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Vampire küsst man nicht     (OT: Love me to Death)

Untertitel The terrifying New Novel of suspense from the author of LIE TO ME
Autor David Martin
Kategorie Roman
Seitenzahl 403
Format Paperback
deutsche Übersetzung  
Erstveröffentlichung 1994
Verlag Headline book Publishing
ISBN-Nummer 0-7472-4224-0

"Something's happened." He nodded. "And you can't tell anyone else because no one but me would ever believe you." He nodded again. "All right, what is it?" There was a pleading in his face that made the hairs on the back of my neck stiffen. "I'm a vampire."

Roscoe Bird's reaction to his oldest friend's confession is hysterical laughter. After all, through the alcoholic haze of a series of lethal cocktails, anything seems funny. His wife, Marianne, is more open-minded - but then she is studying for a PhD in abnormal psychology.

But all laughter ends when the killings begin. Strange tapping noises announce the beginning of each bizarre murder, during which everything from sharks and porcelain dolls, from rock and roll music to macabre humour is employed to create elaborate performances too terrible to watch, too riveting to ignore.

The more Roscoe tries to disentangle himself from the escalating carnage, the deeper he becomes embroiled. And he discovers, to his horror, that nhere is no way to keep Marianne out of danger.

Don't miss Lie to me ("compelling and terrifying" Washington Post) and Bring me Children ("a grisly journey of madness and evil "Today"), also available from Headline Feature.


Roscoe Bird (dem Review liegt die englischsprachige Originalausgabe zugrunde, deshalb werden die Namensänderungen der deutschen Ausgabe hier nicht berücksichtigt) hat es nicht immer leicht gehabt im Leben. Er verlor früh und tragisch seinen Vater, sein Heim und unlängst kostete ihn ein Moment unkontrollierter Wut seinen Job. Aber Roscoe ist ein Pragmatiker, er rappelte sich immer wieder auf gab sein bestes, nicht mit dem Schicksal zu hadern, was ihm zumindest einen neuen guten Job und eine schöne Frau einbrachte. Doch wie das immer so ist, wenn man es sich gerade in seinem neuen schönen Leben so richtig behaglich machen möchte, da kommt dann auch gleich wieder der Herr Murphy um die Ecke geflitzt und hat sein Gesetzbuch unter der Achsel, in dem bekanntlich steht, dass die Stulle immer auf die Butterseite fällt oder die kürzeste Schlange im Supermarkt... ist klar, ne? So macht es eines schönen Abends Tock Tock (oder wie die angelsächsische Zunge sagt, Tap Tap) an Roscoes Pforte, und davor steht sein alter Jugendfreund Peter Tummelier. Die Wiedersehensfreude ist nicht ungetrübt, da das Auftauchen des Spezis auch schmerzhafte Erinnerungen wieder aufleben lässt. Dennoch machen die beiden Herren erst mal, was Männer in so einer Situation klassisch tun: Es wird sich gewaltig betrunken (Achtung: Klischee!!!)

Im Laufe des Zechgelages erinnert Peter Roscoe an ein Versprechen, das sich die beiden als Jungspunde gaben. Gemeinsam, so nahm man es sich weiland vor, wollten sie als gestandene Seebären die Welt umsegeln. Jetzt wäre es an der Zeit, meint Peter, denn er benötige einen Tagwächter, und zwar einen, auf den er sich verlassen müsse, denn er, Peter, sei nur noch bei Dunkelheit unterwegs, er sei nun ein... Vampir! Roscoe lacht sich schlapp!

Am nächsten Morgen hat Roscoe nur noch verschwommene Erinnerungen an die vergangene Nacht und einen ausgewachsenen Kater. Auch ist er der Meinung, dass er und Peter sich nicht mehr allzu viel zu sagen hätten und man sich wohl in diesem Leben nicht mehr wiedersehen werde. In dieser Annahme allerdings geht Mr. Bird fehl, denn schon bald sterben allerlei Menschen auf brutalste Weise, die seinen Lebensweg bislang auf für ihn äußerst ungute Weise kreuzten, was den armen Roscoe aus Sicht der Polizei sogleich in den Focus der möglichen Verdächtigen rückt. Schließlich mag man ihm nicht so recht glauben, dass sein alter Kumpel Peter Tummelier sich einbildet, ein unsterblicher Blutsauger zu sein und die Morde begeht, um ihn zur Einhaltung eines alten Versprechens zu zwingen.

Dann überstürzen sich die Ereignisse. Als Roscoes Frau entführt wird und Peters mysteriöser Bruder, der die letzten Jahre in einer geschlossenen Anstalt verbracht hat, das Spielfeld betritt, sieht sich Roscoe, inzwischen in Untersuchungshaft, gezwungen aus eben dieser zu entfleuchen und die Dinge selbst in die Hand zu nehmen. Doch schon sehr bald muss Roscoe Bird feststellen, dass die Summe aller Dinge, an die er bislang glaubte, nicht einmal ansatzweise der Wahrheit entsprachen.

