch Phillip "der Schöne" kam im gleichen Jahr ums Leben. Der Templerfluch hatte sich erfüllt.

Als einige hundert Jahre später während der französischen Revolution die Monarchie abgeschafft wurde und der König auf der Guillotine den Tod fand, machte im Volk der Slogan die Runde, nun sei Jacques de Molay endlich gerächt. Die Legende der rätselhaften Fähigkeiten der Templer und de Molays begann...
Nach heutigen Erkenntnissen ist de Molays schuldlos gestorben, die Templer waren stets ihrer Kirche ergeben gewesen, die Vorwürfe waren haltlos, die Geständnisse erpresst. Die sprichwörtliche Geschäftstüchtigkeit der Templer, die wie wir nun wissen ein gewaltiges Vermögen besaßen, wurde ihnen letztlich zum Verhängnis. Somit bleibt am Ende leider nicht viel übrig vom Mythos Jacques de Molays und der Tempelritter. Kein Baphomet, keine magischen Kräfte, aber immerhin ein Fluch, der sich erfüllt hat und letztlich eine spannende und sogar wahre Geschichte. Das ist doch auch was, oder?


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