Wurde Roscoe sein Leben lang betrogen? Wem kann er noch trauen und wem nicht? Wird es ihm gelingen, seine Frau zu befreien und seine Unschuld zu beweisen? Und vor allem, gibt es tatsächlich Vampire?


Nicht nur in Büchern nimmt das Leben manchmal seltsame Wendungen, einstweilen treibt das Schicksal auch allerlei Schalk mit Büchern. Nehmen wir mal jenes, um das es in diesem Artikel hier geht. Lang ist's her, da weilte der Verfasser dieses Reviews mal wieder einige Tage in der schönen Hauptstadt Britanniens und beschloss, sich direkt am Gatwick Airport mit Urlaubsliteratur einzudecken. Die Wahl fiel auf "Dark Force Rising" von Timothy Zahn (Star Wars Fans wissen Bescheid) und eben auf "Love me to Death" von David Martin. Autor und Titel waren ihm zwar unbekannt, aber man entdeckt ja immer gern neues. Wie das dann aber immer so ist, in London kommt man kaum zum schlafen, geschweige denn zum lesen. So sitzt man dann eine Woche später wieder im Flieger Richtung andere Seite vom Kanal und hat nicht eine Zeile geschafft. Das Buch landet in dem Regal, in dem all seine Brüder und Schwestern lagern, die man dann demnächst mal lesen will. Dann zieht man um, Buch in Kiste, Kiste erst mal in Keller. Wieder Umzug, anderer Keller. Noch ein Umzug. Was ist denn das eigentlich für eine Kiste? Huch, da sind ja Bücher drin! Ach, schau mal, David Martin, das hat man sich doch vor gut 10 Jahren mal in England gekauft, nie gelesen und komplett vergessen. Na gut, geben wir dem Buch endlich eine Chance. Und siehe da, nach all den Jahren entdeckt man plötzlich, man hat damals gar keinen schlechten Griff getan.

Die zentrale Frage des Buches ist natürlich die nach den Vampiren. Haben wir es hier tatsächlich mit ihnen zu tun oder nur mit kranken Hirnen, die sich lediglich einbilden Artgenossen Draculas zu sein? Das überraschende Element dabei ist gar nicht mal die Auflösung der Frage (ob die denn wohl eigentlich überhaupt erfolgt? Wer weiß....?), sondern vielmehr die zunehmende Erkenntnis, dass dies eigentlich vollkommen egal ist. David Martin hat die Story so raffiniert aufgebaut, sie immer wieder überraschende Wendungen und Schlenker nehmen lassen und geht der Frage nach dem Vampirsein auf so originelle Weise nach, dass die leider gar nicht mal so überraschende Schlusspointe mit der (vermeintlichen) Antwort (welche hier freilich dennoch verschwiegen wird) eigentlich gar nicht mehr mithalten kann. Hat man ja häufig so was. Der Weg ist das Ziel und so. Funktioniert hier aber tatsächlich so.

Martin hat uns einen ausgefuchsten, bitterbösen und atmosphärisch dichten Psychothriller geschrieben, in dem der einzig sympathische Mensch tatsächlich der Held Roscoe Bird ist, den er von einer Katastrophe in die nächste stolpern lässt und für den sich am Ende ein Kreis schließt, der ihn zum Opfer wie zum Sieger gleichermaßen macht (oder verdammt). Tummeliers Opfer hingegen sind so unmoralisch wie der "Vampir" selber, dem der Autor im Laufe der Ereignisse ebenfalls ganz schön übel mitspielt, am Ende aber dennoch die Chance lässt, sich das Mitgefühl des Lesers zu verdienen. Das alles erinnert durchaus an Thomas Harris, als dieser noch spannende und intelligente Thriller wie "Roter Drache" oder "Das Schweigen der Lämmer" zu schreiben wusste (also in seiner Pre-"Hannibal" Zeit). Wer sich also davon angesprochen fühlt, liegt hier genau richtig.

Aber auch all diejenigen, die einfach mal nur wieder einen "anderen" Vampirroman abseits aller Anne Rice (und ihrer Millionen Epigonen) Klischees lesen möchte, wird hier prima bedient. Leider ging der Titel seinerzeit hierzulande ziemlich unter und dürfte vermutlich inzwischen gar nicht mehr aufgelegt werden, was mich allerdings bei dem kreuzdämlichen deutschen Titel auch gar nicht verwundert (na gut, der Originaltitel ist auch nicht gerade ein Ausbund an Originalität).

Eigentlich aber wäre "Love me to Death" (oder eben auch "Tap, Tap", wie das Buch in einer anderen englischsprachigen Auflage hieß) genau der Roman, mit dem der Heyne Verlag seine ambitionierte "Hardcore" Edition anstelle des langweiligen und schwachen Blutdurst von Jonathan Nasaw hätte starten sollen, denn Martins Buch ist genau das, was Veröffentlichungen dieser Reihe ausmachen soll, es ist keine Genre-Einheitsware, sondern unkonventionell, unbequem, explizit, einstweilen verstörend und vor allem ist es spannend. Und nicht zuletzt ist es auch noch gut geschrieben. Und nun lest mal schön selber. Aber nicht erst zehn Jahre warten...ähem...




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